„Von einem Polizisten mit fünf Schüssen aus einer Maschinenpistole getroffen, starb am Montag in Dortmund ein 16jähriger Geflüchteter aus Senegal. Die mit elf Beamten angerückte Polizei war gerufen worden, weil der junge Schwarze ein langes Messer mit sich führte. Dass Menschen, die in Deutschland Schutz vor Krieg und Verfolgung gesucht haben, hier durch direkte Polizeigewalt sterben, ist kein Einzelfall. So wurde am 28. Mai letzten Jahres der 36jährige Palästinenser Omar K. vor seiner Unterkunft in Hamburg-Winterhude durch Polizeischüsse niedergestreckt. Dass der Mann, der zuvor mehrere Autos beschädigt und ein Messer mit sich geführt haben soll, aus einer islamistischen Motivation heraus gehandelt habe, wie die Polizei angab, konnte nicht belegt werden. Am 3. Oktober wurde der psychisch schwerkranke 40jährige Sudanese Kamal Ibrahim in einer Flüchtlingsunterkunft im niedersächsischen Stade von mehreren Polizisten in einem regelrechten Kugelhagel getötet.“
… In den 29 bislang dokumentierten Jahren starben nach Zählung der ARI mindestens 765 Geflüchtete durch staatliche Maßnahmen – zu denen auch ein Grenzregime gezählt wird, das Schutzsuchende zu lebensgefährlichen Fluchtwegen zwingt. Weitere 116 Flüchtlinge starben durch rassistische Angriffe und durch Brände in Lagern, in denen sie untergebracht waren.
Weiterhin werden im Schnitt zwei Geflüchtete pro Tag Opfer rassistischer Angriffe. Das zeigt die jüngste Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Abgeordneten Clara Bünger (Die Linke). Im ersten Halbjahr 2022 verzeichneten die Behörden demnach 424 solcher überwiegend rechtsmotivierten Straftaten – etwa ein Viertel weniger als im Vorjahreszeitraum mit 576 Straftaten. In rund einem Viertel der Fälle geht es um Gewalttaten wie Brandstiftung, Körperverletzung und den Einsatz von Sprengstoff und Waffen. 86 Menschen, darunter drei Kinder, wurden bei Angriffen verletzt.
(Junge Welt, Nr 185 vom 11. August 2022 )
29 Jahre Recherche und Dokumentation des staatlichen und gesellschaftlichen Rassismus
Die Antirassistische Initiative e.V. gibt seit 29 Jahren die umfassende Dokumentation “Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen” heraus. Diese ist ein Spiegelbild menschenverachtender Lebensbedingungen, denen Asylbewerber_innen und Menschen ohne Papiere in Deutschland ausgesetzt sind.
Anhand der mittlerweile über 16.000 Einzelgeschehnisse werden die verschiedenen Formen staatlicher als auch gesellschaftlicher Gewalt deutlich, denen diese Menschen ausgesetzt sind und die viele nicht unbeschadet überstehen.
Die Dokumentation belegt anhand von vielen Einzelbeispielen und in ihrer Gesamtheit den strukturellen und institutionellen Rassismus. Sie ist der Versuch, die schlimmsten Auswirkungen des rassistischen Systems dieses Staates auf Asylbewerber_innen und Menschen ohne Papiere deutlich zu machen.
Die Dokumentation untermauert in ihrer Gesamtheit unsere Forderungen:
Offene Grenzen!
Bleiberecht für alle!
Gleiche Rechte für alle!
Die Dokumentation umfasst vier Hefte (DIN A4):
Sie kosten zusammen 35 € plus 5,00 € Porto & Verpackung.
HEFT I (1993 – 2004) 10 € für 358 S. – HEFT II (2005 – 2013) 12 € für 336 S.
HEFT III (2014 – 2017) 14 € für 366 S. – HEFT IV (2018 – 2021) 18 € für 326 S.
plus je Heft 2,00 € Porto & Verpackung.
Die Datenbank + Suchmaschine ist hier zu finden https://www.ari-dok.org/webdokumentation/” (vorläufig noch die 28. Auflage ==>> ab Ende September die 29. Auflage – bis dahin nur im pdf-Format)
Das Bestellformular bitte ausdrucken, ausfüllen und mailen, faxen oder postalisch senden (oder eine einfache E-Mail senden).
Mail an: ari-berlin-dok(at)gmx.de
„Die Antirassistische Initiative Berlin stellt sich vor
https://www.antifainfoblatt.de/artikel/die-antirassistische-initiative-berlin-stellt-sich-vor
Ein Gastbeitrag der Antirassistischen Initiative
… … … Was wir machen
Die ARI ist seit 1988 aktiv. … Mit Demonstrationen und Presse- und Öffentlichkeitsarbeit unterstützen wir Personen, wenn diese sich gegen ihre Illegalisierung und Abschiebung zur Wehr setzen. Dabei versuchen wir thematisch eine Brücke vom Einzelfall zum rassistischen Normalzustand zu schlagen. Wir thematisieren, wie Gesetzgeber und Ausführende auf den Behörden eine systematische Ausgrenzung nach rassistischen Kriterien betreiben. Dagegen setzen wir die Solidarität mit den Betroffenen. …
Wir arbeiten bereichsübergreifend; wir denken nicht nur über Antirassismus nach, sondern genauso über Themen wie »zunehmende Kontrolle der Gesellschaft durch die Herrschenden«. Daraus könnte sich ein Wandel der Parolen ergeben, die wir in der AntiRa-Bewegung vertreten. »Papiere für Alle« in der Überwachungsgesellschaft macht keinen Sinn mehr, vielleicht sollten wir eher »Keine Papiere für alle« fordern – eine Parole, die das Recht der Herrschenden auf Überwachung und Kontrolle infrage stellt und die Papierlosen metaphorisch zu Vorreitern eines erstrebenswerten Zustandes macht.“
Siehe auch:
Flüchtlingsrat Niedersachsen protestiert gegen Einstellungsentscheidung der Generalstaatsanwaltschaft Celle
Aman Alizada. Tödlicher Polizeieinsatz in Stade
Aufrufe zur Kundgebung und Demonstration zum 1. Todestag von Aman Alizada
Straflosigkeit hat System – Die Polizei durfte Kamal Ibrahim erschießen
Todesfälle im Zusammenhang mit Polizeieinsätzen in Norddeutschland / Migrantische Erfahrungen mit Polizeigewalt. Forderungen an die niedersächsische Landesregierung
Rechtswidrige Abschiebungshaft: Asylrecht in Deutschland: fragmentiert, unübersichtlich, durchlöchert