Verfassungsschutz Niedersachsen: Rot-Schwarz will Gesetz ändern

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Die einzig wirksame Reform des Verfassungsschutzes heißt: Auflösen.

“Für Freiheit und Sicherheit: Verfassungsschutz soll gestärkt werden im Kampf gegen Demokratiefeinde und sorgt für mehr Transparenz bei Auskunftsrechten – Landesregierung bringt Novellierung des Verfassungsschutzgesetzes in den Landtag ein” so lautet die Überschrift der Pressemitteilung der niedersächsische Landesregierung vom 01.09. 2020.

“Unser Ziel ist es, die Instrumente des Verfassungsschutzes zu stärken, ebenso aber beispielsweise die Auskunftsrechte der Bürgerinnen und Bürger und damit die Kontrollmöglichkeiten und die Transparenz”, sagte Innenminister Boris Pistorius (SPD) laut NRD.

Klingt toll und gewaltig, ist es aber nicht, sondern das genaue Gegenteil davon. Zur Wahrnehmung von Auskunftsrechten muss der/die um Auskunft Fragende künftig den Geheimdienst zunächst mit Informationen oder Ahnungen/Ansätzen/Befürchtungen dazu füttern, in welchem Zusammenhang man mit Speicherungen von auf die eigene Person bezogenen Daten rechnet. Das ist nun nicht das, was man gemeinhin als Auskunftsrecht bezeichnen könnte” schreibt dazu das freiheitsfoo am 14.09.2020.

und: Von angeblicher „Transparenz“ und „mehr Auskunftsrechten“ wider großspuriger Ankündigung keine Spur. Stattdessen Verweigerung der Herausgabe einer Synopse zum Gesetzentwurf: freiheitsfoo und Digitalcourage OG Braunschweig veröffentlichen hiermit selbst erarbeitete Synopse!

Download synopse (synopse –  eine Gegenüberstellung des „alten“, derzeit gültigen Gesetzes mit dem Gesetzestext, wie er nach der geplanten Änderung dastehen würde)

“Wir verurteilen diese Intransparenz im Zuge des laufenden Gesetzgebungsverfahrens und wünschen der Synopse eine weite Verbreitung, denn schon beim Überfliegen der Synopse wird klar, dass der Gesetzentwurf bspw. durch den Ausbau des geheimdienstlichen Spitzelbetriebes (euphemistisch als “V-Leute” bzw. “Vertrauensleute” bezeichnet), durch die Befugnis des Inlandsgeheimdienstes auch Kinder ggf. mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln überwachen zu dürfen oder auch durch die massive Beschneidung der Auskunftsrechte, die diesen Namen nicht mehr wirklich verdienen, dass der vorgebrachte Gesetzentwurf also das genaue Gegenteil dessen ist, was die Staatskanzlei mittels ihrer Öffentlichkeitsarbeit vom 1.9.2020 an Eindruck zu vermitteln versucht hat.” https://wiki.freiheitsfoo.de/pmwiki.php?n=Main.2020-Reform-Nds-VerfSchG#toc3

Ergänzende Informationen:

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a) Lesenswerter Beitrag über die Nds. Landesdatenschutzbeauftragte zur NVerfSchG-Novelle und dessen bisherige Entwicklungs-Geschichte

https://niedersachsentrojaner.de/posts/200906-lfd-zum-verfschg/  “Weitgehend kontrollfreier Rechtsrahmen”

b) Die taz zusammenfassend zum Ausbau des V-Leute-Wesens und zur Ausweitung der Befugnisse der Überwachung von Kindern ab 14 Jahren:

https://taz.de/Verfassungsschutzreform-in-Niedersachsen/!5709410/  “Comeback der V-Leute”

c) Besonders deutlich wird die Umkehr der Haltung der Landesregierung zur Reform des Inlandsgeheimdienstes, also die nun praktizierte Rolle rückwärts beim Blick auf die vom Innenministerium Pistorius in 2014 selbst in Auftrag gegebenen “Handlungsempfehlungen der Arbeitsgruppe zur Reform des niedersächsischen Verfassungsschutzes”:

https://www.mi.niedersachsen.de/download/86620 Handlungsempfehlungen der Arbeitsgruppe zur Reform des niedersächsischen Verfassungsschutzes”

und hier

https://www.mi.niedersachsen.de/aktuelles/presse_informationen/arbeitsgruppe-fuer-verfassungsschutzreform-legt-abschlussbericht-vor-124018.html  “Arbeitsgruppe für Verfassungsschutzreform legt Abschlussbericht vor”

 

Hier der Entwurf des Gesetzes

 

Die Taz schreibt (Comeback der V-Leute) zu den wesentlichsten Änderungen: “Der Einsatz von V-Leuten soll wieder leichter möglich sein. Und die Daten von Minderjährigen will Pistorius schon ab dem Alter von 14 Jahren speichern, statt bisher ab 16 Jahren.

Außerdem werden die Regelungen in zwei Punkten an die des Bundes angepasst: Dann könnten auch in Niedersachsen Kontostammdaten abgefragt werden – und Bürger, die selbst neugierig sind und wissen möchten, was der Verfassungsschutz über sie gespeichert hat, müssen ihr Interesse an dieser Auskunft begründen, beziehungsweise darlegen, weshalb sie glauben, ins Visier des Geheimdienstes geraten zu sein.”

Ein weiterer Artikel der Taz: Mehr Befugnisse, weniger Kontrolle

 

Umfangreiche Sammlung zu Spitzeln, V-Leuten etc. … V-Mann in Göttingen enttarnt, Allgemeines, Beispiele enttarnter Spitzel, …

Weitere Artikele zum Thema Verfassungsschutz: https://www.labournet.de/?s=verfassungsschutz

Datenauskunfstersuchen: https://www.datenschmutz.de/cgi-bin/auskunft