Rote Hilfe Verbot? Jetzt erst recht! Solidarität!

Bereits im April 2018 hat der Bundestagsbgeordnete der CDU, Armin Schuster, im Innenausschuss des Bundestages ein Verbot der Roten Hilfe „angesichts der massiv rechtsstaatsfeindlichen Aktivitäten“ des Vereins gefordert. Dabei geht es jedoch nicht um Straftaten, mit denen der Verein in Verbindung gebracht wird, sondern allein um seine Solidaritätsarbeit. (siehe unten dazu Ulla Jelpke: Aktivität von Gefangenensolidaritätsverein als »bedeutsame linksextremistische Bestrebung« gewertet. Verbotsforderungen aus der CDU)

Nun hat der Focus einen Artikel veröffentlicht, nach dem der Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die Rote Hilfe e.V. verbieten möchte.

Dazu die Pressemitteilung des Bundesvorstandes, eine Stellungnahme einiger Aktivist_innen der Roten Hilfe auf Indymedia, sowie Stellungnahmen von Patrik Köbele (DKP) und Ulla Jelpke (Die LInke)

 

Mitteilung des Bundesvorstandes der Roten Hilfe e.V.:

Rote Hilfe e.V. ist politische Akteur*in und leistet legitime Solidaritätsarbeit

von Bundesvorstand

Pressemitteilungen

> 30.11.18

Pressemeldungen zufolge plant das Bundesinnenministerium ein Verbot unseres strömungsübergreifen linken Solidaritätsvereins. Mit Verweis auf angeblichen „Extremismus“ soll uns demnach die politische Arbeit untersagt werden.

Hierzu erklärt Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.:

„Vieles an den Berichten über ein angebliches Verbot unseres Vereins erscheint erstmal unklar.  Wir wissen nicht, ob es sich um ein vorschnelles Statement aus dem Umfeld des durch Wahldebakel und Maaßen-Affäre politisch angeschlagenen Bundesinnenministers Horst Seehofer handelt, oder ob er selbst die Absicht verfolgt, die Rote Hilfe e.V. zu verbieten. Falls es zu einem Verbotsverfahren kommen sollte, werden wir uns natürlich juristisch und politisch verteidigen. Die Arbeit der Roten Hilfe e.V. ist legitim. Wir stehen linken Aktivist*innen und sozialen Bewegungen mit Rat und Tat zur Seite, wenn es zu Repression, Polizeigewalt oder Grundrechtsverletzungen kommt. Mit dieser Arbeit sind wir seit Jahrzehnten Teil der politischen Landschaft in der BRD. Das mag konservativen und rechten Kreisen nicht gefallen, rechtfertigt aber kein Verbot. Die Rote Hilfe e.V. ist manchen Behörden ein Dorn im Auge, weil sie politische Repression öffentlich thematisiert und Partei für die Betroffenen ergreift.

Die Rote Hilfe e.V. ist ein offener, pluraler Verein für alle linken Initiativen und sozialen Bewegungen. Wir geben Hilfestellung im Fall von Ermittlungsverfahren oder Verurteilungen. Zum Beispiel vermitteln wir Anwält*innen oder leisten finanzielle Unterstützung, damit Aktivist*innen nach einem langwierigen Verfahren nicht vor dem Ruin stehen. Angesichts der repressiven Verhältnisse und einer Verschiebung des politischen Diskurses nach rechts ist die Arbeit der Roten Hilfe e.V. notwendiger denn je.

Egal ob es sich um Repression im Hambacher Forst, die Unterstützung von Demonstrant*innen gegen AfD Parteitage oder die Forderung nach Freilassung von in Deutschland vor Gericht stehenden türkisch-kurdischen Oppositionellen handelt: Die Rote Hilfe e.V. steht an der Seite der Betroffenen und bündelt die Solidaritätsarbeit für die Betroffenen. Das ist der Grund, warum wir Mitgliederzulauf bekommen, für den wir sehr dankbar sind.

Wir rufen alle Menschen aus den sozialen Bewegungen auf, unserer pluralen strömungsübergreifenden Organisation beizutreten. Wir haben eine Vielzahl an Beteiligungsmöglichkeiten und freuen uns immer über neue politische Impulse. Und wir danken darüber hinaus den zahlreichen Spender*innen, die unsere Arbeit erst möglich machen. Wir lassen uns nicht einschüchtern und führen unsere Arbeit fort.“

 

Aktivist_innen der Roten Hilfe schreiben dazu auf indymadia:

Rote Hilfe Verbot? Jetzt erst recht! Solidarität!

von: Aktive in der Roten Hilfe am: 30.11.2018 – 22:05

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) plant nach einem Bericht des Focus ein Verbot der Solidaritätsorganisation Rote Hilfe e.V.. Es liegt an euch, jetzt könnt ihr dem Verein die Solidarität zurückgeben die er verdient.

Die einzige strömungsübergreifende Organisation der radikalen Linken hat in den vergangenen Jahren euch allen, allen linken Aktivist*Innen den Rücken frei gehalten. Ob finanziell, wenn mal wieder die politische Betätigung die Existenz bedrohte, einen guten Rat wenn mal wieder ein gelber Brief im Briefkasten war, einen richtigen Flyer zur rechten Zeit, dass man besser die Klappe hält oder die Kosten für den Knastaufenthalt.

Gar nicht zu sprechen davon, dass sie eine der wenigen linken Organisationen ist, die sich koninuierlich gegen Schnüffelparagraphen und Gesetzesverschärfungen der law and order Ideologen  einsetzt. Und das unverkäuflich und unbestechlich aus antikapitalistischer Position. Wo gibt es sowas sonst?

Die Rote Hilfe von heute ist der direkte Nachfolger der Roten Hilfe Deutschlands, einer Organisation, die den antifaschistischen Kampf bis zu ihrem letzten Verbot durch die Nazis 1936 massiv stärkte. Das alles durch die Idee der Solidarität – dass sich gegenseitig der Rücken gestärkt wird um den politischen Kampf um eine bessere Welt zu führen. An dieses Prinzip knüpfen wir heute an. Dass ein neues Verbot ansteht, zeigt nur, in welch stürmischen Zeiten wir uns befinden.

Mit 43 Ortsgruppen und über 9000 Mitgliedern scheint nun die Strafbarkeits-Schwelle einer der erfolgreichsten linken Organisierungen in der BRD erreicht zu sein. Laut Verfassungsschutz ist die Rote Hilfe die „die am schnellsten wachsende linksextreme Gruppe in Deutschland“. Man kann  mit Fug und Recht behaupten, dass die Herrschenden unser Projekt offenbar als Bedrohung betrachten.

Doch der Angriff auf die Rote Hilfe ist ein Angriff auf eine Idee der bessere Zukunft – die Idee Solidarität.

Sie wollen uns als Bewegung verbieten, nicht nur einen Verein. Und damit werden sie scheitern.

Was ist zu tun?

Jetzt heißt es zum ersten Mal: Wir für euch und ihr für uns. Denn Solidarität hilft auch gegen diese Verbotsdrohungen – wir müssen nun zeigen mit welcher Verankerung sie es zu tun haben. Jetzt erst Recht!

  • Wenn ihr kein Rote Hilfe Mitglied seid – tretet ein! So öffentlich wie es euch möglich ist.
  • Wenn ihr journalistische Artikel, Blogs, Radiobeiträge schreibt – jetzt ist der Moment Haltung gegen Rechtsruck und Hetze zu beweisen.
  • Werdet aktiv – macht Öffentlichkeit!
  • Macht eure FreundInnen auf die Verbotsdrohung aufmerksam, diskutiert und agitiert – es geht mal um was.

United we Stand!

 

 

DKP: Wir brauchen die Rote Hilfe

> 01.12.18

 Patrik Köbele zu den Berichten über ein geplantes Verbot der
Solidaritätsorganisation

Zu den Medienberichten, dass Bundesinnenminister Horst Seehofer ein
Verbot der Roten Hilfe plane, sagte der DKP-Vorsitzende Patrik Köbele am
Samstag:

“Warum könnte Seehofer gegen die Rote Hilfe vorgehen wollen? Weil die
Rote Hilfe hilft. Sie hilft denen, die von den Behörden mit
Strafverfolgung und Berufsverboten bedroht werden, weil sie gegen Faschisten, Kriegstreiber und Konzernherren aktiv sind. Seehofer steht – nicht erst, seit er Innenminister ist – für eine Politik, die demokratische Rechte abbaut. Die neuen Polizeigesetze bedrohen alle, die sich konsequent für eine bessere Gesellschaft einsetzen – und dann empört sich der Verfassungsschutz darüber, dass die Rote Hilfe diejenigen unterstützt, die von Staatsanwälten und Richtern zu Straftätern gestempelt worden sind.

Wir als Kommunisten brauchen die Rote Hilfe. Auch Mitglieder der DKP werden wegen ihres Engagements vor Gericht gestellt und von der Roten Hilfe unterstützt. Weil wir die Rote Hilfe brauchen, werden wir sie mit aller Kraft unterstützen, wenn der Innenminister tatsächlich ein Verbot vorbereiten sollte.”

Köbele war im April in die Rote Hilfe eingetreten, um seine Solidarität gegen die Forderungen nach einem Verbot der Solidaritätsorganisation zu zeigen.

Essen, 1. Dezember 2018

 

 

Ulla Jelpke( MdB DIE LINKE): Finger weg von der Roten Hilfe!

> 01.12.18

„In Zeiten zunehmenden Rechtsrucks und repressiver Sicherheitspolitik sind Organisationen wie die Rote Hilfe unverzichtbar für die Verteidigung von Bürgerrechten“, erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, zur Meldung des Focus, Bundesinnenminister Horst Seehofer plane ein Verbot der linken Organisation. Jelpke weiter:

 „Die Rote Hilfe leistet wertvolle Unterstützung für linke Aktivistinnen und Aktivisten. Wer sich gegen Nazis, repressive Flüchtlingspolitik, Überwachung oder Militarisierung engagiert und deswegen staatliche Repression erleidet, findet bei der Roten Hilfe Unterstützung. Es liegt auf der Hand, dass dies dem ultrakonservativen Innenminister nicht gefällt. Das Verbot dieses linken Solidaritätsvereins wäre ein rein politisch kalkuliertes Manöver, das den Widerstand gegen Rechtsentwicklung und Demokratieabbau schwächen würde.

Ich bin und bleibe Mitglied der Roten Hilfe, weil sie einen Beitrag zur Verteidigung der Demokratie leistet, ganz im Gegensatz zu jenen, die nach ihrem Verbot rufen.“

 

Schon im Sommer diesen Jahrs hatte Ulla Jelpke die Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Linkspartei zu einem möglichen Verbot der Roten Hilfe kommentiert:

Bundesregierung sieht rot

Veröffentlicht am 27. Juli 2018 von Ulla Jelpke

Aktivität von Gefangenensolidaritätsverein als »bedeutsame linksextremistische Bestrebung« gewertet. Verbotsforderungen aus der CDU

Von Ulla Jelpke (erschienen in der jungen Welt vom 27.7.2018)

Geht es um die strömungsübergreifende linke Solidaritätsorganisation »Rote Hilfe« (RH), dann sieht die Bundesregierung rot. Als »bedeutsame linksextremistische Bestrebung« sei die RH regelmäßig Gegenstand von Erörterungen zwischen dem Bundesinnenministerium und dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), heißt es in einer nun vorliegenden Antwort auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion. Im April hatte der Obmann der CDU im Bundestagsinnenausschuss, Armin Schuster, »angesichts der massiv rechtsstaatsfeindlichen Aktivitäten« des Vereins sogar die Prüfung eines Verbots gefordert. Ob es solche Überlegungen auch in der Regierung gibt, will das Bundesinnenministerium nicht sagen. Man äußere sich grundsätzlich nicht zu vereinsrechtlichen Maßnahmen, heißt es in seiner Stellungnahme.

Als Beleg für die »verfassungsfeindliche Grundausrichtung der RH« führt das Ministerium die RH-Solidaritätskampagne »United We Stand!« mit von Repressalien und Strafverfolgung betroffenen Teilnehmern der Proteste gegen den Hamburger G-20-Gipfel im Juli vergangenen Jahres an. Schon vor dessen Beginn habe die RH vor einem »Gipfel der Repression« gewarnt und die Hamburger Polizei und Justiz vehement kritisiert. Mit der Einrichtung eines Spendenkontos für von Repression Betroffene habe sich die RH »nicht nur auf die Unterstützung von legitimen Protesten beschränkt«, schreibt das Innenministerium. Vielmehr habe sie auch »potentiellen Straftätern auch aus extremistischen Kreisen finanzielle und moralische Unterstützung für den Fall strafrechtlicher Verfolgung zugesichert«. Weiter heißt es aus dem von Horst Seehofer (CSU) geführten Ressort, die RH habe Unterstützungsleistungen daran knüpft, dass ein von staatlicher Repression Betroffener »kein Unrechtsbewusstsein im Hinblick auf das von ihm begangene strafbare Handeln zeigt, sondern dieses vielmehr als politisch legitimes Mittel im Kampf gegen den Staat verteidigt«.

Die »extremistische Ausrichtung« der RH zeige sich auch darin, dass die Organisation in ihrer Zeitung das deutsche Rechtssystem als Instrument der »politischen Unterdrückung« und der »Gesinnungsjustiz« diskreditiere. Polizeiliches Handeln und gerichtliche Entscheidungen stelle sie »grundsätzlich als willkürlich und grundrechtswidrig« dar oder sehe eine Aufhebung der Gewaltenteilung. »Indem die RH ihre Kritik an der bestehenden verfassungsmäßigen Ordnung mit der moralischen, ideologischen und finanziellen Unterstützung von Personen verknüpft, die sich durch die Begehung bestimmter Straftaten aktiv gegen die bestehende Verfassungsordnung wenden, geht sie über den Bereich einer zulässigen Verfassungskritik hinaus«, resümiert das Innenministerium. Weiter heißt es in seiner Antwort, die RH zeige durch die »Bewertung strafbarer Handlungen von politischen Gesinnungsgenossen gegen die bestehende Staats- und Verfassungsordnung als Ausdruck ›demokratischen‹ Widerstands sowie Solidaritätsbekundungen mit inhaftierten terroristischen Gewalttätern, etwa aus der ›Roten Armee Fraktion‹ (RAF)«, ihre »Bereitschaft zur aktiven Umgestaltung der bestehenden Verfassungsordnung hin zu einer mit dem Grundgesetz unvereinbaren sozialistisch-kommunistischen Staatsordnung«.

Mit Birgit Hogefeld ist die letzte inhaftierte frühere RAF-Militante allerdings bereits 2011 freigekommen. Zudem war die RH zwar immer gegen die Isolationshaft der RAF-Gefangenen eingetreten. Doch gemäß ihres strömungsübergreifenden Selbstverständnisses hatte sie die Methoden der Stadtguerilla ebensowenig gerechtfertigt oder kritisiert wie andere Formen politischen Widerstands. Das behauptete Ziel einer »kommunistischen Staatsordnung« dürfte von vielen der laut Verfassungsschutz 8.300 Mitglieder nicht geteilt werden. Denn neben zahlreichen Sozialisten und Kommunisten finden sich Autonome, Antifaschisten, Queerfeministinnen, Tierrechtsaktivisten, Anarchisten, Gewerkschafter und der eine oder andere Juso und linke Sozialdemokrat in den Reihen der Roten Hilfe. So unsinnig die Vorwürfe aus dem Bundesinnenministerium erscheinen, sollten sie von dem Verein dennoch nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Denn so können in der Tat Verbote hergeleitet werden.