PM: Infektionsschutz und Meinungsäußerung müssen nicht im Widerspruch stehen – Abschaffung der Versammlungsfreiheit während der Corona-Pandemie – und vergesst nicht die Gefangenen

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PM: Infektionsschutz und Meinungsäußerung müssen nicht im Widerspruch stehen Abschaffung der Versammlungsfreiheit während der Corona-Pandemie

Hannover, Linden. Am 11. April 2020 brachte die Polizei sich, Passant*innen und Demonstrant*innen in Gefahr, als sie eine Protestaktion an der Limmerstraße gewaltsam unterband. Ungefähr 50 Demonstrierende hatten sich gegen 14 Uhr in Zweiergruppen mit Schildern, Plakaten und Transparenten auf der Limmerstraße versammelt. Auf den Schildern waren Slogans wie „Hier ist Platz – griechische Lager evakuieren“, „Keine Profite mit der Miete“ und „Rassismus tötet – auch jetzt“ zu lesen. Die Protestierenden setzten sich dafür ein, dass alle Menschen während der Pandemie – und auch sonst – geschützt werden müssen. „Die Menschen in Moria und alle, die auf ihrer Flucht über das Mittelmeer in Seenot geraten, müssen sofort in Sicherheit gebracht werden – es gibt hier in Deutschland genug Platz und Ressourcen, die allen zur Verfügung stehen müssen“, sagte eine Demonstrantin. Eine weitere Person bemerkte: „Keine zwei Monate nach dem rassistischen Attentat in Hanau gibt es in Celle und bei Oldenburg schon wieder zwei Morde, bei denen ein rassistisches Motiv zu befürchten ist und keiner redet darüber. Da muss ich doch etwas tun.“ Um die Sicherheit aller Teilnehmenden und Umstehenden zu gewährleisten, trugen die Protestierenden Mundschutz, waren maximal zu zweit unterwegs und hielten die empfohlenen Sicherheitsabstände untereinander und gegenüber Passant*innen ein. Erst durch das Einschreiten der Polizei wurde die Situation für alle Beteiligten gefährlich und ein unnötiges Ansteckungsrisiko mit Corona-Viren produziert. Zwei Polizist*innen setzten nach ca. zehn Minuten eine Person unter Anwendung von körperlicher Gewalt vorübergehend fest. Anschließend kesselten sie weitere 13 Menschen ein, darunter Demonstrant*innen und Passant*innen, die daraufhin sehr nah zusammen standen. Die Polizist*innen selbst trugen keinen Mundschutz und teilweise auch keine Handschuhe. Laut Informationen der HAZ droht einer Person ein Verfahren wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und den 13 gekesselten Personen werden Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz vorgeworfen. „Uns vorzuwerfen, wir wären unvorsichtig mit den Infektionsschutzmaßnahmen umgegangen, ist absurd. Die Verstöße gegen die Infektionsschutzmaßnahmen wurden von den Polizist*innen begangen, nicht von uns“ bemerkte eine Demonstrant*in. „Wie sollen die Demonstrant*innen denn den Sicherheitsabstand einhalten wenn die Polizei sie so zusammentreibt?“ fragte eine unbeteiligte Passant*in. Die Versammlungsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung werden derzeit durch die Maßnahmen zum Infektionsschutz stark eingeschränkt. Damit ist ein zentrales demokratisches Grundrecht de facto außer Kraft gesetzt. Eine Einschränkung der Versammlungsfreiheit ist in Deutschland allerdings nur in äußersten Ausnahmen und dann auch nur in Einzelfallentscheidungen zur Erreichung eines bestimmten Ziels erlaubt: In diesem Fall die Einhaltung der Infektionsschutzmaßnahmen. „Dass politische Meinungsäußerung, die nicht im Widerspruch zum Infektionsschutz steht, unmöglich gemacht und mit Repression belegt wird, ist nicht hinnehmbar und gefährlich.“ sagte eine Sprecherin des Ermittlungsausschusses Hannover. „Die Aktivist*innen haben an dieser und anderer Stelle gezeigt, dass politische Meinungsäußerung und Aktionen auf der Straße möglich sind, ohne in Konflikt mit dem Infektionsschutz zu geraten.“ ergänzt sie weiter.  Bereits am vergangenen Sonntag wurde eine Aktion der Kampagne #leavonoonebehind im Georgengarten ebenfalls unterbunden. Auch in anderen Bundesländern wie z.B. Berlin schreitet die Polizei wiederholt bei Aktionen ein, die sich an alle Sicherheitsbestimmungen halten. Die Polizei durchbricht so immer wieder den Infektionsschutz und bringt so alle Beteiligten in Gefahr.

Ermittlungsausschuss Hannover, 13.04.2020

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siehe auch:https://rotehilfehannover.systemausfall.org/de/node/192

u.a. mit:          TAGEBUCH DER INNEREN SICHERHEIT

vom Institut für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit e.V., das die Zeitschrift CILIP –   Bürgerrechte und Polizei herausgibt. “Die Bekämpfung von Covid-19 geht mit bis vor Kurzem unvorstellbaren Grundrechtseinschränkungen einher. Als Bürgerrechtsorganisation wollen wir dazu beitragen, dass diese später zu hundertzehn Prozent zurückgefahren werden. Wir dokumentieren deshalb für Euch die Ereignisse – aktuellste zuerst.”  … …

siehe ebenfalls: Groteske Auflösungen von Demonstrationen, Polizisten gefährden die Gesundheit von Versammlungsteilnehmern vom freiheitsfoo

und Nachrichten aus den Knästen von der GGBO: 

also:

Schreibt den Gefangenen!

Unter dem Corona-Vorwand werden aktuell in vielen Knästen die ohnehin schon beschissenen Haftbedingungen weiter verschärft, bspw. durch die Abschaffung von Besuchsmöglichkeiten. Um die gefangenen Genossen und Genossinnen in ihrem Kampf und dieser schwierigen Situation zu unterstützen, kann jeder und jede etwas tun: Schreibt den Gefangenen Briefe und zeigt ihnen damit, dass sie nicht alleine sind!

Solidarität ist eine Waffe!

Wir möchten an dieser Stelle nochmal einige Adressen von politischen Gefangen auflisten und verweisen auf den Artikel der Roten Hilfe, wie und was man am besten den Gefangenen schreibt.

G20-Gefangene:

Christian R., Benjamin T. Schreibt ihnen mit Namensvermerk an:
Infoladen Wilhelmsburg
Fährstraße 48
21107 Hamburg

„Drei von der Parkbank“: Schreibt den beiden Gefangenen an:
c/o Libertäres Zentrum
Karolinenstraße 21 (Hinterhaus)
20357 Hamburg
Stichwort „Die Drei von der Parkbank“

Weitere politische Gefangene in der BRD:

Musa As ̧og ̆lu
UHA Holstenglacis
Holstenglacis 3
20355 Hamburg

Mustafa Çelik
JVA Bremen
Am Fuchsberg 3
28239 Bremen

Latife Cenan-Adigüzel
JVA Willich
Offener Vollzug
Gartenstraße 26
47877 Willich

Müslüm Elma
JVA München
Männeranstalt
Stadelheimer Str. 12
81549 München

Erdal Gökog ̆lu
UHA Holstenglacis
Holstenglacis 3
20355 Hamburg

Salih Karaaslan
JVA Schwäbisch Hall
Kolpingstr. 1
74523 Schwäbisch Hall

Agit Kulu
JVA Ravensburg
Hinzistobel 34
88212 Ravensburg

Thomas Meyer-Falk
JVA Freiburg
c/o Sicherungsverwahrung
Hermann-Herder-Str.8
79104 Freiburg

Yunus Og ̆ur
JVA Meppen
Grünfeldstr. 1
49716 Meppen

Veysel Satılmıs ̧
JVA Stuttgart
Asperger Str. 60
70439 Stuttgart

Özkan Tas ̧
JVA Mannheim
Herzogenriedstr. 111
68169 Mannheim

Mashar Turhan
JVA Rohrbach
Peter-Caesar-Allee 1
55597 Rohrbach

Hıdır Yıldırım
JVA Billwerder
Dweerlandweg 100
22113 Hamburg

Politische Gefangene international:

Mumia Abu-Jamal
#AM 8335
SCI Mahanoy
301 Morea Road
Frackville, PA 17932
USA

Leonard Peltier
#89637-132
USP Coleman I
P.O. Box 1033
Coleman
FL 33521
USA

Weitere Adressen findet ihr bspw. hier:

 

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Polizeigewalt: Corona darf kein Vorwand für völliges Demo-Verbot sein

Bundesvorstand

> 07.04.20

,,Mit dem Verweis auf die Landesverordnungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wurden in den vergangenen Tagen mehrere Demonstrationen und Proteste verboten oder von der Polizei zerschlagen. Obwohl die Teilnehmenden die Abstandsregeln einhielten und darüber hinaus Schutzmaßnahmen wie Masken oder Größenbeschränkungen der Versammlungen einplanten, wird vielerorts jeder Protest unterbunden: In Berlin und Hamburg entschieden Verwaltungsgerichte in Eilentscheidungen gegen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, in Frankfurt wurde eine mit peniblem Abstand von zwei Metern durchgeführte Menschenkette von der Polizei gewaltsam zerschlagen und auch andernorts unterbinden Polizei, Ordnungsbehörden und Verwaltungsgerichte öffentliche Meinungsäußerungen.

Sogar Einzelpersonen mit Schildern oder Protestplakate werden von der Polizei entfernt.

Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V. ist erschüttert über die aktuell praktizierte Verbotspraxis: „Wir erleben, dass Grundrechte nicht nur eingeschränkt, sondern gänzlich abgeschafft werden.Es muss möglich sein für Geflüchtete oder gegen Rechts auf die Straße zu gehen. Maßnahmen zum Gesundheitsschutz sind notwendig und wir sehen, wie Aktivist*innen ihre Protestformen daran anpassen. Es ist nicht erklärbar, warum zwei Personen mit einem Schild oder Transparent eine größere Infektionsgefahr aufweisen sollen als ohne.“

„Die mit heißer Nadel gestrickten Landesverordnungen zum Infektionsschutz sind ein Flickenteppich und schießen mit einem gänzlichen Versammlungsverbot weit über das Ziel hinaus. Die Veranstalter*innen selbst beschränken ihre Versammlungen zum Schutz der Allgemeinheit und zum Schutz der Grundrechte wären Auflagen der Versammlungsbehörden in der aktuellen Situation ausreichend und verhältnismäßig. Wir werden erleben, dass viele der aktuellen Maßnahmen im Nachhinein wieder von den Verwaltungsgerichten als rechtswidrig erklärt werden. Leider ist das noch nicht Praxis in den Eilverfahren. Die Corona-Pandemie darf kein Vorwand für die Abschaffung von Grundrechten sein.“, so Anja Sommerfeld.