Out Now! „Halim Dener – Gefoltert. Geflohen. Verboten. Erschossen“ Die Buchvorstellung in Hannover Rückblick

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Die Buchpräsentation

    zum Buch

     Aus dem Buch: die Einleitung

      Rückblick

 

Die Präsentation des Buches hat am 24.Juli 16.00 Uhr auf dem Halim Dener Platz Linden Nord unter freiem Himmel stattgefunden.

„In Gedenken an alle Menschen, die Schutz vor Krieg und Gewalt gesucht haben und Opfer von 2Fremdenhass und staatlicher Gewalt geworden sind.“

Eine kleine Bühne war aufgebaut worden, auf der Hanna Legatis mit verschiedenen Gesprächspartner_innen die Geschichte und den Kontext des Buches vorstellte. Es Stühle waren aufgestellt worden, viele Leute sammelten sich jedoch auch auf dem Rasen drum herum. Es waren sehr viel mehr gekommen, als wir erwartet hatten.

 

Für alle, die nicht dabei sein konnten:

Radio Flora hat einen Podcast erstellt, auf dem alle Beiträge – Gespräche, Reden, Gedicht und Musik – abgerufen werden können. So könnt ihr einen kleinen Eindruck von der Veranstaltung bekommen. Vertreterinnen und Vertreter des kurdischen Gesellschaftszentrums DKTM, der Kampagne selbst, der Roten Hilfe und andere sind zu hören.

HALIM DENER – GEFOLTERT. GEFLÜCHTET. VERBOTEN. ERSCHOSSEN, Buchvorstellung auf dem Halim-Dener-Plaz am 24. Juli

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zum Buch

Halim Dener war ein 16-jähriger Kurde, der 1994 aufgrund des Krieges in Nordkurdistan aus der Türkei nach Deutschland fliehen musste. Er hatte hier in Hannover Zuflucht gesucht und ein sicheres Leben, das aber wollten ihm die deutschen Behörden nicht gewähren. Denn er wollte auch hier sein Engagement gegen den Krieg in seiner Heimat nicht aufgeben, trotzdem die Organisationen der kurdischen Bewegung hierzulande kurz vorher verboten worden waren. Als er am Steintor, einem Platz mitten in Hannover, ein Plakat der ERNK kleben wollte, wurde er von SEK Beamten in Zivil überrascht und in den Rücken geschossen. Sein demokratisches Engagement gegen Unterdrückung und politische Verfolgung wurde ihm in Deutschland zum Verhängnis. (ERNK: Eniya RizgariyaNetweyi Kurdistane Nationale Befreiungsfront Kurdistans, Dachverband gesellschaftspolitischer Vereine wie Jugend- und Frauenorganisationen, Journalist-innen- und Jurist_innenverbände, etc.)

Der verantwortliche Polizist wurde in einem Verfahren freigesprochen, weil Indizien für eine Fahrlässigkeit angeblich nicht gegeben waren. Der Schuss aus der Dienstwaffe soll sich laut Aussage des Polizisten versehentlich gelöst haben, was auf Grund von Gutachten als äußerst unwahrscheinlich angesehen werden muss. Obwohl viele weitere Ungereimtheiten während des Prozesses zu Tage kamen, die aber nicht geklärt wurden – eine Gegebenheit im Zusammenhang mit Verfahren gegen Polizeibeamte, die bis heute nicht unüblich ist. Im Buch finden sich zwei Prozessberichte dazu, einmal von Dr Rolf Gössner, dem damaligen Anwalt der Nebenkläger_innen, und ein Bericht einer Besucherin des Prozesses.

Der Verlauf des Verfahrens ist aber kein Einzelfall: Bundesweit bekannt geworden sind die z.B. Verfahren zum Tod von Oury Jalloh, bis heute tun Politik und Justiz alles, um die Umstände seines Todes zu verwischen. Auch zu nennen sind hier die Namen von Ahmad Amad, Yaya Jabbi, Robble Warsame, Achidi John, Laye-Alama Condé, William Tonou- Mbobda, Hussam Fadl, Matiullah J., Christy Schwundeck, Dominique Koumadio, Kola Bankole, Aamir Ageeb, Zdravko Nikolov Dimitrov, N’deye Mareame Sarr, Michael Paul Nwabuisi, Laya-Alama Condé oder Slieman Hamade. Allesamt sind entweder durch Schüsse der Polizei, bei Zwangsmaßnahmen durch Polizist_innen oder in Haftanstalten ums Leben gekommen und bei allen sind die deutschen Behörden nicht willens die genauen Todesumstände zu klären bzw. zu ahnden. Siehe dazu auch z.B. hier

Zum 20. Jahrestages des Todes von Halim Dener wurde eine Kampagne ins Leben gerufen, die seit dem für ein en Ort des würdigen Gedenkens an Halim Dener streitet. Auch gegen Mitglieder der Kampagne wurde seitens der Polizei in Hannover immer wieder versucht, Strafverfahren in Gang zu setzen, die jedoch vor allem aufgrund einer großen Solidarität stets ins Leere liefen. Auch dazu gibt es einen Artikel im Buch. Siehe auch: PM Teil 06 Kein Tag ohne Rechtshilfe – Angriffe der CDU Hannover auf UJZ Korn und Rote Hilfe, Reaktionen aus der Stadtgesellschaft.

Neben Informationen zum damaligen Hintergrund des Geschehens, zu den Bedingungen der Flucht Minderjähriger – wie Halim Dener einer war – befasst sich das Buch mit der Auseinandersetzung innerhalb der Stadtgesellschaft, es gibt Beiträge zur Bedeutung von Erinnerungskultur, Protest und Widerstand und es werden die Erfolge und Schwierigkeiten von Kampagnenarbeit reflektiert.

Ebenfalls ist ein Interview mit Ch. Hinrichs zu lesen über seine Arbeit zur Diskursanalyse „Ein transnationaler Erinnerungskonflikt in den Medien“. (Von ihm gibt es ein Video, in dem er seine Arbeit vorstellt: “Die ‚Kurdenkrawalle‘ 1993/1994 und der Erinnerungskonflikt um Halim Dener: Eine wissenssoziologische Diskursanalyse. Von Christian Hinrichs”)

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Das Buch ist in Hannover im Annabee-Buchladen, Infoladen Kornstraße, NAV-DEM Hannover sowie bundesweit in weiteren kurdischen und linken Buch-/ und Infoläden für 10 € zu erhalten.

Zudem kann das Buch über den Literaturvertrieb der Roten Hilfe bezogen werden (literaturvertrieb@rote-hilfe.de).

Hrsg. von der Kampagne Halim Dener; erschienen im Verlag Gegen den Strom, München, Juni 2020

ISBN 3-9809970-0-6, Broschur, 200×200 mm, 226 Seiten, 10.00 Euro

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Aus dem Buch: die Einleitung

“Der Name Halim Dener ist heute für viele kurdische Aktivist*innen, aber auch viele deutsche Linke kein unbekannter. Mit dem Schicksal des geflohenen kurdischen Jugendlichen, der in Deutschland Schutz suchte, und stattdessen am 30.06.1994 den Tod durch die Kugel aus der Waffe eines deutschen Polizisten fand, verbinden sich verschiedene politische Entwicklungslinien und Konflikte. Dazu gehört zuvorderst der Konflikt zwischen der kurdischen Freiheitsbewegung und einem faschistisch agierenden türkischen Staatsapparat, der in seinem Krieg gegen Kurdistan und in der Repression kurdischer Aktivist*innen seit Jahrzehnten durch die deutschen Behörden und deutsche Waffen unterstützt wird. Dazu gehört aber auch die Geschichte von Flucht nach Deutschland, in diesem Fall eines unbegleiteten Minderjährigen, der sich allein von Kurdistan bis nach Hannover durchschlug, nachdem türkisches Militär seinen Heimatort angegriffen und ihn und ihm Nahestehende gefoltert hatte. Halims Geschichte endet mit dem Schuss eines deutschen Polizisten, der ihn in den Rücken trifft und wenig später zu seinem Tod führt. Er wurde so zu einem von vielen Opfern rassistischer Polizeigewalt – einem von vielen Todesfällen, die von der deutschen Justiz nie befriedigend aufgeklärt wurden. Halim Dener wurde nur 16 Jahre alt. Er wurde nicht vergessen.

Knapp 20 Jahre nach seinem Tod, im Jahr 2013, gründete sich eine Kampagne mit dem Ziel, in der Stadt Hannover endlich eine angemessene Aufklärung und Erinnerung an den Todesfall und seine Ursachen einzufordern. Diverse Organisationen aus Hannover und darüber hinaus schlossen sich zusammen, um das Gedenken an Halim Dener in die Öffentlichkeit zu tragen. Doch es ging immer um mehr als die Trauer. Es ging auch darum, die politischen Linien und Kämpfe, die sich mit Halims Schicksal verbinden, offensiv zum Thema zu machen und den politischen Status Quo, der sich auch 20 Jahre nach Halims Tod in vielen Punkten nicht verändert hat, anzugreifen. Die Waffenlieferungen an die Türkei, der Umgang mit Geflüchteten, Repression gegen die kurdische Freiheitsbewegung, der PKK-Verbot, rassistische Gewalt und Behördenwillkür – noch immer deutsche Zustände.

Im Jahr 2019, nach dem 25. Jahrestag von Halim Deners Tod, ist es für uns als Kampagne Zeit innezuhalten. 5 Jahre lang haben wir informiert, debattiert, demonstriert und gekämpft. Wir haben auf verschiedenen Ebenen und verschiedenen Wegen versucht, Einfluss auf die Stadt Hannover und die Stadtöffentlichkeit zu nehmen, und sind für die Veränderung der beschriebenen Zustände mit aller Vehemenz und anhaltendem Engagement eingetreten. Längst nicht alle Ziele, die sich mit unserem Kampf verbanden, haben wir erreicht. Auch deswegen scheint es uns an der Zeit, gemeinsam nachzudenken. Diese Broschüre ist ein Ergebnis dieses gemeinsamen Prozesses. Sie dient als Selbstverständigung, weil wir Revue passieren lassen, was seit Halims Tod geschehen ist und uns vor Augen führen, in welchem Zusammenhang sein persönliches Schicksal steht. Und weil wir zurückblicken auf fünf Jahre Kampagnenarbeit, deren Erfolge und Rückschläge. Diese Broschüre entstand aber nicht nur für uns, sie richtet sich auch nach außen. Sie dient – wie auch die anderen Aktivitäten der Kampagne – dazu, Halims Geschichte weiter bekannt zu machen, in dem wir sie erstmals umfassend publizistisch aufarbeiten. Nicht zuletzt dokumentieren und reflektieren wir hier auch unseren politischen Kampf mit dem Ziel, all denjenigen, die ähnliche Gedanken und Motive haben, mahnendes Beispiel und inspirierendes Vorbild zugleich zu sein. Viele Erfahrungen müssen im politischen Aktivismus immer wieder von neuen gemacht werden, und trotzdem können wir voneinander und von unseren vergangenen Kämpfen lernen – das ist unsere Überzeugung.

Aufbau

Diese Broschüre besteht aus zwei Teilen, von denen der erste sich mit der Geschichte Halim Deners und seines Todes, sowie den Verhältnissen und Ereignissen in den 1990er Jahren beschäftigt. Die hier versammelten Beiträge befassen sich mit der historischen und aktuellen Situation in Kurdistan, die Grund für Halims Flucht im Jahr 1994 waren. Ein zweiter Beitrag beleuchtet die Situation von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, zu denen auch Halim einst gehörte. Neben den Gefahren auf der Flucht selbst geht es auch um die Rahmenbedingungen in Deutschland und deren Verschlechterung in den letzten Jahren. Über die Repression der kurdischen Bewegung in Deutschland, namentlich das erlassene PKK-Verbot, informiert ein weiterer Artikel. Die überregionalen politischen Proteste, die der Tod Halims bereits 1994 auslöste, und die ersten Initiativen für ein Gedenken und Erinnern, die lang vor der Kampagne Halim Dener entstanden, werden in einem eigenen Beitrag beleuchtet. Den Abschluss des ersten Teils bilden zwei Prozessberichte zum Gerichtsprozess gegen den Polizeibeamten, der Halim 1994 erschoss. In diesen historischen Dokumenten beschreiben Rolf Gössner, der als Anwalt der Nebenklage Halims Familie vertrat, sowie eine anonyme Beobachterin den teils absurd anmutenden Prozessverlauf und ihre Eindrücke vom Geschehen rund um das Verfahren.

Der zweite Teil der Broschüre widmet sich den Aktivitäten und Ereignissen rund um die Kampagne Halim Dener seit 2013. Der erste Beitrag präsentiert Überlegungen zu einer Erinnerungskultur rund um das Schicksal Halim Deners, wobei sowohl kritische Bestandsaufnahme als auch politische Vision Platz finden. Zur Einschätzung der Medienberichterstattung zum Fall Halim Dener findet sich als zweiter Beitrag ein Interview mit dem Sozialwissenschaftler Christian …, der sich in einer Abschlussarbeit mit der Erinnerungskultur zu Halim Dener beschäftigte. Es folgt ein Interview mit einem Aktivsten der Kampagne Halim Dener, in dem die Erfahrungen in der Zusammenarbeit zwischen kurdischer Freiheitsbewegung und deutscher Linker geht, die während der Arbeit in der Kampagne gesammelt wurden. Diese Zusammenarbeit wurde von den deutschen Behörden offenbar äußerst skeptisch beäugt, in einem eigenen Beitrag informieren wir über die diversen Repressionsversuche gegen die Kampagne (und ihr Scheitern). Einen eigenen Beitrag widmen wir ebenfalls einer der einflussreichsten – wenn auch letztlich bisher erfolglosen – politischen Initiativen der Kampagne, dem Kampf um die Benennung eines Platzes in Hannover nach Halim Dener. Den Abschluss dieses Bandes bildet ein Text über die Entstehung und Aktivitäten der Kampagne von 2014 bis 2019, den wir mit einer vorläufigen Bilanz und einem Ausblick beenden.

Dank

Unser Dank gilt allen Gruppen und Aktivst*innen, die Teil der Kampagne Halim Dener waren oder diese in den letzten Jahren unterstützt haben.

Für die Mitarbeit und Unterstützung dieser Broschüre möchten wir uns insbesondere bedanken bei der Roten Hilfe für die umfassende finanzielle und logistische Hilfe, bei Jochen Steiding für ein hervorragendes Layout, sowie bei Rolf Gössner, dem Flüchtlingsrat Niedersachsen, Christian Hinrichs und Wolfgang Struwe für die hier veröffentlichten Textbeiträge.”

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Nun noch ein Rückblick:

1994:

Rückblick: Der Fall Halim Dener“ aus der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ): https://www.haz.de/Hannover/Fotostrecken-Hannover/Rueckblick-Der-Fall-Halim-Dener und hier.

Ein weiterer Artikel zur Auseinandersetzung in Hannover aus dem Rundbrief des niedersächsischen Flüchtlingsrates. Nr 23 vom September 1994, Seite 22 – ” Reaktionen auf den Trauermarsch für den erschossenen Kurden Halim Dener in Hannover „Die Kurden haben nicht das Recht, Aufruhr in dieses Land zu bringen

 

Rückblick auf 2014 – die erste große Demonstration4

Der Aufruf: Aufruf zur Kampagne Halim Dener

ein Interview: Für den Kurdistan Report führte die Zeitschrift Ronahî ein Interview mit den AktivistInnen Medya (Ciwanên Azad) und Thomas (YXK – Verband der Studierenden aus Kurdistan).

Bilder aus der HAZ und der Bericht aus der HAZ:

Der Bericht der Neuen Presse Hannover: Demonstranten erinnerten in Hannover an erschossenen Kurden

ein Video zur Demonstration

Ein Bericht:aus dem lower class maganzine : In Hannover gedachten etwa 1000 DemonstrantInnen dem 1994 von einem deutschen Bullen ermordeten kurdischen Aktivisten Halim Dener. Ein Reisebericht:
 

Bericht von der Demo – Solidarität muss Praxis werden…Demonstration „Halim Dener: gefoltert. geflüchtet. verboten. erschossen.“ in Gedenken an den kurdischen Jugendlichen am 21.06.14 in Hannover: „Im folgenden dokumentieren wir Fotos und Bericht der Kampagne Halim Dener zur Demonstration am 21. Juni in Hannover. Links zur Berichterstattung weiterer Medien finden sich am Ende des Artikels.“

Und ein Artikel der Kampagne selbst: Nach der Demo… ist vor?  

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2015

Der Aufruf und ein Redebeitrag der Roten Hilfe Hannover

Folgenden Redebeitrag haben wir bei der Halim Dener Demo am 4. Juli in Hannover gehalten.

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Wir stehen hier an genau dem Ort, wo vor fast genau 21 Jahren ein junger Mann erschossen wurde. 16 Jahre alt, Flüchtling aus der Türkei, politisch engagiert. Halim Dener, erschossen von einem Polizeibeamten.

Die Polizei sprach von einem Unfall.

Die Omerta, der Korpsgeist der Polizei, schützte den Täter, die Justiz schützte den Täter. Ergebnis: Dem Polizisten sei die Waffe beim Gerangel aus dem Halfter gefallen und dabei habe sich der Schuss gelöst. Dazwischen lagen 4,7 kg Abzugswiderstand. Nur eine der Merkwürdigkeiten…

Der Täter blieb unbehelligt.

Das ist die Regel: Polizeibrutalität bleibt unbehelligt.

Aktuell können wir das gerade mitverfolgen in Bezug auf die sadistischen Misshandlungen durch Bundespolizeibeamte in Hannover. Wir können mitverfolgen wie die Omerta funktioniert und wir werden mitverfolgen können, wie der Schutz der Justiz funktioniert.

Die Liste der durch Polizeibrutalität zu Tode gebrachten ist lang: Philipp Müller, Petra Schelm, Oury Yalloh, Christy Schwundeck, Aamir Ageeb, Slieman Hamades, Laye Alama Conde, Achidi John und viele viele mehr.

Halim Dener wurde erschossen, weil er Plakate klebte. Er klebte Plakate, da er sich einsetzen wollte für die kurdische Bewegung. Das auf dem Plakat gezeigte Symbol war in Deutschland verboten.

Die deutsche Regierung folgte damit den Vorgaben aus der Türkei, denn, wie es in der Verbotsbegründung hieß:
„Eine weitere Duldung der PKK-Aktivitäten in Deutschland würde die(se) deutsche Außenpolitik unglaubwürdig machen und das Vertrauen eines wichtigen Bündnispartners, auf das Wert gelegt wird, untergraben.“

Das ist bis heute so und nicht anders.

Das Plakat zeigte auf rotem Hintergrund einen grünen Kreis – gelb ausgefüllt, und in diesem einen roten Stern. Stellt es euch vor und vergesst es nicht.

Nicht nur angesichts des Kampfes um Kobane und Schengal: Es ist ein Symbol geworden für Befreiung. Was wir im Kopf haben, kann nicht verboten werden.

In den Medien wurde damals eine umfassende Hetze betrieben. Die Presse war voll von einer angeblichen „Neuen Dimension des Terrors“. Die Abschiebung aller Kurdinnen wurde gefordert. Auf den Polizeiwachen hingen Plakate mit dem Hinweis: „Kurden nur mit gezogener Waffe kontrollieren“.

Der Polizei war freie Hand gegeben. Angesichts des Geschehens auf der Wache der Bundespolizei in Hannover können wir uns vorstellen, was solche Leute tun, wenn sie auch noch Rückendeckung von ganz oben, nämlich aus dem Innenministerium, bekommen.

Das Verbot der PKK besteht nach wie vor. Vor allem Jugendliche sind allen möglichen Drangsalierungen und Schikanen diverser BeamtInnen ausgesetzt – Verfolgungen, Hausbesuche, Einschüchterungsversuche, Anquatschversuche… alles, was sich ein Polizeigehirn so einfallen lässt, bis hin zum Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft.

Wir fordern: das PKK Verbot muss fallen!

Halim Dener kam Anfang der 1990er Jahre als Flüchtling nach Deutschland.

Er kam in ein Land, das von seinen BürgerInnen forderte stolz zu sein – auf Deutschland. Er kam in ein Land, in dem Wohnhäuser und Unterkünfte von MigrantInnen brannten, u.a. in Lübeck, Solingen, Mölln…
Wie viele andere suchte er Sicherheit und Leben.

Er kam in ein Land, das ihm diese Wünsche nicht erfüllen wollte – 1993 war das Grundrecht auf Asyl faktisch abgeschafft worden. Flüchtenden schlug von großen Teilen der Bevölkerung, aber vor allem Seitens der Behörden, blanker Rassismus entgegen.

Schon auf der großen Trauerdemonstration für Halim Dener 1994 hatte eine der Forderungen geheißen: Bleiberecht für alle!

– heute müssen wir diese Forderung wiederholen:

Auch die aktuelle Asylrechtsverschärfung kriminalisiert Flüchtlinge und stärkt reaktionäre Populisten. Auch mit dieser Gesetzgebung wird der Polizei sozusagen freie Hand gegeben – zur Jagd auf alle, die anders aussehen.

Die Ansage an diejenigen, die hier Sicherheit und Schutz suchen, die Ansage des deutschen Staates lautet: Vor uns seid ihr nicht sicher.

Halim Dener kam als Flüchtling aus einem Kriegsgebiet.

Anfang der 1990er hatte es von Seiten der PKK ein Waffenstillstands- und Verhandlungsangebot an die türkische Regierung gegeben. Die Antwort war: Soldaten – Zerstörung von Feldern und Dörfern, Vertreibung – und Mord.

„Da gab es praktisch nur deutsche Waffen“, berichtete damals der Ausländerbeauftragte des Bremer Senats. Geliefert hatte die deutsche Regierung u.a. 100 Kampfpanzer, 300 Schützenpanzer, 5000 Maschinengewehre, etc etc.

4 Millionen KurdInnen mussten aus ihrer Heimat fliehen, da ihre Dörfer vom türkischen Militär systematisch zerstört wurden.
Willkürliche Verhaftungen und lange Gefängnisstrafen waren die Praxis von Polizei und Geheimdiensten. Fast alle Gefangenen wurden gefoltert.

Halim Dener war, wie viele andere Jugendliche, nach Inhaftierung und Folter alleine aus den kurdischen Kriegsgebieten in die BRD geflohen. Hier hatte er Asyl wegen politischer Verfolgung beantragt – einer Verfolgung, für die die BRD Regierung mitverantwortlich zeichnet, bis heute.

Die PKK fordert seit Jahren einen Dialog mit der türkischen Regierung; doch wird die Repression gegen die Bewegung fortgesetzt. Die Bundesrepublik hält am PKK-Verbot fest.

Der Widerstand in Kobanê und Şengal gegen den „Islamischen Staat“ hat die kurdische Frage erneut weltweit auf die Tagesordnung gebracht. Der Aufbau demokratischer Selbstverwaltungsstrukturen in Rojava durch die kurdische Bewegung ist ein konkreter Vorschlag, die Konflikte im Mittleren Osten zu überwinden.

Unterstützen wir den Prozess in Rojava indem wir diese Frage auch hierzulande auf die Tagesordnung setzen!

Wir müssen nicht auf die Aufhebung des Betätigungsverbot der PKK warten –wir selbst sind es, die das tun können.

Solidarität muss praktisch werden:

Wir selbst können Verbindungen aufnehmen mit kurdischen Freundinnen und Freunden, wir selbst können dafür sorgen, dass wir gemeinsam überall und alltäglich mit ihnen zusammen feiern, arbeiten, voneinander lernen und gemeinsam kämpfen!

Die Rote Hilfe hat vor vielen Jahren damit begonnen. Nicht nur diese Demonstration zeigt: Das geht!
Wir können das von Seiten des Staatsschutzes immer und immer wieder thematisierte Interesse daran, uns zu vereinzeln, uns zu isolieren, durchbrechen.

Lasst uns die Gräben überwinden, die der Staat zwischen uns gezogen hat.

Darüber hinaus aber:

Wir fordern von der Stadt Hannover einen angemessenen Umgang mit der Erinnerung.

Mit der Erinnerung damit was in dieser Stadt geschehen ist. Die Verfolgung von Kurdinnen und Kurden ist ein Teil der Stadtgeschichte, der Tod von Halim Dener ist ein Teil der Stadtgeschichte.

Wir fordern einen Ort des würdevollen Gedenkens an Halim Dener.

Des Gedenkens an Halim Dener und seine Geschichte. Die Geschichte von Krieg mit deutscher Unterstützung, von Folter, von Flucht und Vertreibung, von Kriminalisierung und Verboten, von Tod durch Polizeigewalt.

Wir fordern einen Ort des würdevollen Gedenkens an Halim Dener.

 

2016

Kundgebung 25.-26. September 2016:

und Bericht “24 Stunden-Kundgebung mit Gespräch mit Oberbürgermeister und Gedenkstein beendet”

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20177

Aufruf zur Demonstration am 23. Todestag Halim Deners

Redebeitrag auf Kundgebung in Erinnerung an Jaja Diabi (19.02.17, Hamburg)

 

2018

Aktionswochen und Demonstration zum 24. Todestag von Halim Dener

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2019 organisierte die Kampagne noch einmal eine 8große Demonstration:

25 Jahre Gedenken an Halim Dener 

Das Mobi video:

Ein podcast von Radio Flora mit den gehaltenen Reden

Halim Dener Demonstration – Eindrücke, Bilder und Artikel

 

2020

Gedenkkundgebung für Halim Dener

 

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