Oury Jalloh * Aufruf zur Gedenkdemonstration am 7. Januar 2023 in Dessau

https://initiativeouryjalloh.wordpress.com/

Kontakt: initiative-ouryjalloh@so36.net

18 Jahre Kampf für die Aufklärung des Mordes an Oury Jalloh!

Am Samstag, dem 7. Januar 2023, ist der 18. Todestag von Oury Jalloh. Vor 18 Jahren wurde Oury rechtswidrig in Dessau in Polizeigewahrsam genommen, körperlich misshandelt, auf einer Matratze fixiert und angezündet.

18 Jahre später liegen alle Beweise auf dem Tisch: Rassistische Polizeibeamte aus Dessau haben Oury getötet und mit Hilfe von Brandbeschleunigern verbrannt! Doch die bundesdeutsche Justiz will weiter vertuschen und weigert sich nach wie vor zuzugeben, was sich nicht mehr leugnen lässt:

Oury Jalloh – Das war Mord!

Oury ist kein Einzelfall und die letzten Jahre und insbesondere die letzten Monate haben nachdrücklich gezeigt, dass Polizeibeamte keine Hemmungen haben Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft, ihrer sozialen oder psychischen Situation zu erschießen, zu ersticken oder sonst wie umzubringen. Wenn der offensichtliche Mord an Oury Jalloh ohne Konsequenzen für die Täter bleibt, weil diese durch Staatsanwaltschaften, Gerichte und Politik geschützt werden, dann ist das auch in Zukunft ihr Freibrief zum Töten!

Damit die Täter nicht davonkommen ist es notwendig, dass wir den Oury Jalloh Komplex auflösen und die Angehörigen und Freund*innen der Opfer ihren Frieden finden können!

Deshalb ist es so wichtig, dass wir unsere Trauer und unsere Wut am 7. Januar 2023 gemeinsam in Dessau auf die Straße tragen!

In Gedenken an Oury Jalloh, Hans-Jürgen Rose und Mario Bichtemann – ermordet im Polizeirevier Dessau. In Gedenken an Laye-Alama Condé, Dominique Koumadio, Halim Dener, N`deye Mariame Sarr, Dennis, Christy Schwundeck, Mikael Haile, Adel B., Hussam Fadl, Ferhat Mayouf, Ali J., Amed Ahmad, Georgios Zantiotis, Ante P., Mouhamed L. Dramè, Mutombo Mansamba und alle anderen Opfer tödlicher Polizeigewalt!

Touch One – Touch All!

Offener Brief

von Mouctar Bah, Freund von Oury Jalloh, an Generalbundesanwalt, Justizminister und Innenministerin

Anlässlich des 17. Todestag von Oury Jalloh fordert Mouctar Bah, enger Freund von Jalloh und Aktivist, von der neuen Bundesregierung eine lückenlose Aufklärung. Sein Einsatz ist unermüdlich und unentbehrlich. Ohne ihn und die Aktiven der Initiative Oury Jalloh wäre sein Fall heute sicher kein Thema mehr. Seinen offenen Brief, mit dem er nach einem neuen Gutachten erneut appelliert, haben zahlreiche, namenhafte Personen und Organisationen aus Wissenschaft, Kultur, Medien und Zivilgesellschaft unterschrieben.

Für weitere Informationen folge @initiative_Ouryjalloh

Mouctar Bah

Freund von Oury Jalloh und Aktivist in der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh

Dessau, 6.1.2022

BREAK THE SILENCE – OFFENER BRIEF

An Herrn Generalbundesanwalt Peter Frank,

an Herrn Justizminister Marco Buschmann,

an Frau Innenministerin Nancy Faeser,

Unser Bruder Oury Jalloh wurde am 7. Januar 2005 von deutschen Polizisten in einer Polizeizelle in Dessau-Roßlau verbrannt. Er wurde ohne Gerichtsbeschluss festgehalten und an Händen und Füßen an eine feuerfeste Matratze gefesselt. Fast 17 Jahre sind seit seinem grausamen Tod vergangen. Doch von Beginn an stellte die ermittelnde Polizei und staatliche Behörde die Lüge auf, er habe sich selbst angezündet. Noch heute halten sie trotz gegenteiliger Evidenz an dieser Behauptung fest. Daher kämpfen wir, Oury Jallohs Familie, Freund*innen und viele Aktivist*innen seit fast 17 Jahren für Aufklärung, Gerechtigkeit und dafür, die Wahrheit aufzudecken. Mit diesem offenen Brief wende ich mich anlässlich des Todestags daher heute an Sie.

Neues, unabhängiges Gutachten

Im November 2021 wurden die Ergebnisse eines weiteren, unabhängigen forensischen Gutachtens veröffentlicht, das von der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh organisiert wurde. In Zusammenarbeit mit internationalen Expert*innen aus Film, Performance und Wissenschaft wurde dabei tatortgetreu die Zelle 5 des Dessauer Polizeireviers rekonstruiert. Die  durchgeführten Bewegungs- und Brandversuche bestätigten erneut, dass Oury sich nicht selbst angezündet haben kann.

Im Einzelnen führen die Versuche zu folgenden Schlüssen:

●              Oury Jalloh hatte in der Vier-Punkt-Fixierung nicht den ausreichenden Handlungsspielraum, um die feuerfeste Matratze selbst anzuzünden.

●              Es wurde mit Sicherheit Brandbeschleuniger verwendet (möglicherweise ca. 2,5l Benzin).

●              Die Zellentür muss offen gestanden haben, um eine ausreichende Luftzufuhr für die tatsächlich Branddauer von einer halben Stunde zu gewährleisten.

Nur unter diesen Parametern war es möglich, das Brandbild des Tatorts vom 07.01.2005 zu rekonstruieren. Dies untermauert die auf forensisch-wissenschaftlicher Grundlage gewonnenen Fakten: Oury Jalloh wurde in der Zelle 5 in der Dessau-Roßlauer in Polizeigewahrsam gefoltert und umgebracht.

Struktureller Rassismus

Spätestens seit den Black Lives Matter-Protesten wurde die Dimension von Anti-Schwarzem Rassismus auch hierzulande stärker thematisiert. Doch eine verstärkte Solidarisierung mit Oury Jalloh blieb seitens der Politik weiterhin aus. Wer in Deutschland #JusticeforGeorgeFloyd fordert, ohne die Aufklärung für ihn und weitere Schwarze Menschen zu fordern, verkennt die Realität gesellschaftlicher Macht- und Ungleichheitsverhältnisse in Deutschland.

Auch der Afrozensus, die erste statistische Befragung zu Schwarzen Lebensrealitäten in Deutschland, verdeutlicht den unzureichenden Schutz und Umgang mit Rassismus als eines der größten gesamtgesellschaftlichen Probleme in Deutschland. Die BI_PoC Communities in Deutschland und alle aktiven Unterstützer*innen wissen: Rassismus in Deutschland ist allgegenwärtig.

Bei der unabhängigen, selbstorganisierten Recherche- und Aufklärungsarbeit konnte die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh darüber hinaus feststellen, dass die ermittelnden  Behörden, Gerichte und Politiker*innen neben dem Mord an Bruder Oury Jalloh (2005) auch die Morde an Hans-Jürgen Rose (1997) und Mario Bichtemann (2002) im selben Polizeirevier in Dessau-Roßlau übersehen und vertuschen wollten. Um die Dimension der Fälle zu verdeutlichen, wird seit der Veröffentlichung dieser Erkenntnisse im Oktober 2018 deshalb vom „OURY- JALLOH-KOMPLEX“ gesprochen.

2017 haben UN-Expert*innen in ihrem Bericht die rassistischen Strukturen in Deutschland stark problematisiert und zum Aufbau unabhängiger Ermittlungsstrukturen geraten. Hier wurde auch die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh genannt. Mit großer Sorge wurde neben dessen Ermordung auch die ungeklärten Todesfälle weiterer Schwarzer Menschen in Deutschland wie Christy Schwundeck, Laye-Alama Condé oder N’deye Mariame Sarr adressiert. Seit der Einberufung der „UN- Dekade für Menschen afrikanischer Herkunft 2015-2024“ ist jedoch wenig geschehen.

Die Strukturen innerhalb von Justiz, Politik und Polizei sind Teil des Problems

Die Ermittlungen im Fall von Oury Jalloh wurden 2017 von der Staatsanwaltschaft Halle eingestellt und 2018 von der Generalstaatsanwaltschaft in Naumburg bestätigt. Zudem lehnte 2019 nicht nur der Landtag Sachsen-Anhalt einen Untersuchungsausschuss im Fall von Oury Jalloh, sondern auch das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg den Antrag auf Klageerzwingung von der Rechtsanwältin der Familie Oury Jallohs ab. Sie wird daher Anzeige gegen die zuständigen Oberstaatsanwälte der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg wegen Strafvereitelung im Amt stellen, und fordert sogleich die sofortige Wiederaufnahme der Ermittlungen wegen Mordes gegen die bereits namentlich bekannten Polizeibeamten des Dessauer Reviers.

OURY JALLOH – DAS WAR MORD! – BREAK THE SILENCE!                                                    

Mouctar Bah

Bei weiteren Fragen zur unabhängigen Aufklärung, wenden Sie sich bitte an:

Initiative in Gedenken an Oury Jalloh

Pressekontakt: de/en +49 152 10792107

https://initiativeouryjalloh.wordpress.com/

Mail: initiative-ouryjalloh@so36.net

Mitunterzeichnungen … siehe: https://www.ouryjallohcommission.com/offener-brief-2022?fbclid=IwAR0jiKRd-BWLpXmgNPfaHP2s6bPN_eP_nncGuo7eelW35H7kg0_rBJ2FyTc

Zusammen mit der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh und vielen Unterstützer*innen stehe ich hinter der Familie.

Die bisherige Bundesregierung hat die Wahrheit nicht aufgeklärt, sich aktiv dagegen gestellt und damit an der Behauptung der Selbstanzündungsthese mitgewirkt und diese aufrechterhalten. Es ist klar, dass die Morde und polizeiliches Verschulden und Vertuschen aufzudecken und anzuerkennen, weitreichende politische Konsequenzen hätte. Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung heißt es jetzt, dass die Arbeit gegen Rassismus, insbesondere den gegen Schwarze Menschen gestärkt werden soll. Diese Erklärung ist bindend und bedeutet auch, den Fall Oury Jallohs nun endlich aufzuklären.

Es führt kein Weg daran vorbei: Die Generalbundesanwalt und Politiker*innen der neuen Bundesregierung, müssen sich der Verantwortung stellen. Denn wer dafür sorgt, dass der OURY-JALLOH-KOMPLEX von staatlicher Seite unaufgeklärt bleibt, und die wissenschaftlich bestätigten Faktenlage nicht anerkennt, ist Teil des Problems!

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Pressemitteilung anlässlich der internationalen Pressekonferenz am 3.11.2021

Neues Brandgutachten beweist nachdrücklich und zweifelsfrei:

Oury Jalloh wurde am 7. Januar 2005 von Polizeibeamten verbrannt!

Internationaler Brandexperte widerlegt die vorsätzlich falsch konstruierten Behauptungen der Generalstaatsanwaltschaft von Sachsen-Anhalt, Oury Jalloh habe das Feuer selbst gelegt.

Familie von Oury Jalloh stellt Anzeige wegen Strafvereitelung im Amt gegen die Generalstaatsanwaltschaft in Naumburg und fordert Wiederaufnahme der Ermittlungen durch die Bundesanwaltschaft.

Das neue Brandgutachten basiert auf Brandversuchen zur Rekonstruktion des Tatortes vom 7. Januar 2005 in einem originalgetreuen Nachbau der Zelle 5 des Polizeireviers Dessau. Der britische Brandsachverständige Iain Peck kommt darin zu dem Ergebnis, dass der an Händen und Füßen gefesselte Oury Jalloh von Polizeibeamten angezündet worden sein muss.

Darüber hinaus haben im Vorfeld durchgeführte Bewegungsversuche einer gleichermaßen 4-Punkt fixierten Person auf einer Matratze in Originalgröße gezeigt, dass Oury Jalloh weder den Bewegungsspielraum noch andere Möglichkeiten hatte, die Matratze selbst anzuzünden.

Aufgrund der eindeutigen Spurenlage am Feuerzeug (Abwesenheit von Oury Jallohs DNA & Faserresten seiner Kleidung als auch der Matratze, statt dessen zahlreiche tatortfremde Spuren und Tierhaare) hatte Iain Peck bereits in seinem Gutachten im Jahr 2015 ausgeschlossen, dass dieses Feuerzeug tatsächlich im Brandschutt der Zelle 5 gelegen haben kann. Der vorgeführte Feuerzeugrest wurde auch nicht am Tatort gefunden, sondern erst drei Tage später auf eine Asservatenliste hinzugefügt. Es handelt sich demnach eindeutig um eine manipuliertes Beweismittel.

Das Ergebnis des neuen Brandgutachtens steht zudem in Einklang mit den Ergebnissen des unabhängigen, fachradiologischen Gutachtens von Dr. Boris Bodelle aus dem Jahr 2019. Dieses belegt, dass Oury Jalloh vor seinem Tod ein Nasen- bzw. Schädelbruch sowie offensichtlich mehrere Rippenbrüche zugefügt worden waren. Das Ergebnis steht ebenfalls in Einklang mit allen toxikologischen Befunden (kein Noradrenalin im Urin, kein Kohlenmonoxid im Herzblut), die darauf schließen lassen, dass Oury Jalloh zum Zeitpunkt der Brandlegung entweder bewusstlos oder bereits tot war.

Die Familie Oury Jallohs fordert die sofortige Wiederaufnahme der Ermittlungen wegen Mordes gegen die bereits namentlich bekannten Polizeibeamten des Reviers und stellt gleichfalls Anzeige wegen Strafvereitelung im Amt gegen die für die Einstellung der Mordermittlungen zuständigen Oberstaatsanwälte der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg. 

https://initiativeouryjalloh.files.wordpress.com/2021/11/pm-gutachten-oury-jalloh-3.11.2021.pdf

Dossier auf Labourbet: