Mit öffentlichkeitswirksamen Prozessen und hohen Strafen soll die antifaschistische Bewegung in die Knie gezwungen werden. Dabei ist eine klare Haltung gegen rechte Positionen und Akteure nötiger denn je. Die beschuldigten Aktivist*innen stehen stellvertretend für uns alle – deshalb ist auch unser aller Unterstützung gefragt!
Nach dem Prozess ist vor dem Prozess – das ist derzeit die bittere Realität für antifaschistische Aktivist*innen. Besonders seit Gründung der Soko LinX 2019 in Sachsen sind Antifaschist*innen mit weitreichenden Ermittlungsverfahren konfrontiert, die Überwachung von Beschuldigten und deren Umfeld, widerrechtliche Hausdurchsuchungen und sogar Inhaftierungen nach sich ziehen. Während die Zahl der rechtsextremen Straftaten in den vergangenen Jahren kontinuierlich um 20 bis 25 Prozent gestiegen ist, versucht die Justiz mit politisch motivierten und öffentlich inszenierten Prozessen, eine „terroristische Gefahr von links“ zu konstruieren.
Dabei braucht es gerade jetzt eine klare Haltung gegen faschistische Ideologien – das zeigen nicht nur die Entwicklungen in den USA, sondern auch die Wahlergebnisse der vergangenen Landtagswahlen und der aktuelle Bundestagswahlkampf in Deutschland, in dem nicht nur die AfD offen mit rassistischen und fremdenfeindlichen Positionen auftritt. Dieser politische Rechtsruck macht antifaschistisches Engagement notwendiger denn je, leistet aber gleichzeitig seiner Kriminalisierung und Diffamierung Vorschub.
Bisheriger Höhepunkt dieser Stimmungsmache war und ist der Antifa-Ost-Prozess, in dem unsere Genossin Lina sowie drei weitere Angeklagte 2023 zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden, unter anderem wegen „Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung“. Sowohl die Angeklagten als auch die Bundesanwaltschaft legten Revision gegen die Urteile ein. Es scheint als würden den Staatsanwält*innen die insgesamt fast 14 Jahre Haft nicht ausreichen, denen sich unsere vier Gefährt*innen nun gegenübersehen. Am 6. Februar 2025 beginnt Linas Revisionsprozess vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe.
Ebenfalls in diesem Monat, am 19. Februar 2025, beginnt der Prozess gegen die Antifaschistin Hanna, der im sogenannten Budapest-Komplex die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, gefährliche Körperverletzung und sogar versuchter Mord vorgeworfen wird. Hintergrund sind Auseinandersetzungen rund um den sogenannten „Tag der Ehre“, bei dem sich jedes Jahr am 11. Februar tausende Neonazis in Budapest versammeln.
Im Budapest-Komplex wurde Tobi in Ungarn bereits zu 22 Monaten Haft verurteilt. Inzwischen ist er wieder in Deutschland, sitzt aber als Beschuldigter im Antifa-Ost-Verfahren in U-Haft. Die non-binäre Person Maja wurde trotz des ausstehenden Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts nach Ungarn ausgeliefert. Dort drohen nun bis zu 24 Jahre Haft.
Ein Ende der Prozesse ist nicht in Sicht, denn sowohl im Antifa-Ost-Verfahren als auch im Budapest-Komplex gibt es eine Vielzahl weiterer Beschuldigter. So wurden im Rahmen des Antifa-Ost-Verfahrens im Oktober und November 2024 Nanuk und Johann festgenommen. Sieben Beschuldigte im Budapest-Komplex stellten sich im Januar 2025. In ihrer Erklärung schreiben sie: „Der Vorwurf versuchter Tötungsdelikte, der vom Generalbundesanwalt gegen einige von uns erhoben wird, ist eine politisch motivierte Eskalation und an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Er dient – ähnlich wie der Vereinigungsvorwurf – der Abschreckung und Legitimation des Vorgehens gegen antifaschistische Praxis.“
Klar ist: Mit diesen Verfahren sollen neben öffentlichkeitswirksamen Bildern und Headlines auch Präzedenzfälle geschaffen werden, auf die sich die Justiz in Zukunft berufen kann, wenn sie gegen Aktivist*innen vorgeht. Gemeint sind also alle, die sich für eine Welt einsetzen, die frei von Unterdrückung, Ausbeutung und Gewalt ist.
Konsequenter Antifaschismus ist kein Verbrechen, sondern legitim und notwendig. Deshalb wollen wir den kämpfenden Aktivist*innen weiterhin den Rücken freihalten. Dazu braucht es unter anderem Geld, zum Beispiel für Gerichts-, Anwalts-, Haft- und weitere Kosten. Spendet zahlreich und richtet gern Daueraufträge ein, um die laufenden Kosten zu decken.
Spendenkonto für die Antifa-Ost-Prozesse
Rote Hilfe e. V.
IBAN: DE55 4306 0967 4007 2383 17
BIC: GENODEM1GLS
Verwendungszweck: unverzagt
Spendenkonto für die Budapest-Prozesse
Rote Hilfe e. V.
IBAN: DE77 4306 0967 4007 2383 09
BIC: GENODEM1GLS
Verwendungszweck: Budapest
Weitere Infos zu den Verfahren unter:
Soli Antifa-Ost
Budapest Anitifascist Solidarity Comittee
siehe auch:
01.02.2025 | Pressemitteilung
Solidarität mit Lina: Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof
Am 6. Februar 2025 findet das Revisionsverfahren gegen Lina in Karlsruhe statt. Der Bundesgerichtshof (BGH) überprüft ab 9.30 Uhr das erstinstanzliche Urteil gegen die Antifaschistin, die 2023 im Rahmen des Antifa-Ost-Verfahrens zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden war.
Die Aktivistin war im November 2020 verhaftet und für über zweieinhalb Jahre in Untersuchungshaft gehalten worden. Konkret geht es um körperliche Auseinandersetzungen mit Neonazis, die Lina und weiteren Antifaschist*innen vorgeworfen werden. Doch indem die Behörden die angeblich Beteiligten zu einer „kriminellen Vereinigung“ erklärt und somit nach § 129 verfolgt haben, werden völlig neue Dimensionen von Verfolgungs- und Überwachungsbefugnissen freigesetzt und Antifaschismus delegitimiert. Zudem wurde die Kriminalisierung mit einer medialen Inszenierung und Stimmungsmache verknüpft, beginnend mit dem anfänglichen Hubschrauberflug von Lina zum Haftrichter.
Es folgte ein gigantischer Prozess vor dem Oberlandesgericht (OLG) Dresden gegen Lina und drei mitangeklagte Genossen, der sich ab September 2021 über mehr als hundert Verhandlungstage hinzog. Die Transporte von Lina zum Gericht wurden jeweils als Hochsicherheitsfahrten inszeniert, und auch der Gerichtssaal wurde durch absurde Kontrollen und Abschirmungsmaßnahmen in den Ausnahmezustand versetzt, um solidarische Beobachter*innen abzuschrecken und die ganze antifaschistische Bewegung einzuschüchtern. Obwohl es keinerlei eindeutige Beweise gab, sondern der gesamte Prozess nur auf Indizien und auf den widersprüchlichen und teils offensichtlich erlogenen Aussagen eines Kronzeugen beruhten, verhängte das OLG am 31. Mai 2023 hohe Haftstrafen: Lina wurde zu fünf Jahren und drei Monaten, die drei mitangeklagten Genossen zu Strafen zwischen zwei Jahren und fünf Monaten sowie drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen das Urteil wurden Rechtsmittel eingelegt.
Am 6. Februar 2025 beginnt um 9.30 Uhr die Revision vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Um missliebiges Publikum fernzuhalten, hat der BGH nicht nur akribische Vorkontrollen angeordnet, sondern verlangt auch eine persönliche Voranmeldung mehrere Wochen im Voraus, bei der umfangreiche persönliche Daten erfasst werden. Von diesen Schikanen sind auch Journalist*innen betroffen.
Um den Prozess durch solidarische Präsenz zu begleiten, rufen die Rote Hilfe Ortsgruppe Karlsruhe und antifaschistische Gruppen zu einer Kundgebung ab 8.30 Uhr vor dem BGH auf.
„Die Kriminalisierung von Antifaschist*innen verschärft sich immer mehr, und solidarische Prozessbeobachtung und kritische Berichterstattung sollen staatlicherseits unterbunden werden“, erklärte Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. „Umso wichtiger ist es, sich davon nicht abschrecken zu lassen und die Revisionsverhandlung zu beobachten. Wir stehen solidarisch an der Seite von Lina und allen verfolgten Antifaschist*innen!“