Majas Erklärung zur Beendigung des Hungerstreiks

Juli 14, 2025

übernommen von: https://www.basc.news/

siehe auch: https://www.instagram.com/reel/DMFcEHSsP3J/?igsh=MW9rNXFsemdmdW1lag%3D%3D

Liebe Mitmenschen, Gefährt*innen und Unterstützer*innen, 

mein Name ist Maja. Seit dem 5. Juni befinde ich mich im Hungerstreik. Ihn begann ich als Protest gegen die rechtswidrige und doch nicht wiedergutgemachte Auslieferung von Deutschland nach Ungarn vor einem Jahr, die repressive Verfolgung von Antifaschist*innen, die vorverurteilende und fragwürdige Prozessführung, genauso gegen die bis heute andauernde Isolationshaft und die menschenverachtenden Haftbedingungen in ungarischen Knästen. Nun habe ich mich dazu entschlossen den Hungerstreik nach fast sechs Wochen zu pausieren. 

Ich möchte meine Gesundheit nicht weiter strapazieren, denn ich spüre, wenn ich jetzt nicht umkehre, ist es bald zu spät dafür. Dann würde es auch wenig nützen, würden meine Forderungen erfüllt werden. Ich wäre fürs Leben gezeichnet, bin es womöglich schon jetzt. Ich wollte es nie soweit kommen lassen, hoffte naiv darauf, dass ein so radikaler Schritt wie der Hungerstreik endlich Bewusstsein bei den Verantwortungsträger*innen und allen, die etwas ändern können, schafft, dass sie handeln, nach einem Jahr Beschwichtigungen, Lächeln und Ignoranz. 

Nun ist von mir nicht mehr viel übrig. Mein Körper – ein Skelett, mit einem ungebrochenen, kämpferischen und lebenden Geist. Er lächelt, sucht im Horizont Freiheit und Gemeinschaft, findet sich nicht damit ab, gibt es keine Gerechtigkeit. Doch den Schritt in den nahen Tod zu gehen, bin ich nicht bereit. Klar, man ist ungewiss, vielleicht bleiben noch Tage, vielleicht Wochen. Doch würde ich mein Bewusstsein verlieren, nehme ich eine Schuld gegenüber den Menschen, die an meiner Seite kämpfen, auf, welche ich nicht bereit bin, jemandem aufzubürden. Genauso, wie mich Zwangsmaßnahmen auszusetzen.

Am 01.07. wurde ich ein Gefängniskrankenhaus, 250 km von Budapest entfernt, verlegt, da sich schon zu diesem Zeitpunkt ernsthaft um die Stabilität meiner Gesundheit gesorgt wurde. Der neue Ort ist stiller als der Knast in der Großstadt, jedoch genauso isoliert, eher noch stärker. Kontakt zur Familie ebenso stark beschränkt. Mein Anwalt, stets eine unverzichtbare Stütze, benötigt nun einen ganzen Tag für einen Besuch. Beim einstündigen Hofgang treffe ich keine Mitgefangenen. Die restlichen 23 Stunden verbringe ich in der Zelle, denn Freizeitangebote gibt es hier keine. Die Einsamkeit zerreißt, das Heimweh verfängt sich im Horizont. Medizinisch ist es möglich, den Körper hier aufzupäppeln, eine mentale Genesung scheint mir doch auch hier unmöglich. Mit einer abzusehenden Rückverlegung nach Budapest, hätte sich nichts verändert, erwartet mich doch dort das, was den Hungerstreik eine Notwendigkeit werden ließ. Weder Krankenhaus noch Knast in Ungarn können eine Lösung sein. 

Meine Forderungen bleiben unverändert! Es bedarf einer Rücküberstellung nach Deutschland oder Hausarrest und eines rechtsstaatlichen Gerichtsverfahrens. Ich bin entschlossen, auch im Morgen nicht zu schweigen und zu protestieren, so lange es Notwendigkeiten dazu gibt. 

Dass ich nun den Streik abbreche, tue ich, damit niemand langfristige oder dauerhafte Gesundheitsschäden verantworten muss. Dieser Schritt entbindet jedoch niemanden von der Verantwortung, humanitäre, schmerz- und qualfreie Haftbedingungen für alle zu schaffen, unabhängige, rechtsstaatliche Verfahren, die nicht vorverurteilen, zu führen und die Unversehrtheit des gefangenen Menschen zu gewährleisten, seine Würde zu achten, statt ihn zu verachten und zu bestrafen. Passiert das nicht, werden meine Forderungen weiter ignoriert, bin ich entschlossen den Hungerstreik erneut aufzunehmen. 

Ich fordere das Notwendige – dass ich bei meiner Familie zu Hause sein kann, dass ich mich durch Schule, Arbeit usw selbst verwirklichen kann, dass ich mich gleichberechtigt auf den Prozess vorbereiten kann und nicht weiter lebendig in einer Zelle begraben werde. Ich warte nach wie vor auf ein klares und ehrliches Wort, auf eine Entschuldigung derer, welche die Auslieferung zu verantworten haben, sowie ein Angebot der Wiedergutmachung. Auch wenn es zuletzt kommt, ist es mir doch das wichtigste. 

Der Dank an all jene, die Wort ergriffen haben, die sich an unsere Seite stellen, und jene, die dort schon lange mutig stehen, jene, die unbeirrt für notwendigen Antifaschismus eintreten, jene die supporten, Nächte und Tage opfern, die spenden und Ankerpunkte sind. Diese Vielfältigkeit heißt Widerstand und Utopie zugleich. Meine Gedanken sind stets bei Familie und nächsten Gefährt*innen, ahnend welchen Schmerz sie durchleben, und bewundernd, wie tapfer und selbstlos sie aushalten. Mein Dank hat heute Worte. Doch seid euch gewiss, der Samen der Solidarität mit dem, was möglich ist, liegt in fruchtbarer Erde. So hoffe ich, nicht nur ich, sondern viele konnten in den letzten Wochen Mut und Willenskraft vereinen, um Hand in Hand, nie verzeihend, aber lächelnd nach vorne zu blicken. 

In solidarischen Gedanken. A Presto, mi farò vivo. 

Maja

Maja hat den Hungerstreik beendet – wir kämpfen weiter!

Juli 14, 2025

übernommen von: https://www.basc.news/

Heute, am 14. Juli 2025, hat Maja nach 40 Tagen der Verweigerung fester Nahrung den Hungerstreik beendet. Die Gründe dafür sind die bereits deutlich spürbaren Auswirkungen des Nahrungsmittelentzugs auf den Körper und das stark gestiegene Risiko langfristiger gesundheitlicher Schäden: Maja hat  14 kg verloren und die gesamten Körperfettreserven aufgebraucht, die Herzfrequenz sinkt zeitweise auf 30 Schläge pro Minute und die Leber- und Nierenwerte sind schlecht.

Der Hungerstreik ist damit vorbei, noch bevor Maja die erklärte Forderung oder andere Zugeständnisse erreichen konnte: 

  • Eine Rücküberstellung scheint nicht in Aussicht.
  • Die Verlegung in den Hausarrest hat der ungarische Richter abgelehnt. 
  • Die leichten Verbesserungen, die gut eine Woche nach Beginn des Hungerstreiks festzustellen waren, wurden nicht konsequent umgesetzt und sind weder schriftlich noch sonstwie abgesichert. Seit der Überstellung ins Haftkrankenhaus ist Maja wieder komplett isoliert.

Die Beendigung des Hungerstreiks entbindet die Verantwortungsträger*innen nicht davon, die Haftbedingungen zu verbessern und an der Rücküberstellung von Maja zu arbeiten. „Passiert das nicht, werden meine Forderungen weiter ignoriert, bin ich entschlossen den Hungerstreik erneut aufzunehmen“, so Maja in der Erklärung zur Beendigung des Hungerstreiks.

Einen maßgeblichen Anteil an diesem Ausgang des Hungerstreiks hat das Auswärtige Amt. Schon vor Beginn des Hungerstreiks beteuerte es immer wieder, sich für Maja einzusetzen: Die Botschaft in Budapest betreue Maja konsularisch, besuche Maja in Haft, nehme an den Verhandlungsterminen im Strafverfahren teil und führe Gespräche mit der ungarischen Seite. Diese Beteuerungen hielten auch während des Hungerstreiks an.

Eine spürbare Verbesserung von Majas Situation konnte das Auswärtige Amt indes nicht erreichen. Es scheint, dass dem Auswärtigen Amt und den Außenminister*innen Baerbock und Wadephul bislang der politische Wille oder der politische Spielraum fehlten, auf eine Art einzugreifen, die etwas bewirkt hätte. Dass dies durchaus möglich ist, hatte die italienische Regierung bewiesen, als sie Orbán im Mai 2024 dazu brachte, die antifaschistische Gefangene Ilaria Salis aus dem Gefängnis in den Hausarrest zu verlegen. Immerhin erklärte Außenminister Wadephul am 12. Juli 2025 persönlich, dass man mit Ungarn über die Verbesserung der Haftbedingungen verhandeln wolle.

Für Maja beginnt nun der mühsame Weg der Erholung. Maja muss nach über fünf Wochen des Hungerns langsam und vorsichtig wieder anfangen, Nahrung zu sich zu nehmen, um die potenziell lebensbedrohlichen Symptome des Refeeding-Syndroms zu vermeiden.

Als Solidaritätskomitee und als Majas Familie, Freund*innen und Untersützer*innen sind wir trotz des ausbleibenden Erfolgs des Hungerstreiks stolz auf Maja. Ein fünfwöchiger Hungerstreik ist eine beachtliche Leistung. Was für ein Kampfgeist und was für eine Entschlossenheit, noch dazu in einer so schwierigen Lage, in Isolationshaft in einem fremden Land! Maja hat es außerdem immerhin geschafft, der Solidaritätsbewegung in Deutschland einen ordentlichen Schub nach vorne zu geben, Aufmerksamkeit in bundesweiten Medien zu schaffen und mehr Unterstützung aus Politik und Gesellschaft zu gewinnen. In den letzten Tagen äußerten sich sogar die SPD-Bundestagsfraktion, die Bundesregierung und Außenminister Wadephul.

Der Kampf um Majas Rücküberstellung und Majas Freiheit muss auch nach der Beendigung des Hungerstreiks weitergehen. Wir dürfen und werden Maja nicht im Stich lassen und wir werden keine Ruhe geben, bis Maja wieder bei uns ist. Wir möchten alle ermutigen, die für die nächsten Tage angekündigten Aktionen wie geplant durchzuführen. Wir rufen außerdem für Samstag, den 13. September 2025, zu einem bundesweiten Aktionstag für Maja auf. Wir werden demnächst einen Aufruf mit mehr Informationen veröffentlichen.

Wir möchten uns bei allen Menschen und Organisationen bedanken, die uns und Maja seit Beginn des Hungerstreiks unterstützt haben – emotional und moralisch, politisch und praktisch. Ohne euch wäre der Hungerstreik so niemals möglich gewesen.

Solidaritätskomitee für Majas Hungerstreik

Vater von Maja T. spricht von Folter

Über 100 000 Unterzeichner fordern Bundesregierung zum Handeln auf

https://www.nd-aktuell.de/artikel/1192425.budapest-komplex-vater-von-maja-t-spricht-von-folter.html

Nach rund 300 Kilometern ist Wolfram Jaroschs Protestmarsch »Zu Fuß für Gerechtigkeit!« am Montag in Berlin zu Ende gegangen. Die letzte Etappe führte den Jenaer mit rund 90 Personen zur ungarischen Botschaft und schließlich zum Auswärtigen Amt. Jarosch übergab dort eine Petition mit mehr als 100 000 Unterschriften. Darin fordern »Eltern gegen Auslieferung« die Rückführung von Maja T. für ein faires rechtsstaatliches Verfahren in Deutschland sowie einen Auslieferungsstopp für alle weiteren Beschuldigten im sogenannten Budapest-Komplex. … … …

Keine Auslieferung nach Ungarn“-Blog (Eltern der Beschuldigten im Budapest-Komplex)

https://www.kanu.me