Hausdurchsuchungen in Hannover: „Wie in der Türkei“

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Durchsuchungen bei NAV-DEM-Mitgliedern

Nur zwei Tagen vor der Demonstration gegen rassistische Polizeigewalt waren die Wohnungen von fünf Mitgliedern von NAV-DEM aus dem Raum Hannover sowie den Landkreisen Celle und Heidekreis von der Polizei durchsucht worden. Der Repressionsschlag war daher ebenfalls ein Anliegen der Demonstration. Die Durchsuchungsbeschlüsse gegen die fünf Betroffenen hatte das Amtsgericht Celle auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Celle vor über einer Woche erlassen. Den Beschuldigten wird Verstoß gegen das Vereinsgesetz nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 Vereinsgesetz vorgeworfen, also die Unterstützung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und damit ein Zuwiderhandeln gegen das PKK-Betätigungsverbot von 1993. „Die Vorwürfe sind total vage“, sagte Arno-Jermaine Laffin von NAV-DEM. Seiner Meinung nach dienten die Durchsuchungen lediglich dazu, an Informationen zu kommen. Xoşnav Ata, Ko-Vorsitzender von NAV-DEM Hannover, erklärte: „Wir fordern die Bundesregierung auf, die Kriminalisierung unserer Freundinnen und Freunde zu beenden. Es handelt sich um ein schmutziges Spiel, das die deutschen Verfolgungsbehörden hier gegen unsere Weggefährt:innen ins Rollen gebracht haben. Das verurteilen wir.“ Es seien Verhältnisse, die man sonst aus der Türkei kenne. „Diese vergebliche Taktik hat das kurdische Volk seit Jahrzehnten nicht von ihrem legitimen Freiheitskampf abbringen können. Wir halten an unserer Sache fest“, so Ata.

Im folgenden dokumentieren wir einen Artikel der anfdeutsch.com zu den Hausdurchsuchungen vom Donnerstag, 1 Jul 2021

Hausdurchsuchungen in Hannover: „Wie in der Türkei“

Im Raum Hannover hat die Polizei die Wohnungen von fünf kurdischen Aktivist:innen durchsucht. Zahlreiche Mobiltelefone, Laptops und Unterlagen wurden beschlagnahmt. Den Beschuldigten wird Verstoß gegen das Vereinsgesetz vorgeworfen.

Ab 7.00 Uhr sind heute zeitgleich die Wohnungen von fünf Aktivist:innen und Mitgliedern des Demokratischen Gesellschaftszentrums Hannover und des Frauenrats Ronahî in der Region Hannover sowie den Landkreisen Celle und Heidekreis von der Polizei durchsucht worden. Das Gesellschaftszentrum und der Frauenrat vertreten die Interessen der kurdischen Gemeinschaft in der Region. Ihre Mitglieder engagieren sich ehrenamtlich für die Belange der Community, indem sie bei bürokratischen und rechtlichen Anliegen ansprechbar sind, bei Behördengängen oder Arztbesuchen begleiten, Übersetzungen vornehmen, Streit schlichten, gegen patriarchale Gewalt arbeiten, Sprach- und Musikkurse anbieten, Feiern und Bildungsangebote veranstalten. Sie setzen sich für die Völkerverständigung ein, indem sie den Kontakt, Austausch und die Zusammenarbeit mit deutschen und anderen migrantischen Menschen und Gruppen suchen und pflegen. Sie treten konsequent für eine demokratische Lösung der kurdischen Frage und einen gerechten Frieden im Kurdistan-Konflikt ein.

Die Durchsuchungsbeschlüsse gegen die fünf Betroffenen hatte das Amtsgericht Celle auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Celle vor einer Woche erlassen. Den Beschuldigten wird Verstoß gegen das Vereinsgesetz nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 Vereinsgesetz vorgeworfen, also die Unterstützung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und damit ein Zuwiderhandeln gegen das PKK-Betätigungsverbot von 1993.

Wie die türkische Polizei“

Die Polizei drang in die Wohnungen der Betroffenen ein, wobei sie teilweise handgreiflich wurde. Anschließend durchsuchte sie die Wohnungen und auch andere Räume wie Keller. In manchen Wohnungen verwüstete sie die Räume regelrecht, stieg mit nassen Straßenschuhen in Betten und warf die Gegenstände in einem Zimmer auf dem Boden zusammen. Sie beschlagnahmte zahlreiche Mobiltelefone, Laptops, Speichermedien, privates Geld, persönliche Notizen und Terminkalender.

Die Ko-Vorsitzende des Volksrats Hannover, Sevim Devrim, die selbst von den Durchsuchungen betroffen ist, sagte zum polizeilichen Vorgehen: „Die deutsche Polizei verhält sich genauso wie die türkische Polizei. Wir machen hier unsere politischen Arbeiten, für die wir aus unserer Heimat vertrieben wurden, um genau die gleiche Repression zu erfahren. Ob wir Feiern oder Demos organisieren, Räte und Kommunen aufbauen, Bildungsarbeit leisten oder Konflikte in der kurdischen Gesellschaft lösen, der Staat kennt nur die Antwort der Gewalt. Da unterscheidet sich der deutsche Staat nicht vom türkischen.“

Informationen sammeln und Verunsicherung auslösen“

Die vagen Vorwürfe gegen die einzelnen Betroffenen und das große Interesse daran, Kommunikationsmittel und Notizen zu beschlagnahmen, legen nahe, dass es der Staatsanwaltschaft und Polizei eher darum geht, möglichst viele Informationen zu politischen Arbeiten und Strukturen zu sammeln und Verunsicherung zu säen, statt konkrete Vorwürfe aufzuklären.

Dieses Vorgehen der Polizei gegen kurdische Strukturen und ihre Aktivist:innen ist in Hannover seit Jahren bekannt. So wurden etwa 2018 die Räume des Gesellschaftszentrums durchsucht, weil den fünf Vorstandsmitglieder ein Verstoß gegen das Vereinsgesetz vorgeworfen wurde. 2019 wurde ein Ermittlungsverfahren gegen sieben Mitglieder des Gesellschaftszentrums geführt, infolge dessen ihre Wohnungen durchsucht wurden. Zu Anklagen oder gar Verurteilungen ist es bis heute in keinem der Verfahren gekommen.

Die Betroffenen haben sich anwaltlichen Beistand gesucht und werden über ihre Verteidiger:innen in den nächsten Tagen Akteneinsicht beantragen.

 

Hausdurchsuchung – Tipps der Roten Hilfe e.V.

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Hausdurchsuchung

Die Praxis sieht nicht immer so wie hier beschrieben aus. Dies ist die nette Version. Hier unser Flyer mit Checkliste für an die Wohnungstür.

Eine Wohnungsdurchsuchung kann nicht dadurch verhindert werden, dass die Tür nicht geöffnet wird. Wer nicht öffnet, muss sich im Zweifelsfall ein neues Schloss kaufen. Wer ein Klingeln an der Tür mit der Aufforderung der Cops zu öffnen hört, sollte sich darauf einstellen, was sogleich geschehen wird. Wer seine Wohnung „gut aufgeräumt“ hat, wird entspannter mit dieser Situation umgehen können.

Die Cops sind angehalten, bei einer Durchsuchung sorgsam mit deinen Sachen umzugehen. Doch oft halten sie sich nicht an diese Gesetze. Es ist ihnen auch erlaubt, Beweisstücke und den Ort, wo sie sich befanden, zu fotografieren.

Atme erst einmal tief durch und schalte deinen Verstand ein. Versuche trotz der bedrohlichen Situation, Ruhe zu bewahren und rufe dir ins Gedächtnis, was du über Hausdurchsuchungen weißt. Das soll dir helfen, dich zurecht zu finden und keine vermeidbaren Fehler zu begehen.

Nachdem du die Tür geöffnet hast, könnten eine Vielzahl von Cops eintreten. Manchmal sind sie sogar von Staatsanwält_innen begleitet. Die Cops werden bewusst forsch auftreten, um dich einzuschüchtern.

Wenn es zu einer Durchsuchung deiner Wohnung kommt, beachte folgende Punkte:

Ruhe bewahren!

Das Gebot Ruhe zu bewahren, soll vor allem helfen, zum Tatvorwurf zu schweigen.

Darüber hinaus soll es dich unter anderem vor Irreführungsversuchen schützen. Wer versucht, Beweismittel zu verstecken oder zu vernichten, läuft Gefahr, in Untersuchungshaft zu kommen. Irreführungsversuche kann den Cops dazu dienen, eine sogenannte Verdunkelungsgefahr anzunehmen und diese ist nach §112 StPO ein Haftgrund. Außerdem deuten sie sie als Indiz für deine Schuld.

Ruhe bewahren bedeutet auch, Aggressionen gegen die Cops zu unterlassen. Wenn sie deine Sachen durchwühlen, ist dies sicher manchmal schwer. Doch am Ende wirst du wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamt_innen belangt.

Versuche also ruhig zu bleiben und lege hinterher gegebenfalls Rechtsbehelfe z.B. für eventuelle Entschädigungsansprüche ein.

Den Durchsuchungsbeschluss zeigen lassen!

Lass Dir den Durchsuchungsbeschluss noch auf der Türschwelle zeigen und lies ihn ruhig und genau durch. Sage den Cops, sie soll solange warten.

Es gibt schriftliche Durchsuchungsanordnungen durch eine_n Richter_in. Aber auch mündliche Beschlüsse sind zulässig.

Sollte kein schriftlicher Durchsuchungsbeschluss vorliegen, lass dir den Tatvorwurf mündlich erklären! Dabei nicht vergessen zu fragen, was überhaupt gesucht wird! Danach fragst du nach dem Dienstausweis des /der Einsatzleiter_in. Notiere dir Namen und Dienstnummer!

Bei Gefahr in Verzug gibt es erst gar keinen Durchsuchungsbeschluss. Diese Begründung dient dazu ohne richterlichen Beschluss in deine Wohnung einzudringen. Bestehe auf einen Beschluss und lege Widerspruch ein! Auch wenn dies meist erfolglos ist, probiere es trotzdem!

Beim Lesen eines schriftlichen Durchsuchungsbeschlusses achte auf folgende Inhalte:

  • Auf welchen Namen ist der Beschluss ausgestellt?
  • Welche Räumlichkeiten sollen durchsucht werden?
  • Wie lautet der Vorwurf beziehungsweise der Verdacht?
  • Stehen noch andere Namen auf dem Durchsuchungsbeschluss?
  • Was soll gesucht werden?
  • Ist der Beschluss von einer/m Richter_in unterschrieben?
  • Gibt es einen Haftbefehl?

Die Cops dürfen nur Räumlichkeiten durchsuchen, für die der Beschluss ausgestellt wurde. Wohnst du in einer WG, sind nur dein Zimmer und gemeinsam genutzte Zimmer wie Gemeinschaftsräume, Küche, Bad, Dachboden oder Keller von Belang. Die Zimmer von deinen Mitbewohner_innen sind Tabu. Gut ist daher, die Zimmertüren mit Namen zu kennzeichnen. Bei Eheleuten oder eheähnlichen Lebensgemeinschaften ist dies schwieriger durchzusetzen, weil davon ausgegangen wird, dass du die Räume deines/r Partner_in mitbenutzt. Da dies jedoch eine Unterstellung ist, solltest du trotzdem versuchen, dass wirklich nur deine Räume durchsucht werden.

In Kinderzimmern dürfen die Cops sich nur umschauen. Nur bei offensichtlicher Mitbenutzung durch den/die Beschuldigte_n dürfen sie auch dort herum schnüffeln.

Immer zum Tatvorwurf schweigen!

Sage während der Durchsuchung nichts zum Tatvorwurf! Achte auf alles, was du sagst. Auch Gespräche mit z.B. Mitbewohner_innen können versehentlich Infos enthalten. Das gilt auch für beiläufige Bemerkungen oder auch nur Gesten und Blicke.

Während der Hausdurchsuchung findet zwar keine Vernehmung statt. Aber die Cops laufen mit gespitzten Ohren durch deine Räumlichkeiten. Indes nehmen sie Äußerungen auf, die später gegen dich verwendet werden könnten. Häufig ist sogar ein Cop nur dazu da, dich zu beobachten. Es geht ihnen vor allem darum, zu beobachten, wohin du schaust oder dich dabei zu ertappen, wie du versuchst, Beweismittel zu beseitigen.

Denk daran: Als Beschuldigte_r hast du das Recht zu schweigen! Über dieses Recht müssen dich die Cops aufklären. Unterbleibt es, sind Äußerungen zum Tatvorwurf in der Regel nicht verwertbar. Das wissen die Cops natürlich und deshalb erfolgt die Belehrung oft noch an der Wohnungstür. Es besteht Gefahr, dass du in der Aufregung die Belehrung nicht wahrnimmst.

Umso wichtiger ist es, dass du während der Durchsuchung zu deiner eigenen Sicherheit zum Tatvorwurf schweigst.

Eine_n Anwält_in und weitere Zeug_innen benachrichtigen!

Versuche so schnell wie möglich, deine_n Anwält_in herbei zu telefonieren. Dieses Telefonat muss dir gestattet werden. Es ist schon vorgekommen, dass die Cops auf die/den Anwält_in gewartet haben. Es kann sich also lohnen, darauf zu beharren, erst mit der Hausdurchsuchung zu beginnen, wenn die/der Anwält_in eingetroffen ist. Und auch ansonsten ist es natürlich das beste, wenn dein_e Anwält_in zugegen ist.

Dein Rechtsbeistand kann aber auch schon am Telefon mit dem/der Einsatzleiter_in ein Gespräch führen, sich den Tatvorwurf nennen lassen und erklären, dass du zum Tatvorwurf keine Stellungsnahme abgibst.

Wer sich schon an der Wohnungstür so verhält, zeigt dass er/sie sich nicht überrumpeln lässt und vermittelt den Eindruck, die eigenen Rechte genau zu kennen. Du erhältst dabei die notwendigen Informationen. Außerdem beeinflusst du eventuell die Cops bei der folgenden Durchsuchung vorsichtiger zu Werke zu gehen und nicht gegen gesetzliche Regelungen zu verstoßen.

Bei einer Hausdurchsuchung müssen auch Zeug_innen (mindestens eine/r) zugelassen werden. Häufig bringen die Cops schon Zeug_innen, z.B. aus der örtlichen Verwaltung, mit. Du solltest darauf bestehen, eigene Zeug_innen, also dir vertraute Personen, dabei zu haben. Dazu hast du das Recht, wenn welche da sind oder schnell kommen können. Sie können dich unterstützen und z.B. das Vorgehen der Cops beobachten. Dafür ist es hilfreich, schon vorab an Unterstützer_innentelefonketten in deinem Umfeld zu denken (Vorsicht Abhörgefahr!). Auch wenn das Beharren auf eigene Zeug_innen nicht immer klappt, solltest du es trotzdem versuchen.

Deine Zeug_innen solltest du sorgsam auswählen, denn die anwesenden Cops widmen ihnen gesteigerte Aufmerksamkeit. Könnten sie etwas mit dem Anlass für die Hausdurchsuchung zu tun haben, sind sie nicht die Richtigen. Meistens müssen Unterstützer_innen, die aufs Grundstück gelassen werden, sich ausweisen und ihre Daten werden gespeichert. Aber auch alle, die draußen herumstehen, sollten den Cops auf die Finger schauen. Vor allem gilt es zu beobachten, ob Einzelne ohne Zeug_innen in Nebengebäude/ -zimmer gehen und ob womöglich etwas „Mitgebrachtes“ deponiert wird.

Bestehe darauf, dass die Cops jeweils nur ein Zimmer durchsuchen und sich, wenn möglich, darauf beschränken, was im Durchsuchungsbeschluss genannt ist. Dazu bedarf es oft viel verbaler Kraft. Es lohnt sich aber, denn oft versuchen die Cops mehrere Räume gleichzeitig zu durchsuchen. Bestehe darauf, dass du oder eine von dir bevollmächtigte Zeug_in in jedem Raum dabei ist. Die Durchsuchung der einzelnen Zimmer sollte also nacheinander stattfinden. Du hast auf jeden Fall ein Anwesenheitsrecht, auch wenn die Cops Stadtbedienstete als Zeug_innen mitgebracht haben.

  • Wenn es zu einer Durchsuchung deiner Wohnung kommt, bleibe also ruhig!
  • Lass Dir den Durchsuchungsbeschluss zeigen!
  • Schweige immer zum Tatvorwurf!
  • Benachrichtige eine_n Anwält_in und weitere Zeug_innen!
  • Und vor allem: bewahre die Ruhe!

Beschlagnahmen bei Hausdurchsuchungen

Bei Wohnungsdurchsuchungen kommt es fast immer zu Beschlagnahmen. Beschlagnahmt werden dürfen Gegenstände, die als Beweismittel für das Verfahren von Bedeutung sein könnten. Aber auch Sachen, die die Cops zufällig finden und die eine strafrechtliche Relevanz haben könnten, dürfen mitgenommen werden.

Die Beschlagnahme muss grundsätzlich von einer/m Richter_in angeordnet werden. Lass dir die Beschlagnahmeanordnung zeigen, sofern sie schriftlich vorliegt. Nur bei Gefahr in Verzug dürfen auch Polizei oder Staatsanwaltschaft die Beschlagnahme von Gegenständen anordnen. Behaupten die Cops, es läge Gefahr in Verzug vor und dass sie keine richterliche Anordnung bräuchten, lässt du dir diese Behauptung begründen. Zu beachten dabei ist, dass Hausdurchsuchung und Beschlagnahme zwei getrennte Maßnahmen sind. Sie müssen daher auch einzeln begründet werden.

Natürlich sind die Cops auch an persönlichen Aufzeichnungen wie Tagebücher etc. interessiert, da sie Informationen über dich und dein persönliches Umfeld enthalten. Denke schon vorher an geeignete Aufbewahrungsplätze!  Willst du nicht, dass die Cops in deinen Papieren lesen, kannst du es ihnen per Widerspruch untersagen. Dann werden die Unterlagen gesichtet, versiegelt und der Staatsanwaltschaft vorgelegt, also im Zweifelsfall für Wochen oder Monate mitgenommen. Es gilt also im Einzelnen abzuwägen, was sie vor Ort lesen dürfen.

Oft werden auch PCs, Laptops oder Datenträger beschlagnahmt. Es ist also sinnvoll, Backups von dir wichtigen Dingen wie Haus- oder Abschlussarbeiten anzufertigen. Diese sollten sich jedoch nicht in deiner Wohnung befinden. Auch wenn dies bei politischen Hausdurchsuchungen noch selten ein Thema war, sei hier auf die strafrechtliche Relevanz von Mp3- oder Filmarchiven zweifelhafter Herkunft verwiesen.

Über das Beschlagnahmen wird ein so genanntes Beschlagnahmeverzeichnis aufgesetzt. Überprüfe, ob diese Auflistung richtig aufgenommen wurde. Alles was sie mitnehmen, sollte genau mit Titel, Farbe, Größe, Fundort beschrieben sein, damit nichts verwechselt oder hinzugefügt werden kann. Auch wenn sie nichts mitnehmen, sollte dies protokolliert werden.

Aus dem Formular sollte außerdem hervorgehen, dass du mit alledem nicht einverstanden bist und dass du eine richterliche Überprüfung der Durchsuchung beantragst. Unterschreibe nichts persönlich: kein Protokoll, kein Widerspruch! Dazu bist du nicht verpflichtet. Im Gegensatz dazu müssen Einsatzleiter_in und Zeug_innen auf jeden Fall unterschreiben. Die Einsatzleiter_in vermerkt, dass du die Unterschrift verweigert hast. Lass dir den Durchschlag des Beschlagnahmeverzeichnisses geben. Darauf hast du ein Recht.

Des Weiteren solltest du mit deiner/m Anwält_in besprechen, ob es sinnvoll ist, der Beschlagnahme sofort zu widersprechen. Dadurch erreichst du, dass die Staatsanwaltschaft innerhalb von drei Tagen die Bestätigung für die Beschlagnahme eines/r Richter_in einholen muss. Diese/r  prüft dann, ob die Beschlagnahme aufrecht erhalten wird. Dieser Widerspruch kann ebenso nachgereicht werden.

Hausdurchsuchung in deiner Abwesenheit

Als Beschuldigte_r hast du das Recht, bei der Durchsuchung dabei zu sein. Sie kann aber auch ohne dich durchgeführt werden. Solltest du während deiner Abwesenheit von einer Hausdurchsuchung bei dir erfahren, erkundige dich bei Freund_innen oder Zuhause nach Tatvorwürfen und eventuellen Haftbefehlen. Es könnte auch sein, dass du zur ed-Behandlung mitgenommen werden sollst. Entscheide nach Beratung mit deinem/r Anwält_in, ob du nach Hause gehst. Sollte dein rechtlicher Beistand in deiner Nähe sein, nimm ihn/sie am besten mit zur Durchsuchung.

Im Anschluss an eine Hausdurchsuchung

Sobald die Cops weg sind, solltest du ein Gedächtnisprotokoll zu den Ereignissen anfertigen. Dieses sollte folgende Fakten enthalten:

  • Datum, Uhrzeit
  • Anzahl der Cops, Zeug_innen und ggf. der Staatsanwaltschaft
  • Einheit, Namen der Cops soweit bekannt
  • Ablauf mit Zeiten und Wortwechsel
  • Was haben sie gesucht?
  • Was haben sie mitgenommen?
  • Wie haben sie sich verhalten?
  • Konntest du deine Rechte wahrnehmen?

Besonders wichtig wird das Gedächtnisprotokoll, wenn du keinen anwaltlichen Beistand hattest und du deine_n Anwält_in noch informieren musst.

Da mit der Zeit kleine Details im Gedächtnis verblassen, ist es sinnvoll sie zeitnah (innerhalb von 24 Stunden) niederzuschreiben.

Abhörgefahr nach einer Durchsuchung

Wenn eine Hausdurchsuchung bei dir gelaufen ist, kannst du mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass dein Telefon und Handy abgehört werden. Weise deine Gesprächspartner_innen auf das mögliche Abhören hin! Klebe dir als Erinnerung einen Zettel „Abhörgefahr“ neben oder auf das Telefon!

Nach der Hausdurchsuchung ist je nach dem Tatvorwurf die Ermittlung nicht abgeschlossen. Überlege dir also, wen du anrufst. Die Telefonüberwachung kann den Cops weitere Informationen geben.