Hans-Litten-Archiv klagt gegen Verfassungsschutz

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Geheimdienst als Zensor der Zivilgesellschaft?
Hans-Litten-Archiv klagt gegen Verfassungsschutz

Das Hans-Litten-Archiv klagt vor Gericht gegen seine Nennung im Verfassungsschutzbericht des Bundes für das Jahr 2018. Darin wird der Archivverein als „extremistische Gruppierung“ aufgeführt, die „verfassungsfeindliche Ziele“ verfolge. Zudem wird das der als gemeinnützig anerkannte eigenständige Verein fälschlich als „Struktur“ der Antirepressionsvereinigung Rote Hilfe e.V. bezeichnet. Eine solche Einstufung gefährdet die wissenschaftliche Kooperation des Archives mit anderen Institutionen wie Universitäten. Zudem droht dem Archivverein durch die Nennung im Verfassungsschutzbericht der Entzug der Gemeinnützigkeit, wie dies kürzlich auch der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten (VVN/BdA) widerfahren ist.
Das Verwaltungsgericht Berlin hat am 29. Oktober 2019 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt. Gegen diesen Beschluss hat das Hans-Litten-Archiv, vertreten durch seinen Rechtsanwalt Peer Stolle, Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Mit einem Beschluss des OVGs wird in den nächsten Wochen gerechnet.
Der Vorsitzende des Hans-Litten-Archivs, der Historiker Dr. Nikolaus Brauns, erklärt dazu: „Wir wehren uns dagegen, dass der Inlandsgeheimdienst als Zensor zivilgesellschaftlichen Engagements auftritt. Unsere Klage führen wir daher nicht nur im eigenen Interesse sondern auch stellvertretend für andere von Überwachung und Stigmatisierung durch die Schlapphüte betroffene demokratische und antifaschistische Vereinigungen.“
Als Beleg für den vermeintlichen „Extremismus“ des Archivvereins hat das Verwaltungsgericht Berlin die Kooperation mit Ortsgruppen der Roten Hilfe bei der Präsentation der von Archivvorstandsmitglied Silke Makowski erstellten wissenschaftlichen Untersuchung „Helft den Gefangenen in Hitlers Kerkern“ über den antifaschistischen Widerstand angeführt. Durch solche gemeinsamen Veranstaltungen würde der Archivverein die angeblich „verfassungsfeindlichen Ziele“ der Roten Hilfe unterstützen. Als weiterer „Beleg“ wird ein vom Verfassungsschutz dokumentiertes Zitat eines Archivmitarbeiters aus einem Zeitungsinterview von 2011 angeführt. Darin heißt es, dass das Sammeln und Archivieren kein Selbstzweck sei. Vielmehr sollten die Erfahrungen der Vergangenheit aufbereitet werden, um sie für die Kämpfe der Gegenwart zu nutzen.

Göttingen, den 20.1.2020

siehe auch den Beschluss

der VG Hannover 10. Kammer, Beschluss vom 10.09.2019     Erwähnung eines Vereins – Rote-Hilfe-Archiv – im Verfassungsschutzbericht Niedersachsen 2018

siehe auch den Artikel im ND: Geheimdienste als Zensoren zivilgesellschaftlichen Engagements

 

Zu den in der PE erwähnten Punkten:

Aus: Sammeln, sortieren, ablegen, aus arranca #44: Don’t look back in anger (August 2011)

Unabhängige Archive und Bewegungsgeschichtsschreibung

… Das Hans-Litten-Archiv (HLA) gibt es seit 2005. Die Vorgängereinrichtung, das Rote-Hilfe-Archiv, wurde zusammen mit der Bundesgeschäftsstelle der Roten Hilfe Ende der 1990er Jahre gegründet.

„Archive bieten theoretisch für heutige Initiativen Anknüpfungspunkte zu früheren Erfahrungen und Theorien und ermöglichen dadurch theoretische und praktische Kontinuität politischen Handelns, die auf Grund der spezifischen Bewegungsstrukturen sonst nicht hergestellt werden können.“ (Papiertiger)

¿Worin seht ihr euren Auftrag?

HLA: Das Sammeln und Archivieren von Dokumenten ist für uns kein Selbstzweck. Wir wollen die Erfahrungen der Vergangenheit aufbereiten, um sie für die Kämpfe der Gegenwart zu nutzen beziehungsweise denjenigen zur Verfügung zu stellen, die heute aktiv sind. Gerade junge GenossInnen lassen sich davon begeistern, dass die Wurzeln der Roten Hilfe in den großen Kämpfen der 1920er und 1930er Jahre liegen. …

… HLA: Da sich das Archiv noch im Aufbau befindet, besteht der Kreis der Nutzer_innen derzeit überwiegend aus Aktivist_innen. Wir bekommen aber auch immer wieder Anfragen von Wissenschaftler_innen – auch aus dem Ausland – zur Geschichte der Roten Hilfe oder der Arbeiter_innenbewegung.  …
  …

Die Broschüre:

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    Silke Makowski
    Schriftenreihe des Hans-Litten-Archivs zur Geschichte der Roten Hilfe – Band I
    Verlag Gegen den Strom
    Brosch. A4, 120 S.
    ISBN 3-9809970-4-9

     Die Rote Hilfe Deutschlands in der Illegalität ab 1933
     

      zu erhalten über den Literaturvertrieb der Roten Hilfe!

      Preis: 7,00 EUR zzgl. Versandkosten

 

 

 

 

Die Rote Hilfe Deutschlands war schon in der Weimarer Republik eine große linke Solidaritätsorganisation, die Ende 1932 fast eine     Million Mitglieder umfasste. Trotz ihrer engen Verbindung zur KPD unterstützten Menschen aus verschiedenen Spektren der ArbeiterInnenbewegung ebenso wie linke Prominente die Hilfe für die politischen Gefangenen und ihre Familien oder einzelne Kampagnen der Roten Hilfe. Nach dem Verbot im Frühjahr 1933 arbeiteten viele RHD-AktivistInnen in der Illegalität weiter – teils in losen Zusammenhängen, teils in gut vernetzten Kleinzellen, die mit dem Zentralvorstand und den zuständigen Bezirksleitungen in Austausch standen. Für die zahllosen KZ-Häftlinge und ihre Angehörigen wurden Spenden gesammelt, verfolgte AktivistInnen und untergetauchte FunktionärInnen mussten mit illegalen Quartieren versorgt oder heimlich über die Grenze ins Exil gebracht werden. Im benachbarten Ausland organisierten Büros der RHD Schlafplätze und materielle Hilfe für die EmigrantInnen und unterstützten die konspirativen Gruppen im Reichsgebiet mit Druckschriften und Geld. Die Widerstandsgruppen der Roten Hilfe erstellten Zeitungen und verteilten Flugblätter, die zum Protest gegen den NS-Terror aufriefen und die praktische Solidaritätsarbeit propagierten. Im antifaschistischen Untergrund ab 1933 waren auffallend viele Frauen aktiv, die nach den Verhaftungen prominenter – meist männlicher – RHD-Mitglieder zentrale Funktionen in der Organisation übernahmen, aber auch “unauffällige” Hintergrundarbeit leisteten. Selbst nach der offiziellen Auflösung der Roten Hilfe Deutschlands im Jahr 1938 führten dezentrale Strukturen die Unterstützung für die Verfolgten fort. Mit der Broschüre soll der heute fast vergessene Widerstand der Roten Hilfe gegen den NS-Terror in Erinnerung gerufen werden.

 

 

Hans-Litten-Archiv

Verein zur Errichtung und Förderung eines Archivs der Solidaritätsorganisationen der Arbeiter- und Arbeiterinnenbewegung und der sozialen Bewegungen
(Rote-Hilfe-Archiv) e.V.
Lange Geismar Straße 3, 37073 Göttingen
Telefon: +49-551- 770 8007
Fax: +49-551- 770 8009
email@hans-litten-archiv.de
http://www.hans-litten-archiv.de

Spenden

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Bankverbindung: Hans-Litten-Archiv e.V. Konto Sparkasse Göttingen IBAN: DE86 2605 0001 0000 1381 15 BIC: NOLADE21GOE

Gläubiger-Identifikationsnummer: DE25ZZZ00000674542
Der Verein ist eingetragen beim Vereinsregister des Amtsgerichts Göttingen, VR 2835, und vom Finanzamt Göttingen unter
der StNr. 20/206/22070, Verz.Nr. 2207, am 13.6.2005 als gemeinnützig anerkannt.
Vorstand: Dr. Nikolaus Brauns, Silke Makowski, Rolf Meier, Volker Nadolni