»Freedom Weekend« Mumia Abu Jamal wird am 24. April 67 Jahre alt

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                         »Schreibt Mumia!«

Die internationale Kampagne ruft dazu auf, ihm Geburtstagskarten und Briefe mit Genesungswünschen zu schreiben. Kurze Grüße kann er auch auf Deutsch lesen. Als zentrale Adresse der Postzensur für alle Gefängnisse Pennsylvanias gilt seit 2018:

Mumia Abu-Jamal
Smart Communications/PADOC
Mumia Abu-Jamal, AM 8335
SCI Mahanoy
c/o PO Box 33028
St Petersburg, FL 33733, USA

(Absender nicht vergessen!) (jh)

 

Freedom Weekend

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aus JW 22.04.2021

Unter dem Slogan »Alle auf die Straße für Mumia!« mobilisiert die US-Kampagne für Mumia Abu-Jamal zusammen mit der internationalen Solidaritätsbewegung ein »Freedom Weekend« für das verlängerte Wochenende vom 23. bis zum 25. April. Anlass ist Abu-Jamals 67. Geburtstag am 24. April. Es finden vor allem in dessen Heimatstadt Philadelphia zahlreiche Veranstaltungen, Kundgebungen und Demonstrationen statt, die zum Ziel haben, die Innenstadt um das Rathaus mit einem revolutionären »Shutdown« für drei Tage dichtzumachen.

Den Auftakt macht am Freitag die virtuelle Veranstaltung »The People for Mumia«, in der Aktivisten, Jugendliche, Autoren, Musiker und ehemalige politische Gefangene »zum Ausdruck bringen, was Mumia heute für die Bewegung bedeutet«. Es folgt am Geburtstag die Demonstration »Holen wir uns die Straße zurück für Mumia«, mit der die Forderung nach seiner sofortigen Freilassung vor das Rathaus getragen wird.

»In the Spirit of Maroon« heißt am Sonntag die Veranstaltung für den Ex-Black-Panther und politischen Langzeitgefangenen Russell »Maroon« Shoatz, und unter dem Titel »Long Live Walter Wallace Jr.!« wird am selben Tag in einer weiteren Veranstaltung an den 27jährigen Afroamerikaner aus Philadelphia erinnert, der im Oktober 2020 Opfer tödlicher Polizeigewalt wurde.

Weitere Veranstaltungen wird es am »Freedom Weekend« in New York City, Washington D. C., Chicago, San Francisco und anderen US-Städten geben. Motto: »Brick by Brick, Wall by Wall, We’re Going to Free Mumia Abu-Jamal!«

Infos über alle Termine:
mobilization4mumia.com/new-events

jamaljournal-movement.blogspot.com/

Von Oaxaca, Mexiko, bis Paris werden am 24. April weitere Kundgebungen veranstaltet. In der französischen Hauptstadt lautet der Aufruf für eine zentrale Demonstration am Sonntag, dem 25. April: »Für Mumias sofortige Freilassung und gegen Polizeirerror!«

11Das Berliner »Bündnis Freiheit für Mumia Abu-Jamal« mobilisiert am Sonnabend um 15 Uhr in Berlin-Neukölln, Weisestr. 9, zu einer Kiezkundgebung: »Für die Freiheit, für das Leben!«

freiheit-fuer-mumia.de/#kundgebung67geb

 

 

 

Spendet!

Sparkasse Göttingen
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Stichwort: “Mumia” 

FREE MUMIA – Free Them ALL!

Mehr von Mumia:4

2012 Mumia about oury Jalloh. https://www.youtube.com/watch?v=Rj01-uuA008

Texte von Mumia: https://www.jungewelt.de/kolumne/1.kolumne-von-mumia-abu-jamal.html

Videos über und mit Mumia Abu Jamal bei LabourNet Austria

Bücher und Filme von und über Mumia https://www.das-mumia-hoerbuch.de/buecherfilme.htm

Mehr im Netz:

https://www.labournet.de/category/interventionen/solidaritaet/mumia/

https://mobilization4mumia.com/

http://www.freedom-now.de/news/

https://www.freiheit-fuer-mumia.de/

https://www.das-mumia-hoerbuch.de/

https://rotehilfehannover.systemausfall.org/node/187

https://bringmumiahome.com/about-mumia/

 

Mumia Bündnis Berlin auf Twitter:  https://twitter.com/free_mumia

 

5Mumias neuestes Buch:

Jamal, Mumia Abu- and Vittoria, Stephen:

Murder Incorporated: Book 3 – Buch Murder Incorporated
Sprache Englisch
423 Seiten, Januar 2021 – ca. 20.00 Eur Taschenbuch – 25.00 Eur gebunden – ISBN: 9781734648911 bzw. 9781734648904

Just released the final book in the trilogy. Written by political prisoner, Mumia Abu-Jamal, and filmmaker, Stephen Vittoria, Murder Incorporated: Empire, Genocide, and Manifest Destiny (a three-book series) is a searing critique of the American Empire, a diagnosis of a corrupt pathology. The myth is that America’s prized possessions and greatest exports are democracy and the dream of freedom. The reality, say Abu-Jamal and Vittoria, is that the American dream is illusory, and America’s greatest export is murder – and that along the way to the kill, it thieves, suppresses, and tyrannizes.

Foreword by Angela Davis

Murder Incorporated strives to set the record straight: to educate, to enlighten and enliven the people against the corruptions of empire – corruptions that stretch from Columbus’s first steps on Hispaniola through yesterday’s murderous drone attack. More than a history book, Murder Incorporated is a lively, irreverent, and spirited alternative to the orthodoxy of American exceptionalism.

Published by Prison Radio

 

Der maskierte Rassismus, von Angela Davis

Der industrielle Gefängniskomplex

6Angela Davis, langjähriges Mitglied der KPdUSA, war Anfang der 70er Jahre angeklagt, den Versuch, George Jackson (Black Panther) zu befreien, unterstützt zu haben. Auch durch eine weltweite Solidaritätskampagne endete ihr Verfahren mit einem Freispruch. Angela Davis hat heute einen Lehrstuhl an der Universität. Der hier stark gekürzte Artikel erschien zuerst in dem Magazin “ColorLines”, Herbst 1998

Das Gefängnis ist mittlerweile zu einer der ersten Antwort auf die sozialen Probleme geworden, die die Menschen in Armut bedrücken.

Diese Probleme werden häufig verschleiert, indem sie bequemerweise unter der Überschrift “Kriminalität” zusammengefasst und kriminelles Verhalten dann automatisch Afro- und LatinoamerikanerInnen zugeordnet wird. Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit, Drogenabhängigkeit, Geisteskrankheiten und Analphabetismus sind nur einige der Probleme, die aus dem öffentlichen Bewußtsein verschwinden, sobald die Menschen, die mit ihnen konfrontiert sind, hinter Gittern verschwinden.

So gesehen haben Gefängnisse geradezu magische Kräfte. Aber Gefängnisse lassen nicht Probleme verschwinden, sie lassen Menschen verschwinden. Und tatsächlich ist diese Praxis ein großes Geschäft geworden, immer mehr arme, immigrierte Menschen aus rassistisch margi-nalisierten Communities verschwinden zu lassen. …

Die Farbe der Gefangenschaft

Zurzeit (2001) sind fast zwei Millionen Menschen in dem riesigen Netzwerk der US-Gefängnisse eingesperrt. Mehr als siebzig Prozent der Inhaftierten sind Afro- oder LatinoamerikanerInnen. Es wird selten zur Kenntnis genommen, daß die am schnellsten wachsende Gefangenengruppe schwarze Frauen sind und daß prozentual zum Bevölkerungsanteil die indígenen AmerikanerInnen die größte Gruppe stellen. Annähernd fünf Millionen Menschen, einschließlich derjenigen auf Bewährung oder im Freigang, unterstehen direkt der Aufsicht des Justizwesens. …

Damit die Körper geliefert werden können, die für das gewinnorientierte Strafvollzugsystem bestimmt sind, beruht die politische Ökonomie der Gefängnisse auf rassi(sti)sch orientierten Annahmen über Kriminalität – z.B. solcher Bilder schwarzer Mütter, die Sozialhilfe bekommen und kriminelle Kinder großziehen – und auf rassistischen Mustern bei der Festnahme, der Verurteilung und den Strafmaßen. Die Körper von Afro- und Latinoamerikaner-Innen sind in diesem riesigen Experiment der Hauptrohstoff, um die sozialen Probleme unserer Zeit verschwinden zu lassen. Entkleidet man die Gefängnis”lösung” aber ihrer magischen Aura, kommen Rassismus, Klassenvorurteile und die parasitäre Abschöpfung kapitalistischer Profite zum Vorschein. Das industrielle Gefängnissystem führt zur materiellen und moralischen Verarmung seiner Bevölkerung und verschlingt den sozialen Reichtum, der eigentlich gebraucht würde, um genau die Probleme angehen zu können, die zu der immer größer werdenden Zahl von Gefangenen geführt haben. …7

“Für Privatunternehmen”, schreiben Eve Goldberg und Linda Evans (eine politische Gefangene in der Strafvollzugsanstalt Dublin in Kalifornien), “ist Gefängnisarbeit eine Goldader. Keine Streiks. Keine gewerkschaftliche Organisierung. Keine Krankenversicherungskosten, keine Arbeitlosenversicherung oder Ausgleichszahlungen für ArbeiterInnen. Keine Sprachbarrieren wie im Ausland. Neue riesige, schreckerregende Gefängnisfabriken werden auf tausenden von Hektar innerhalb der Anstaltsmauern gebaut. Gefangene erledigen die Datenerfassung für Chevron, übernehmen Telefonreservierungen für TWA, züchten Schweine, schaufeln Dünger, stellen Stromleiter her, Limousinen, Wasserbetten und Unterwäsche für Victoria’s Secret – alles zu einem Bruchteil der Kosten der ‘freien Arbeit’.” …

Im Kontext eines alles überschwemmenden Konservatismus markiert die Entstehung des industriellen Gefängniskomplexes eine neue historische Epoche, deren Gefahren ohne Beispiel sind.

Dies gilt allerdings auch für die Chancen dieser Epoche. Wenn man sich die eindrucksvolle Zahl selbstorganisierter Projekte vergegenwärtigt, die weiterhin der Expansion der Bestrafungsindustrie widerstehen, sollte es doch auch möglich sein diese Kräfte für eine radikale, landesweit sichtbare Bewegungen zusammenzubringen, die eine antikapitalistische Kritik an dem industriellen Gefängniskomplex formulieren. Es sollte möglich sein, Bewegungen für die Menschenrechte der Gefangenen zu schaffen, ebenso wie überzeugend darzulegen, daß wir nicht neue Gefängnisse, sondern ein Gesundheitssystem, Wohnungen, Bildung, Drogenentzugsprogramme und Arbeitsplätze brauchen. Um eine demokratische Zukunft zu gewährleisten, ist es notwendig und auch möglich, die vielen und immer mehr werdenden Stränge des Widerstandes gegen den industriellen Gefängniskomplex zusammenzubringen, um eine machtvolle Bewegung für soziale Transformation zu schaffen.

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About Mumia Abu-Jamal

(Rote Hilfe News 24.10.2017) 

Der afroamerikanische Journalist wurde 1981 von der Polizei in Philadelphia (USA) niedergeschossen und 1982 ohne gültige Beweise für den vermeintlichen Mord an einem Polizisten zum Tode verurteilt. Über Jahrzehnte anhaltende Proteste gegen diesen Akt staatlicher Repression gegen einen engagierten Journalisten konnten die Hinrichtung verhindern. 2011 bestätigte der US Supreme Court, dass die Verurteilung von Mumia nicht rechtmäßig zustande gekommen sei und hob das Todesurteil auf. Trotzdem ist er bis heute in Haft.

Denn mit Mumia Abu-Jamal verfolgte die Justiz ein sehr prominentes Mitglied des schwarzen Widerstands: Bereits als Teenager in den 60ern beteiligt sich Mumia an vielen Demonstrationen gegen Rassisten und Diskriminierung schwarzer US-Bürger_innen.

12Nachdem er bereits früh Opfer von Polizeigewalt wird, erkennt er, dass zum Verändern rassistischer Diskriminierung eine starke Selbstorganisierung notwendig ist. So ist er 1969 maßgeblich an der Gründung der Black Panther Party (BPP) in seiner Geburtsstadt beteiligt und übernimmt den Posten des Pressesprechers sowie die parteieigene Zeitungsgestaltung. Im Zuge der Zeitungsarbeit bereist er in den folgenden Jahren weite Teile der USA und berichtet u.a. über den Mord des FBI an dem bekannten Panther-Aktivist Fred Hampton in Chicago. In diesem Zusammenhang wird er auch in einem Interview 1970 mit einem Zitat in Verbindung gebracht, das dann unter Missachtung des Zusammenhanges in seinem späteren Mordprozess von 1982 stark zu seinem Todesurteil beitrug: „Die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen“ – von Mumia gebraucht, um die brutale Behandlung der Afroamerikaner_innen und ihre Organisationen wie der BPP durch die Polizei zu charakterisieren, und vom Staatsanwalt so hingedreht, als sei dies die politische Philosophie nicht des US-Staats, sondern Mumias!
Als das Aufstandsbekämpfungsprogramm des FBI (COINTELPRO) Anfang der 70er große Erfolge bei der Spaltung und letztendlich Zerschlagung der BPP zeigt, verlässt Mumia enttäuscht über vielerlei Fraktionsstreitigkeiten die Organisation und beginnt am Goddard-College in Vermont zu studieren. Am College begegnet er dem Radiojournalismus, in welchem er fortan begeistert tätig ist.

Nach seiner Rückkehr nach Philadelphia sieht es zunächst sogar so aus, als ob der talentierte Journalist Mumia Abu-Jamal eine große Nachrichtenkarriere vor sich hätte. Zeitweilig ist er für eine US-weite Sendung vergleichbar der Fernseh-Literatur Talkshow von Ophra Winfried heute im Gespräch. Allerdings gerät er, während sein Bekanntheitsgrad steigt, wegen einiger seiner Themen in Schwierigkeiten. So berichtet er nicht nur über unverfängliche Themen des Lebens in den USA, sondern hält unbeirrbar an Themen wie rassistischer Polizeigewalt sowie Korruption im Polizeiapparat oder der frustrierenden sozialen Lage, in der die meisten People Of Color leben, fest. Das bringt ihn um die meisten seiner gut bezahlten Radioanstellungen, aber verschafft ihm auch den anerkennenden Spitznamen “The Voice Of The Voiceless” – die Stimme der Unterdrückten.

1978 werden er und andere kritische Journalisten vom damaligen Bürgermeister (und früheren Polizeichef) Philadelphias Frank Rizzo bei einer Pressekonferenz öffentlich angegriffen. Die Polizei hatte das Gebäude der radikalökologischen Organisation MOVE gestürmt, und dabei war, wahrscheinlich im Kreuzfeuer seiner Kollegen, ein Polizist ums Leben gekommen. Mumia und seine Kollegen werden vom Bürgermeister beschuldigt, durch ihre Berichterstattung dafür verantwortlich zu sein. Die Rede endet mit der direkten Drohung, der Bürgermeister hoffe, “noch in meiner Amtszeit dafür zu sorgen, dass Sie dafür zur Verantwortung gezogen werden”.

13Mumias Verhaftung und Prozess 1981
Wie schnell diese Drohung wahr werden sollte, zeigte sich am 9.Dezember 1981. Als Mumia, der inzwischen nachts Taxi fuhr, um als freier Journalist überhaupt noch seine Familie ernähren zu können, sah, wie ein Polizist seinen Bruder verprügelte, stieg er aus und eilte zur Hilfe. Dieser Polizist, Daniel Faulkner, schoss Mumia nieder. Unter nie zufrieden stellend geklärten Umständen wurde danach auch Daniel Faulkner dort erschossen.
Die später am Tatort eintreffende Polizei erkannte hier sofort die Möglichkeit, den bekannten kritischen Journalisten endgültig zum Schweigen zu bringen. Unmittelbar nach der Tat war bereits der Leiter der politischen Abteilung der Polizei, George Fencl, am Tatort, der eigentlich an einem Mordschauplatz beruflich zunächst einmal gar nichts verloren hatte. Dass der Tatort sofort manipuliert wurde, ist mittlerweile durch etliche Fotos nachgewiesen, sogar auf einigen Fotos der Polizei selbst. Zeugen, die berichteten, einen vierten Mann nach den Schüssen wegrennen gesehen zu haben, wurden ignoriert. Für die ermittelnden Beamten stand von Anfang an fest, dass Mumia der Täter sein sollte.

Auf der Fahrt ins Krankenhaus wurde der lebensgefährlich verletzte Mumia Abu-Jamal brutal geschlagen und getreten, überlebte aber trotzdem.

Als er einige Monate später wegen Misshandlung bei seiner Festnahme eine Anzeige gegen die beteiligten Beamten erstattete, wurde lange nach den Geschehnissen plötzlich behauptet, Mumia habe in jener Nacht den Mord gestanden. Merkwürdigerweise war es drei geschulten Polizeibeamten sowie zwei Krankenhauswachen nicht früher eingefallen, diese Aussage zu Protokoll zu geben.

Auch die Staatsanwaltschaft war nicht untätig. Bei der Geschworenenauswahl für den Prozess gegen Mumia von 1982 filterte sie systematisch Afroamerikaner*innen aus der Jury und schloss fast alle Zeugen, die Entlastendes hätte erzählen können, aus. Zusätzlich versuchte die Polizei, “Augenzeugen” anzuheuern, die nie am Tatort waren, aber wegen eigener “Vergehen erpressbar waren, wie z.B. Pamela Jenkins, die darüber 1997 in einer Anhörung aussagte. Ein meineidiger Polizist, der behauptete, nicht nur Mumias Waffe neben diesem gefunden, sondern diese Waffe auch ordnungsgemäß behandelt zu haben, um keine Spuren zu vernichten, gehörte ebenso zum Programm wie “verloren gegangene” forensische Untersuchungen, ob aus Mumias Waffe überhaupt ein Schuss abgegeben wurde.

Dass Mumia, der lediglich einen von ihm abgelehnten und völlig unerfahrenen Pflichtverteidiger zur Seite hatte, hier für schuldig erklärt wurde, überrascht nicht.

Der Zweck des Verfahrens wurde besonders in der Phase der Urteilsfindung überdeutlich. Der Staatsanwalt forderte die Todesstrafe, da die radikale journalistische Tätigkeit Mumias beweise, dass er ein “überzeugter Cop-Killer” sei. Wie erwähnt, hatte Mumia hatte 1970 in einem Interview zur Ermordung schwarzer Militanter durch die Polizei gesagt: “Die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen”. Im Prozess gefragt, ob er nach wie vor zu dieser Aussage stehe, sagte Mumia, dass er glaube, die Geschichte der USA die Richtigkeit dieser Behauptung bewiesen hätte – eine Aussage, der man schon nach einem flüchtigen Blick auf die Geschichte der USA kaum widersprechen kann.
Dass Staatsanwalt McGill hiermit die Jury überzeugen konnte, Mumia sei ein “überzeugter” Cop-Killer, muss wohl als eine seiner beruflichen “Meisterleistungen” angesehen werden. Allerdings hatte er starke Schützenhilfe vom vorsitzenden Richter Sabo, der keiner illegalen Beeinflussung der Jury widersprach und in einer Gerichtspause sogar von einer Gerichtsschreiberin mit den Worten gehört wurde: “Ich werde ihnen helfen, den “n-word” (die Autor_innen möchten dieses rassistischen Ausdruck bewusst nicht verwenden) zu grillen.”

Leben in der Todeszelle14
Von 1983 bis 2011 saß Mumia in der Todeszelle, viele Jahren davon im SCI Greene im ländlichen Pennsylvania, weit entfernt von Philadelphia, der Herkunftstadt vieler Gefangener, wodurch Besuche von Angehörigen für diese immer eine teure Besonderheit waren.

Auf 6 qm ohne ungefiltertes Tageslicht und Außengeräusche lebte und arbeitete Mumia dort weiter als “The Voice of the Voiceless”. Seine Stimme war und ist nach wie vor zu hören.

Wochentags hatte er 2 Stunden “Hofgang”, die er für Sport, aber auch für juristische Beratungen seiner Mitgefangenen nutzte. So gelang es ihm bereits vor etlichen Jahren, Harold Wilson mit zur Wiederaufnahme seines Verfahrens und letztendlich nach 18 Jahren Todestrakt zur Freiheit zu verhelfen.

Nachdem die Staatsanwaltschaft im Dezember 2011 ihre Versuche, Mumia hinrichten zu lassen, aufgegeben hatte, befindet er sich seit Januar 2012 im Normalvollzug im Gefängnis SCI Mahanoy, das etwas näher an Philadelphia gelegen ist als SCI Greene.

Weltweite Unterstützung
Mumia sollte bereits 1995 und auch 1999 hingerichtet werden. Juristisch wurde ihm nicht der Hauch einer Chance gegeben, in irgendeiner Form gegen die sehr offen zutage liegenden Zweifel an und Rechtsbrüche in seinem ursprünglichen Verfahren vorzugehen. Anberaumte Anhörungen ab 1995 waren eine Farce, saß ihnen doch derselbe Richter Sabo vor, der ihn bereits 1982 zum Tode verurteilt hatte und bis heute der Richter mit den meisten Todesurteilen der US-Justizgeschichte seit Wiedereinführung dieser Strafe im Jahr 1976 ist.

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Allerdings hatte sich bereits ab ca. 1991 starker internationaler Protest gegen diesen geplanten staatlichen Mord entwickelt. Als 1995 der erste Hinrichtungsbefehl unterzeichnet wurde, kam es auf allen Kontinenten des Planeten zu großen Demonstrationen. Die USA gerieten sogar auf Regierungsebene unter Druck. Die Menschenrechtsfragen und speziell die Anwendung der Todesstrafe sind seitdem immer auf der Tagesordnung geblieben.

Auch 1999, als zum zweiten Mal ein Hinrichtungsbefehl gegen Mumia unterzeichnet wurde, blieben die weltweiten Proteste nicht aus. Allerdings zeichnete sich sich kurz darauf, seit 2001, ein Niedergang der Unterstützung ab. Das wurde wahrscheinlich auch durch die polarisierende Haltung einiger Unterstützungsgruppen sowie Teilen des Anwaltsteams von 2001 bis 2003 begünstigt.Dessen ungeachtet wurde Mumia selbst immer bekannter: Seit Jahrzehnten berichtet er in wöchentlichen Zeitungskolumnen und mittlerweile 8 Büchern aus dem Inneren der US-Gefängnisse, aber auch über die Situation im Rest der Welt – und das wesentlich informierter und kompetenter als viele Mainstreamjournalist*innen, die sich in Freiheit befinden und über tausendmal mehr Mittel verfügen als er. Sein publizistisches Werk wurde in viele Sprachen übersetzt und in aller Welt verbreitet.

Er war einer der ersten, der die wirtschaftlichen Aspekte der Masseninhaftierung von People of Color hervorhob und den Profitgedanken hinter dem System Knast verständlich machte. Weltweit ist der Kampf des Journalisten inzwischen zu einem Symbol gegen die Todesstrafe und die Masseninhaftierung in den USA geworden, wo immerhin ca. 2,3 Millionen Menschen ihrer Freiheit beraubt werden und sich die Gefängnisindustrie zu einem ökonomischen Motor entwickelt hat.

Gefängniskrankheit Hepatitis C
Im Sommer 2015 erfuhr Mumia nach monatelanger schwerer Krankheit, dass er genau wie über 10% aller anderen Gefangenen im US Bundesstaat Pennsylvania an Hepatitis-C erkrankt ist. Die Gefängnisbehörde verweigert ihm wie auch ca. 6.000 weiteren Gefangenen aus Kostengründen eine Behandlung mit dem Medikament Harvoni, welches statistisch eine Heilungsrate von 90 – 95% aufweist.

Unter katastrophalen Bedingungen verbrachte der Journalist das folgende Jahr in Notaufnahmen und der Krankenstation seines Knastes, dem SCI Mahanoy. Zwischenzeitlich saß er mehrere Monate im Rollstuhl und verlor über 40 kg an Gewicht. Gleichzeitig erreichte er durch seine Anwälte eine einstweilige Anordnung, die inzwischen die Behandlung erzwungen hat. Seine Leber ist jedoch bereits irreversibel geschädigt.

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Wird Mumias Verfahren jetzt neu aufgerollt?
Mumia Abu-Jamal wird in den kommenden Wochen auch einen erneuten Anlauf unternehmen, seine Verurteilung von 1982 aufzuheben. An seinem Geburtstag, dem 24. April 2017, findet in Philadelphia eine juristische Anhörung über Unregelmäßigkeiten in seinen früheren Berufungsverfahren statt. So war der ehemalige Bezirksstaatsanwalt Ronald Castille Mitte der achtziger Jahre an der Niederschlagung von Mumias erster Berufung beteiligt, saß aber dann von Mitte der neunziger Jahre bis in die 2000er Jahre mit Wahlunterstützung der rechten Polizeibruderschaft Fraternal Order of Police (FOP) im Pennsylvania Supreme Court (PASC), wo er mitstimmte, um Mumias Revisionsklagen gegen sein Urteil abzuweisen. Ein Revisionsrichter, der u.a. über sein eigenes Werk als Staatsanwalt urteilt – es gibt kaum ein besseres Beispiel für einen Interessenskonflikt. Das fand im Jahr 2016 auch der US Supreme Court, als er die Wiederaufrollung des Falls des Gefangenen Williams anordnete, in dem genau dieser Richter, Ronald Castille, praktisch dieselbe Rolle gespielt hatte wie in Mumias Fall.

Die FOP ist seit Mumias Verhaftung im Dezember 1981 die treibende politische Kraft, die die Hinrichtung des kritischen Journalisten (und seit 2011, als die Staatsanwaltschaft diese Forderung fallen ließ, seine lebenslange Inhaftierung) fordert. Wegen des offensichtlichen Interessenskonfliktes forderte Mumias Verteidigung Castille schon in den neunziger Jahren auf, sich aus dem Fall zurückziehen. Er weigerte sich und begründete es überraschend offen damit, dass fast alle Richter*innen des PASC Wahlunterstützung durch die FOP erhalten hätten. Damals sah es so aus, als werde Castille mit dieser offenkundigen Rechtsverletzung durchkommen.

So verhielt er sich im weiteren Verlauf der Berufungsverfahren ähnlich, was dem inzwischen pensionierten Richter aber vor kurzem zum Verhängnis wurde. Mumias Mitgefangener Terrence „Butter“ Williams konnte vor dem US Supreme Court durchsetzen, dass Castille sich in seinem Verfahren genau wegen des eben beschriebenen Interessenskonflikts hätte heraushalten müssen (Williams v. Commonwealth/). Am Ende könnte das zur Aufhebung des Urteils gegen Williams führen. Ob nun auch Mumia am 24. April 2017 eine neue Möglichkeit erhält, seine Verurteilung in Frage zu stellen und zu revidieren?

Das hängt nicht zuletzt von uns und unserer materiellen und politischen Unterstützung für ihn und sein Verteidigungsteam ab.

Vor diesem Hintergrund ruft das bundesweite Free-Mumia-Netzwerk nun wieder verstärkt zu Spenden auf, um die Bewegung in den USA bei den politischen und juristischen Auseinandersetzungen zu unterstützen:

Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V. 24.04.2017

Rote Hilfe e.V.
Sparkasse Göttingen
IBAN: DE25 2605 0001 0056 0362 39
BIC: NOLADE21GOE
Stichwort: “Mumia” 

FREE MUMIA – Free Them ALL!

 

Angela Davis:

lood the Governor of Pennsylvania with Freedom Postcards for Mumia Abu-Jamal!

> 26.05.15

Wir dokumentieren einen Aufruf von Angela Davis im Rahmen der Free Mumia Now Kampagne und schließen uns diesem ausdrücklich an:

The “One million roses” campaign emanating from the GDR was one of the keys that opened my prison cell in 1972.

It started in Germany over 40 years ago, when hundreds of thousands of people sent postcards with roses to me to express their solidarity and demand my freedom while I was incarcerated in California’s San Rafael prison, facing a possible death sentence.

My two years in prison were tough enough on me – now try to imagine someone living there for more than 33 years! “A bright shining hell,” is how Mumia Abu-Jamal used to refer to the tiny concrete bathroom he had to stay in for 22 hours every single day for nearly 29 years, while he was on death row.

At the end of 2011 his death sentence was definitely found unconstitutional – which even in strictly legalistic terms means he should never have been in this dark place to begin with.

That alone should be enough for the Governor of Pennsylvania to pardon him.

 In addition, much is pointing to his innocence, and I have always been convinced that he is not guilty. Because he never received a fair trial, he was never allowed to demonstrate his innocence in court. Now, although the death penalty has been lifted, he faces another kind of death sentence: a life-threatening illness, for which he is not receiving the needed treatment in prison.

Everything indicates that the prison authorities are not willing to give Mumia the medical treatment he needs. We remember the case of Herman Wallace, who was released only days before he died. We cannot allow this to happen to Mumia. He should go home. Now.

Mumia Abu-Jamal is close to my heart – I treasure his brilliant political analysis, his vision, and his empathy for others that has made him the voice of the voiceless. He is one of the warmest, most compassionate human beings I have ever known. He has spoken out for others so many times – now it is extremely urgent for us to speak out for him. We need him, and he needs us to get out.

“One million roses for Angela” started in Berlin – and from Berlin we are now starting our new campaign: Flood Pennsylvania’s Governor with Freedom Postcards for Mumia. Governor Tom Wolf in Pennsylvania has the power to grant freedom to Mumia – and that is exactly what we demand from him!

I ask you to create and write postcards to PA’s Governor Tom Wolf, and write them en masse, demanding

Freedom for Mumia Abu-Jamal – NOW!