Erklärung der 7 aufgetauchten Antifaschist:innen

Wir teilen die Erklärung der aufgetauchten Gefährt:innen.

Quelle: https://de.indymedia.org/node/484161

Wir haben uns gestellt
Als einige gesuchte Antifaschist:innen haben wir uns heute an verschiedenen Orten in Deutschland unseren Verfahren gestellt. Wir wissen nicht, ob die deutschen Behörden uns an die rechtsautoritäre Regierung Ungarns ausliefern werden. Der potentielle Auslieferungswille ist Ausdruck einer länderübergreifenden Jagd auf Antifaschist:innen. Die deutschen sowie die ungarischen Behörden sind gewillt, hart gegen antifaschistische Praxis durchzugreifen.
Der Vorwurf versuchter Tötungsdelikte, der vom Generalbundesanwalt gegen einige von uns erhoben wird, ist eine politisch motivierte Eskalation und an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Er dient – ähnlich wie der Vereinigungsvorwurf – der Abschreckung und Legitimation des Vorgehens gegen antifaschistische Praxis. Es ist offensichtlich, dass die gegenwärtige antifaschistische Bewegung nicht darauf ausgerichtet ist, Nazis zu töten – und das ist auch dem Generalbundesanwalt bekannt.
Wir sind solidarisch mit all unseren Mitbeschuldigten, ob in Haft oder da draußen. Wir wünschen euch viel Kraft für alles, was noch vor uns liegt. So wie es den Behörden in den letzten zwei Jahren nicht gelungen ist, uns unsere Freiheit zu nehmen oder uns in die Enge zu treiben, wird es ihnen in den kommenden Jahren nicht gelingen, unsere Überzeugungen zu brechen, uns zu spalten oder gegeneinander auszuspielen. Wir stehen an der Seite aller Antifaschist:innen, die sich für eine Welt einsetzen, die frei von Unterdrückung, Ausbeutung und Gewalt ist. Lasst euch von den oft erdrückenden Verhältnissen nicht entmutigen!
Wir bedanken uns bei allen, die uns auf unserem bisherigen Weg unterstützt haben. Eure Solidarität und eure Haltung geben uns Mut und Zuversicht für alles, was uns nun bevorsteht.
Einige aufgetauchte Antifaschist:innen

STATEMENT des BASC : Januar 20, 2025

Quelle: https://www.basc.news/ein-erstes-statement-zu-den-ereignissen-am-20-1-25/

Ein erstes Statement zu den Ereignissen am 20.1.25

Heute, am 20.1.2025 haben sich einige der bisher nicht auffindbaren Beschuldigten aus dem Budapest-Komplex den Strafverfolgungsbehörden gestellt. Andere sind diesen Schritt nicht gegangen.

Fast zwei Jahre lang haben ebendiese Behörden die Beschuldigten selbst, ihre Angehörigen und Umfelder drangsaliert, ausspioniert und versucht sie in die Enge zu treiben. Mit medialen und behördlichen Öffentlichkeitsfahndungen, über zwanzig Hausdurchsuchungen und SEK-Einsätzen, Observationen und Anquatschversuchen des Verfassungschutzes wurde die gesamte Bandbreite polizeilicher und justizieller Maßnahmen ausgeschöpft, welche seit Jahren gegen die linke Szene angewandt werden.

Hinzu kommen die Androhung von bis zu 24 Jahren Haft, die Entführung Majas nach Ungarn und die Anklage gegen Hanna wegen Mordversuchs, wodurch die Lage unentwegt weiter eskaliert wurde.

Trotz dieses staatlichen Vorgehens ist die Entscheidung des Stellens weder als Schwäche der Beschuldigten noch als Kapitulation vor den Ermittlungsbehörden zu verstehen. Vielmehr als ein selbstbestimmter Schritt in ein neues Kapitel dieses Verfahrens. Genauso wie das Untertauchen, kann auch die Entscheidung in den Knast zu gehen eine politische sein – nicht freien Herzens wohl aber selbst gewählt. Denn auch der Knast ist in der Geschichte der linken Bewegung schon immer ein Ort der Auseinandersetzung, der politischen und sozialen Kämpfe.

Wir möchten und werden uns an Spekulationen zu persönlichen Beweggründen der Beschuldigten nicht beteiligen und rufen auch euch dazu auf es uns gleichzutun.

Wir leben in einer Welt, welche antifaschistische Praxis notwendig macht. In einer Welt, in der wir uns als Bewegung immer wieder dazu entscheiden müssen, gegen diese Zustände vorzugehen. In einer Welt, die uns manchmal zu Entscheidungen zwingt, die uns schwerfallen und bei denen es keine ideale Lösung gibt. In den letzten zwei Jahren hieß das für die Beschuldigten: Knast oder Untergrund. Welcher Weg für sie der richtige ist, können nur sie selbst entscheiden.

In vollster Solidarität und Mitgefühl denken wir an die Beschuldigten, ihren Angehörigen und Freund:innen. 

Wir lassen euch nicht allein.

Bis ihr alle wieder frei seid,

bis alle Knäste in Schutt und Asche liegen.

Soweit bis jetzt. Aktuelle Informationen gibt es auf basc.news und unseren Social-Media-Kanälen.

Freiheit für alle inhaftierten und untergetauchten Antifaschist:innen!

Bundesvorstand der Rote Hilfe e.V.

20.01.2025 | Pressemitteilung https://rote-hilfe.de/meldungen/keine-auslieferung-nach-ungarn-rote-hilfe-fordert-ende-der-verfolgung-gegen

Keine Auslieferung nach Ungarn: Rote Hilfe fordert Ende der Verfolgung gegen Antifaschist*innen

Am heutigen Montag, 20. Januar 2025, stellten sich sieben Antifaschist*innen zeitgleich den Behörden, nachdem sie zuvor fast zwei Jahre lang untergetaucht gewesen waren. Vorgeworfen werden ihnen körperliche Auseinandersetzungen mit Nazis im so genannten Budapest-Komplex. Den sieben Aktivist*innen, die umgehend in Untersuchungshaft genommen wurden, drohen hohe Haftstrafen und nicht zuletzt eine Auslieferung an Ungarn.

Konkret beschuldigt werden sie, sich im Februar 2023 an den Protesten gegen das NS-verherrlichende Nazi-Großevent „Tag der Ehre“ in Budapest beteiligt zu haben. Am Rand der Veranstaltung war es zu körperlichen Auseinandersetzungen mit mehreren bekannten Neonazis gekommen. Drei Antifaschist*innen wurden damals in Budapest mit diesen Vorwürfen verhaftet, und gegen weitere fahnden die ungarischen Behörden seither mit europäischen Haftbefehlen. In Ungarn drohen den Aktivist*innen offen politische Gerichtsprozesse, die jedem Minimalanspruch an Rechtsstaatlichkeit Hohn sprechen, und bis zu 24 Jahre Haft unter menschenunwürdigen Bedingungen. Deshalb sind viele Beschuldigte untergetaucht, um dieser Verfolgung zu entgehen.

Im Gegensatz zur italienischen Justiz, die angesichts der Zustände in Ungarn keine Staatsbürger*innen mehr ausliefert, leisten die deutschen Behörden bereitwillig Schützenhilfe: Sie überziehen nicht nur die gesuchten Antifaschist*innen, sondern auch ihr politisches und soziales Umfeld und ihre Familien mit Repression. Systematisch werden dabei selbst grundlegende Rechte ausgehebelt und offen gegen Minimalstandards verstoßen wie im Fall von Maja: Die non-binäre Person, die ebenfalls im Budapest-Komplex beschuldigt ist, wurde im Juni 2024 nach Ungarn ausgeliefert, obwohl der Anwalt Rechtsmittel eingelegt hatte und offensichtlich war, dass Maja im queerfeindlichen Ungarn lebensbedrohlichen Gefahren ausgesetzt ist.

Gerade die Auslieferung wurde und wird von den deutschen Repressionsorganen gezielt eingesetzt, um die Aktivist*innen und ihr Umfeld zu erpressen. Bereits vor über einem halben Jahr hatten die Anwält*innen der sieben Antifas, die sich heute gestellt haben, der Bundesanwaltschaft (BAW) mitgeteilt, dass die Beschuldigten sich stellen würden gegen die Zusicherung, nicht an Ungarn ausgeliefert zu werden. Dieses Angebot lehnte die BAW ab und forderte im Gegenzug von den Aktivist*innen, auf grundlegende Rechte als Angeklagte zu verzichten und ein umfassendes Geständnis abzulegen. Damit machte sie deutlich, dass sie die brutalen Verfolgungsmaßnahmen des rechten Orbán-Regimes gerne nutzt, um die hiesige antifaschistische Bewegung massiv einzuschüchtern und Strukturen zu zerschlagen. Selbst wenn Prozesse hier geführt werden, schreckt die Justiz selbst vor den absurdesten Vorwürfen nicht zurück: So ist die Nürnbergerin Hanna, die ebenfalls an den antifaschistischen Aktionen in Budapest beteiligt gewesen sein soll, vor dem Oberlandesgericht München wegen versuchten Mordes angeklagt.

Trotz dieser Umstände entschieden sich sieben der Untergetauchten nun zu einem selbstbestimmten gemeinsamen Schritt: Am späten Vormittag des 20. Januar stellten sich die Antifaschist*innen zeitgleich in Hamm, Köln, Kiel und Bremen und werden demnächst den Haftrichter*innen vorgeführt.

„Wir stehen solidarisch an der Seite der sieben Genoss*innen, die sich entschlossen haben, aus der Illegalität zurückzukehren – ebenso wie unsere Solidarität allen gilt, die sich weiterhin dem hemmungslosen staatlichen Verfolgungseifer entziehen“, erklärte Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. „Die Hatz der Repressionsorgane gegen Antifas und die Drohung mit Auslieferungen müssen ein Ende haben! Wir fordern sofortige Zusicherungen, dass die Aktivist*innen nicht an Ungarn überstellt werden. NoExtradition – Freiheit und Glück für alle inhaftierten und untergetauchten Antifas!“

Artikel dazu siehe:

analyse & kritik Aktenzeichen XY abgetaucht

Die ungarische Polizei fahndet international nach Antifaschist*innen – in Deutschland basteln sich die Behörden eine neue RAF Von Carina Book https://www.akweb.de/bewegung/aktenzeichen-xy-abgetaucht-ungarn-fahndet-international-nach-antifaschistinnen-deutschland-hilft-mit/

ND Sieben gesuchte Linksradikale stellen sich der Polizei

Wegen Angriffen auf Neonazis verdächtigte Antifas wollen Auslieferung nach Ungarn entgehen – doch Behörden mauern von Matthias Monroy https://www.nd-aktuell.de/artikel/1188367.budapest-komplex-sieben-gesuchte-linksradikale-stellen-sich-der-polizei.html

TAZ Sieben gesuchte Linke stellen sich

Seit zwei Jahren waren neun deutsche Linke abgetaucht, die in Budapest Neonazis attackiert haben sollen. Nun haben sich sieben der Polizei gestellt. https://taz.de/Nach-Attacken-auf-Rechtsextreme/!6063116

JW Lieber hier im Knast

Sieben Antifaschisten stellen sich deutschen Behörden. Sie sollen 2023 Neonazis in Budapest angegriffen haben. Auslieferung nach Ungarn droht Von Marc Bebenroth https://www.jungewelt.de/artikel/492272.budapest-komplex-lieber-hier-im-knast.html