Der 10.000 – Euro Prozess Eine Staatsanwaltschaft rudert zurück

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Am 20.10.2021 fand im Amtsgericht Hannover im Saal 2208 ab 12 Uhr 30 eine Berufungsverhandlung wegen schwerer Körperverletzung statt. Erstinstanzlich waren eine 26 jährige Frau und ein 29 jähriger Mann beschuldigt worden, durch Zündung von Pyrotechnik während einer Demo am 21. November 2020 auf dem Opernplatz in Hannover einen im Einsatzwagen sitzenden jungen Polizeibeamten zum Husten gebracht und eine 55 jährige Passantin einer Rauchwolke ausgesetzt zu haben, so dass diese nach ihrer Angabe mehrere Tage Halsschmerzen gehabt hatte. Ein ärztliches Attest konnte nicht vorgelegt werden. Der erste Prozess wirbelte einigen Staub auf, denn die jungen Genoss*innen waren zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von circa 10 000 € verurteilt worden.

Zum Prozesstag waren drei Zeugen geladen worden, keiner von ihnen konnte eine Täteridentifizierung erbringen, selbst die 55jährige Frau nicht, die die beiden Angeklagten bei der Einsatzpolizei vor knapp einem Jahr denunzierte hatte. Heute gab sie an, sie habe die beiden während der Demo nur von hinten gesehen, heute saß sie nur wenige Meter entfernt vis-à-vis und zuckte mit den Schultern. Als der Staatsanwalt seine Felle davonschwimmen sah, bat er noch vor Anhörung der dritten Zeugin, einer Polizeibeamtin namens Wettig, um eine Prozessunterbrechung und bot einen Deal an, die Geldstrafe stürzte von 10 000 € auf 500 €, der Richter schaltete sich ein und schlug 80 € vor. Solche Ungeheuerlichkeiten spielen sich in deutschen Gerichtssälen ab.

Aber es wurde sowohl von den Angeklagten als auch von ihren Rechtsanwälten nicht eingewilligt, die Tendenz ging eindeutig in Richtung Freispruch, denn eine Eintragung ins Strafregister kann dadurch vermieden werden und muss nach Rechtslage auch vermieden werden. Ein Urteil wurde heute noch nicht verkündet, da die drei Zeugen heute im Grunde nichts zur Aufklärung des Tatherganges beibringen konnten außer der Angabe, es habe sich um schlanke “Täter“ gehandelt. Das war das Ergebnis einer zweistündigen Verhandlung. Nun ist eine Weiterführung des Prozesses vorgesehen mit der Anhörung von vier weiteren Zeugen, die aber noch weiter vom Schuss weg waren als die heute Vernommenen. Die Verhandlung ist angesetzt auf den 9. November 2021, 9 Uhr, die Saalnummer ist noch offen.