Der 08. März 2021, der internationale Frauentag, die Frauen der Roten Hilfe

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      Den Internationalen Frauentag 2021

    nehmen wir zum Anlass,

        zum einen die Demonstration zu grüßen

          und den Frauen,

    Lesben, Intersex, Nicht-Binäre, Trans-Personen und Agender

     unter unseren Mitgliedern nahezulegen, daran teilzunehmen,

      zum anderen an die Frauen der Roten Hilfe zu erinnern.

 

 

 

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Der 8. März ist der internationale feministische Kampftag. Auf der ganzen Welt gehen Frauen und queere Gruppen auf die Straße, um ihre Solidarität zu feiern und gegen die bestehende patriarchale Herrschaft zu protestieren.

Weltweit wurde hierzulande schon vieles erstritten – vom Zugang zu Bildung, dem Frauenwahlrecht, der Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe und der „Nein heißt Nein“-Gesetzgebung bis hin zur „Ehe für Alle“ sowie der Einführung der dritten Geschlechtsoption. Trotzdem, und das laut offizieller Studie des Bundesministeriums für Familie etc.: „Jede dritte Frau in Deutschland ist mindestens einmal in ihrem Leben von physischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffen. Etwa jede vierte Frau wird mindestens einmal Opfer körperlicher oder sexueller Gewalt durch ihren aktuellen oder früheren Partner. Betroffen sind Frauen aller sozialen Schichten.“

siehe auch: Antisexistisches Engagement gegen einen übergriffigen Lehrenden – Spendenaufruf

Doch selbst der Status Quo ist nicht sicher: Sexistische Haltungen brechen sich wieder Bahn in der Öffentlichkeit, eng verwoben mit Rassismus und Antisemitismus.

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Die Folgen der Covid-19-Pandemie werden auf die gesellschaftlichen Gruppen abgewälzt, die sich am wenigsten wehren können: die Anzahl der Fälle häuslicher Gewalt steigt, Pflegekräfte sind überlastet, die Isolation trifft Menschen in den unsichersten Lebenssituationen am härtesten darunter sind insbesondere MigrantInnen, Frauen, Trans, Inter und Genderqueere von den Konsequenzen hart betroffen.

Ganz abgesehen davon, dass Abtreibungen in Deutschland immer noch illegal sind. Obendrein wird auch jegliche Information über Abtreibungen kriminalisiert.

“Keine Sonderrechte, sondern Menschenrechte” – mit diesem Slogan warb Clara Zetkin (die spätere Vorsitzende der Roten Hilfe) gemeinsam mit Käte Duncker 1910 auf dem II. Kongress der Sozialistischen Internationale in Kopenhagen für die Gleichberechtigung von Frauen. Sie forderte die Einführung eines Frauen-Kampftages ganz nach dem Vorbild der Frauenrechtsbewegungen in den USA.

Seit dem gibt es jährlich Aufrufe am internationalen Frauentag, überall auf der Welt.

 

Hier der Aufruf zur Demonstration in Hannover 2021:

Aufruf für Hannover2

solidarisch * radikal * intersektional

Demonstration für Frauen, Lesben, Intersex, Nicht-Binäre, Trans-Personen und Agender

Mitten in der Pandemie und im Lockdown sind wir oft vereinzelt, einsam und auf unsere häuslichen Bezüge zurückgeworfen. Für viele FLINTA*Personen bedeutet das zusätzliche unbezahlte Care- und Emo-Arbeit, finanziell schwierige Bedingungen, weil Frauen immer noch nicht genauso viel verdienen wie Männer, und eine stärkere Bedrohung durch häusliche und sexualisierte Gewalt. Gleichzeitig wird deutlich: Care-Arbeit hält die Gesellschaft zusammen und ist unverzichtbar. Man(n) kann aufhören, Autos zu bauen, aber wir können nicht aufhören, Menschen zu pflegen, Essen zu kochen und füreinander da zu sein. 

Wir wollen einen gesellschaftlich verantwortlichen Umgang mit der Pandemie und das Ende der patriarchalen Verhältnisse! Lasst uns dieser Krise gemeinsam, entschlossen und vor allem feministisch entgegentreten!

Um auch in der Pandemie handlungsfähig zu sein, wird es dezentrale Kundgebungen mit verschiedenen Themen geben, die den feministischen Kampftag in der ganzen Stadt sichtbar machen sollen. Sollte es möglich sein, treffen wir uns um 18:00 Uhr zur gemeinsamen Abschlusskundgebung am Ni una menos Platz / Goseriede.

      16:00 Uhr Goseriede / Ni Una Menos Platz 

Klimabewegungs-Fahrrad-Demo

Es gibt keine Klimagerechtigkeit ohne Feminismus! Also schnappt euch euer Fahrrad und kommt mit uns auf die Straße gegen ausbeuterische Verhältnisse. Gemeinsam sind wir stark.

      16:00 Uhr vor dem Henriettenstift (Marienstr.)

Weltweit kämpfen FLINTA* für reproduktive und sexuelle Selbstbestimmung, gegen die Fremdkontrolle über ihre Körper. In Polen wurde ein quasi Abtreibungsverbot beschlossen. In Argentinien gibt es dagegen Erfolge zu feiern. Auch hier in Deutschland ist es höchste Zeit, dass die Paragraphen 218 und 219 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden! Der Kampf gegen das Verbot von Abtreibung ist international!

      16:00 Uhr Küchengartenplatz

Die Pandemie verschärft die Situation für viele Personen, die von der Gesellschaft und Politik häufig vergessen werden, zum Beispiel Wohnungslose und Sexarbeiter*innen. Weil patriarchale Strukturen FLINTA* immer noch und überall in Bedrängnis bringen, brauchen wir feministischen Support! Wir stehen zusammen als und mit FLINTA*, die soziale Ausgrenzung erleben. Auf die Straße für ein starkes, solidarisches Netzwerk!

      16:00 Uhr Lutherkirche 

Insbesondere in den Zeiten der Corona Pandemie zeigt der Kapitalismus seine zerstörerische Kraft. Er wird durch die patriarchale und rassistische Ungleichheit aufrechterhalten. Der Kampf für die Gleichstellung der Geschlechter kann nur antipatriarchal, antirassistisch und antikapitalistisch geführt werden!

      16:00 Uhr Lister Platz 

BIPoC Demo

Der gemeinsame Kampf gegen Rassismus ist und bleibt intersektional feministisch!

       18:00 Ni una menos Platz / Goseriede

Abschlusskundgebung

Lasst uns alle am Ni una menos Platz, den wir uns letztes Jahr angeeignet haben, zusammenkommen und unsere Kräfte bündeln. 

 Kontakt: feministisch_streiken@riseup.net

 

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Frauen in der Roten Hilfe

Es ist kaum möglich, zu Frauen der Roten Hilfe in der Kürze etwas Allgemeines zu schreiben, zu unterschiedlich sind die einzelnen Biographien, die Herkunft, die Tätigkeiten und Motivationen. Einige von ihnen sind allgemein bekannt wie Clara Zetkin, andere weniger wie Mentona Moser, die ihr Erbe für ein Kinderheim der RH in der Sowjetunion spendete und später eine große Gefangenenbibliothek in Berlin mit aufbaute, die Münchner Anwältin Elisabeth Kohn, SPD – Mitglied und Mitbegründerin der RH oder Elisabeth Jäger, die wie viele ihrer Genossinnen als Jugendliche Familien Inhaftierter unterstützte und Geld sammelte. Andere sind heute noch kaum bekannt wie die Künstlerin Helen Ernst oder die Tänzerin und Schriftstellerin Jo Mihaly. Weitgehend unbekannt geblieben sind die vielen Arbeiterinnen und Hausfrauen, die die alltägliche Arbeit der RH mittrugen. Sie kamen also aus allen Bereichen der Gesellschaft, waren Hausfrauen, Arbeiterinnen, Akademikerinnen und Künstlerinnen und sie arbeiteten in allen Ebenen der RH, an der Basis wie als Funktionärinnen.

Die RH wandte sich lange nicht ausdrücklich an Frauen und bearbeitete außer 3der großen Kampagne zur Verteidigung von Dr. Friedrich Wolf und Frau Dr. Kienle, die aufgrund des Abtreibungsparagraphen 218 verfolgt wurden, keine frauenspezifischen Themen. Die jährlich geschätzten 1.000.000 illegalen Schwangerschaftsabbrüche sowie die 20.000 aufgrund des Abbruchs verstorbenen Frauen und die ca. 6.000-7.000 Verurteilten veranlassten die RH den Kampf gegen den § 218 aufzunehmen. Dabei setze sich die RH für die Abschaffung des Paragraphen und eine Amnestie aller aufgrund von Abtreibungen verfolgten Frauen, Ärztinnen und Ärzten ein.

Der Frauenanteil der RH war mit ca. einem Fünftel und bis 1932 mit 26,7 % der Mitgliedschaft relativ hoch im Vergleich zu allen Organisationen der Arbeiterbewegung. In den Leitungsebenen waren jedoch nur wenige Frauen zu finden.

Alle haben sich dabei mehr oder weniger auch mit den patriarchalen Strukturen der Arbeiterbewegung und den der männlichen Genossen herum schlagen müssen. Clara Zetkin benannte das Problem: „In der Theorie sind die Genossinnen schon gleichberechtigt, in der Praxis hängt der Philisterzopf den männlichen Genossen noch ebenso im Nacken wie dem ersten besten Spießbürger.“

Beispielhaft dazu die Diskussionen auf der 1. Reichskonferenz des „Rotfrontkämpferbund“ (RFB): Es war zu Auseinandersetzungen über die Frauen im RFB gekommen, die z.T. hohe Funktionen innehatten. Sowohl Argumente für den Verbleib der Frauen im RFB als auch die dagegen zeigen, wie immer noch ein tief im bürgerlichen verhaftetes Denken im Verhältnis zu Frauen innerhalb der kommunistischen Bewegung vorhanden war. Für den Verbleib von Frauen im Bund wurden z.B. angeführt die Verwendbarkeit im Sanitätsdienst sowie die möglicherweise steigende Anziehungskraft des Bundes. Dagegen eingewandt wurde u.a. eine Zersetzung der “Manneszucht” durch Frauen sowie eine angeblich erwiesene geringe politische und nervliche Standhaftigkeit der Frau. Letzten Endes kam es zur Gründung der Organisation „Roter Frauen- und Mädchenbund“ (RFMB), deren 1. Vorsitzende Clara Zetkin wurde. Die gesamte Arbeit lag in den Händen von Helene Overlach, die als 2. Vorsitzende gewählt wurde. Als Leiterin der Frauenabteilung des ZK der KPD spielte Helene Overlach auch eine entscheidende Rolle bei der inhaltlichen Konzeption und organisatorischen Entwicklung der so genannten Frauendelegiertenbewegung, durch die auch sozialdemokratische Frauen angesprochen werden sollten. Arbeitsfelder der Bewegung waren z. B. der §218 oder die Unterstützung von Streiks und Anti-Teuerungskampagnen. Ab 1933 arbeitete Helene Overlach als Bezirksleiterin der Roten Hilfe im Ruhrgebiet. Verbunden ist ihr Name aber vor allem mit der Frauenpolitik der KPD, z.B. der Durchsetzung des 08. März als Internationaler Frauentag.

Am 28. März 1928 erklärte Clara Zetkin auf einem Kongress der sowjetischen Roten Hilfe MOPR: „Den Frauen wird nachgerühmt, dass die Mutterschaft sie besonders empfindsam und mitfühlend für Leiden und Dulden macht. Schaffende Frauen! Beweist eure warmherzige menschliche Mütterlichkeit. […] Sie eröffnet euch ein fruchtbares Tätigkeitsfeld, sie ermöglicht euch den Nachweis, dass euer Verstehen weitreichender, euer Herz größer und heißer, euer Wollen und Handeln kraftvoller ist, als es das Wirken in dem engen Familienheim erfordert. […] MOPR-Sache ist Frauensache!”

In ihrem Aufruf an die Frauen in der RH mitzuarbeiten betonte Clara Zetkin trotz ihres ansonsten formulierten Gedankens der Gleichheit von Frauen („Die Gleichheit“ hieß die von ihr und Emma Ihrer herausgegebene Zeitschrift, die als Organ des Internationalen Frauenbüros die proletarische Frauenbewegung stärken sollte) die unterstützenden Aufgaben wie Sammeltätigkeiten und dem Schreiben an Gefangene oder deren Angehörige und Familien zu besuchen.

Tatsächlich war es wohl, wie der Historiker Hans – Jürgen Arendt zur Rolle der Frauen in der Arbeiterbewegung feststellt: „Der Anteil der Frauen lag umso höher, je mehr diese Organisationen neben propagandistischen und agitatorischen Zielsetzungen sowie der Pflege ihres Organisationslebens praktische solidarische Aufgaben im Rahmen des proletarischen Kampfes verfolgten“. „Die Rollenmuster wurden nur dann unterbrochen, wenn es um die öffentliche Demonstration der politischen Emanzipation der Frau in der Arbeiterbewegung ging, wie sie von Clara Zetkin und Jelena Stassowa nicht nur propagiert, sondern persönlich praktiziert wurde. Frauen erschienen auch dann in exponierten Positionen, wenn sie als Unterstützerinnen oder Sachverständige gebraucht wurden, wie bsp. Mentona Moser und Meta Krauss – Fessel zeigen.“ Meta Krauss Fessel, als erste Frau Beamtin im preußischen Ministerium für Volkswohlfahrt als Regierungsrätin, hatte sich im Streit um das Kinderheim Barkenhoff engagiert und die Broschüre „Polizei gegen Kind und Kunst“ geschrieben, später dann zusammen mit Werner Hirsch die Broschüre „Der Leidensweg Erich Mühsams“ verfasst.

Auch eine bedeutende Vorläuferorganisation der RH, die Münchener Frauenhilfe für politische Gefangene, arbeitete nach diesem Muster der Unterstützung von Frauen für den männlich konnotierten Klassenkämpfer. Nachdem die Münchner Räterepublik im Frühjahr 1919 zerschlagen worden war, waren viele Arbeiter getötet oder saßen im Gefängnis und deren Familien waren weitgehend mittellos. Um diesen in ihrer Not zu helfen gründeten Fanny Hagemeister und Rosa Aschenbrenner die Frauenhilfe und versorgten auch die gefangenen Räterepublikaner “mit Nahrungsmitteln, Kleidern, Barmitteln, Rauchwaren usw.” Anfangs auch getragen von der SPD und dem Gewerkschaftsbund wurde diesem aber der KPD – Bezug zu stark und 1923 die Frauenhilfe aufgelöst. Rosa Aschenbrenner arbeitete von da an als Organisatorin der RH weiter.

In der RH setzte sich dieses Muster fort. Nur vereinzelt sind Frauen als Angeklagte von der RH unterstützt worden, vor allem gehörten sie als Ehefrauen politischer Gefangener und als Familienmütter zur Zielgruppe der Organisation. Auch wenn die tatsächliche Leitung der RH anfangs in den Händen von Jelena Stassova lag und trotzdem Erna Halbe als Mitglied der Leitung der RH mit der Parole: “Politischer Gefangener zu sein, ist keine Schande, sondern eine proletarische Ehre” gegenzusteuern versuchte, gelang es nicht immer, Frauen zu mobilisieren, oft spielte dabei eine Rolle, dass es weitgehend als Schande angesehen wurde, einen Mann im Gefängnis zu haben, einen „Sträfling“. Besondere Ausnahmen sind Trude Hoelz und Zenzl Mühsam, die bei den Kampagnen zur Unterstützung ihrer Ehemänner bei öffentlichen Versammlungen und Kundgebungen sprachen.

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Maria Krüger fing genau in diesem oben beschriebenen Sinn mit der Arbeit in der RH an: „Die Arbeit in der Roten Hilfe sagte mir am meisten zu: An Gefangene, die keinerlei persönliche Beziehungen zu anderen Menschen außerhalb des Gefängnisses haben, zu schreiben, bei anderen die Verbindung zur Familie wieder herzustellen und vor allem, sich um die Familien zu kümmern, dort zuzugreifen und zu helfen oder bei großer Armut, Lebensmittel, Kleider und Sonstiges, besonders für heranwachsende Kinder zu organisieren u.ä.“ Im Weitern politisierte sie sich jedoch nachdrücklich und blieb bis zu ihrem Tod politisch in der kommunistischen Bewegung aktiv. So „lernte ich auch, dass unser Tun hier nicht einfach caritative Hilfe für Unglückliche beinhaltete, sondern dass sie immer verbunden war mit der Weitergabe von Hoffnung, von einem starken Zusammengehörigkeitsgefühl, von der Gewissheit, damit zur endgültigen Überwindung des Elends beizutragen, dem Recht auf der Seite der Unterdrückten – eben Solidarität!“

Ein weiteres wichtiges Erlebnis war ein Streik Anfang der 1930er Jahre. „Hier begriff ich, was Klassenkampf ist und was Solidarität bedeutet und bewirken kann, – und welche Verpflichtung deshalb auf uns liegt. Erst in der Aktion selbst habe ich erfahren, worin sich proletarische Solidarität von mitfühlender, caritativer Hilfe unterscheidet: In der völligen Auflösung der Situation Geben und Nehmen! Beide Seiten sind Kämpfer desselben Kampfes, nur an verschiedenen Abschnitten und beide verändern sich selbst während der Aktion.“

Die Abgrenzung zur „stinkenden Wohlfahrt“, wie Mentona Moser die bürgerlichen caritativen Organisationen und Institutionen nannte, war der RH wichtig. Trotzdem ihre Arbeit im Konkreten sich in einigem ähnelte, auch wenn sie eingebettet war in den Zusammenhang des Klassenkampfes, traf sie dadurch nicht nur die klassischen Bereiche der weiblichen Zuschreibungen, sondern bewegte sich auch in den vorwiegend weiblichen Lebensbereichen. Hausfrauen kannten die Lebensmittelhändler, bei denen sie um Spenden nachkommen konnten, als Hausfrauen hatten sie eher Zeit, Angehörige von Gefangenen zu besuchen, sie kannten ihre Viertel und waren daher oft als Kassiererinnen eingesetzt. Diese Netzwerke von kleinen lokalen Gruppen waren oft von Frauen getragen. Ein weiterer Punkt mag durchaus auch sein, dass Frauen sich nicht gerne in den Kneipen, den üblichen Treffpunkten also, aufhielten und endlos herumpolitisieren mochten, sondern eine konkrete Tätigkeit mit sichtbaren Erfolgen im lokalen Bereich für sinnvoller erachteten.

Erst spät wurden Frauen gezielt für die Arbeit in der RH angesprochen. Nick Brauns dazu: „Eine Frauenkommission beim Zentralvorstand leitete Anfang der 30er Jahre den Aufbau von Frauenaktivs der Roten Hilfe. Neben der Beteiligung an den allgemeinen Aktivitäten der Roten Hilfe stellten die “Frauenaktivs” Forderungen wie die Amnestierung der Opfer des Abtreibungsverbotsparagraphen 218 in den Vordergrund und hielten eigenständige Frauenversammlungen ab, auf denen bevorzugt Frauen politischer Gefangener sprachen. Wo Frauen an der Basis gezielt gefördert wurden, gehörten sie zu den aktivsten Mitgliedern und übernahmen örtliche Führungsfunktionen.“

Später in der Zeit der Illegalität funktionierten diese Gruppen immer noch, z.B. bei der Unterbringung und Fluchthilfe für gefährdete Personen. Besonders zu dieser Zeit übernahmen Frauen wichtige Funktionen in der Aufrechterhaltung der Arbeit. Dabei konnten sie darauf setzen, dass die Faschisten sie als Frauen oft nicht ernst nahmen. Minna Fritsch, Kassiererin für die Rote Hilfe in Berlin übernahm z. B. noch in hohem Alter die gefährliche Aufgabe als Kurierin und hielt von Prag aus Kontakt zu einem Netz in Berlin: „mich olle Frau hält doch niemand für eine Widerstandskämpferin“ sagte sie später über diese Zeit.

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Ottilie Pohl stieß 1933 zu einer illegalen Gruppe der RH in Moabit um Rosa Lindemann und Martha Krüger. Diese Gruppe bestand vor allem aus Frauen und tarnte sich als Kaffee- und Nähkränzchen. Die AktivistInnen trafen sich in ihren Wohnungen oder in Gartenlauben der Schrebergärten von Roten HelferInnen. Die Gruppe organisierte die Betreuung von Kindern, von denen ein Elternteil verhaftet worden war oder untertauchen musste. Es wurden Geld, Lebensmittel und Kleidung gesammelt. Dafür veranstalteten die Frauen z.B. Kaffeenachmittage mit musikalischer Begleitung; das gesammelte Geld ging an die Rote Hilfe. „Einige unserer Frauen halfen den Männern, deren Frauen verhaftet waren, in der Wirtschaft und betreuten die Kinder. Wir hatten über dreißig Familien erfasst und konnten manches Leid lindern. Es war für uns eine besondere Freude zu hören, wie froh unsere Genossen in den Gefängnissen und Zuchthäusern darüber waren, dass wir uns um ihre Angehörigen kümmerten und sie umsorgten“, so Rosa Lindemann. Außerdem organisierten Frauen Verteilaktionen für illegale Schriften und Flugblätter. Auch die Unterstützung der Gefangenen und Untergetauchten selbst organisierten die Frauen. WiderstandskämpferInnen wurden in wechselnden Wohnungen versteckt, versorgt und weitergeschleust. Vor allem das Halten von Verbindungen war eine hochgefährliche Tätigkeit, da die Polizei versuchte, die illegalen Strukturen mit eingeschleusten Denunzianten zu zerschlagen. Einem dieser illegalen Kreise – vielleicht sogar dem mit Ottilie Pohl – gelang es noch 1935, eine 10-seitige Frauenzeitung der Roten Hilfe in einer Auflage von 1000 Stück restlos zu verkaufen.

„Im faschistischen Deutschland bezeichnet Diehls, der Leiter der preußischen Geheimen Staatspolizei die Frauen als die verstocktesten Staatsfeinde, weil sie trotz Folterungen nicht zu Denunzianten werden. Es sind die Frauen, die den Gerichtsvollzieher aus den Häusern und die provozierenden Nazis aus dem Wohlfahrtsamt verjagen. Auf den Märkten kommt es vielfach infolge der ungeheuerlichen Verteuerung der Lebensmittel zu Unruhen, bei denen die Frauen eine führende Rolle spielen. Die proletarischen Hausfrauen stellten im Ruhrgebiet eine Delegation zusammen und verlangten in den Betrieben für ihre Männer Lohnerhöhung. Frauen verhindern Verhaftungen und verlangen die Freilassung ihrer Männer. So in Berlin und Breslau, wo die Frauen der Polizei einen verhafteten Lehrling und Markthändler entrissen. In Berlin konnte in einem Betrieb die Polizei eine Kommunistin nicht verhaften, weil die Arbeiterinnen mit Streik drohten. Im Rheinland zogen 40 Frauen vor das Landratsamt und forderten die Freilassung ihrer Männer. In einem anderen Ort erzwangen 60 Frauen mit ihren Kindern durch eine Demonstration die Freilassung von 40 Gefangenen. In Freiburg erreichten Frauen die Freilassung einer Kommunistin.“ (Frauen in der Solidaritäts- und Kampffront!, Mopr-Verlag Zürich 1934)

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Viele Frauen mussten ins Exil gehen, viele bezahlten ihr Engagement mit langer Haft oder dem Tod. Auch in den vielen Lagern gelang es den Frauen, widerständige Kreise aufzubauen, ihre Leidensgenossinnen zu unterstützen und ihre widerständige Haltung aufrechtzuerhalten. Viele kehrten aus den Lagern nicht zurück. Viele der Überlebenden fanden immer noch die Kraft, sich einem Neuaufbau zu widmen, in unterschiedlicher Weise und in beiden deutschen Staaten.

Es fallen uns noch viele Frauen ein, die hier keine Erwähnung finden können. Ist in der Geschichtsschreibung die Rote Hilfe selbst nur wenig untersucht worden, so gilt das in besonderem Masse für die Frauen – wie es ja allgemein in der Geschichtsschreibung immer noch der Fall ist. Erst langsam kommt die eigenständige Arbeit von Frauen in den Blick, so sind – um nur eine Auswahl zu nennen –  einige Bücher erschienen, z.B. über Margarethe Hardegger, Amalie Pinkus de Sassi, oder Meta Krauss Fessel („Gelebte Emanzipation“) in denen auch ihre Arbeit für die RH eine Rolle spielt. Im von Sabine Hering und Kurt Schilde herausgegebenen Buch „Die Rote Hilfe. …“ werden Jelena Stassowa, Rosa Aschenbrenner, Ella Ehlers und Mentona Moser vorgestellt. Unter anderem von Mentona Moser und Jelena Stassova liegen die Lebenserinnerungen vor, über die im „Internationalen Sozialistischen Kampfbund“ organisierte Nora Platiel, die als Rechtsanwältin Gefangene verteidigte und Gutachten für die RH schrieb, haben Helga Haas-Rietschel und Sabine Hering eine Biographie verfasst.

Fast durchgehend kommt in den Biographien zum Ausdruck, dass die Frauen sich durchaus nicht auf „Unterstützerinnen“ reduzieren lassen, ihre selbständige Haltung, ihr Einfallsreichtum in der politischen Aktion und ihre Eigenständigkeit sind beeindruckend und wegweisend.

Zum Weiterlesen siehe: Zeit zum Lesen? Bücher für Rote Helfer_innen und auch andere

und: Margarethe Faas-Hardegger – Solidarität verbindet