Vor fast 28 Jahren, zum 26.11.1993, wurde das kurdenfeindliche,
rassistische und kriminalisierende PKK-Betätigungsverbot erlassen. Die
BRD erließ als erster EU-Staat ein solches Verbot, um kurdische
Aktivistinnen zu kriminalisieren und die Freiheitsbewegung Kurdistans zu
diffamieren. Auf dieser rechtlichen Grundlage wurden etliche Kurdinnen
inhaftiert und versucht eine ganze Community mundtot zu machen. So
werden z.B. immer wieder kurdische Selbstorganisation und Aktivitäten,
bis hin zu Feierlichkeiten wie dem Neujahresfest Newroz, verboten oder
eingeschränkt. All dies basiert auf der besonderen Beziehung zwischen
der BRD und der Türkei, die sich über Jahrzehnte erstreckt. Allgemein
probiert der deutsche Staat „alles was kurdisch ist” zu stigmatisieren
und zu kriminalisieren. 1994 führte dies zur Ermordung Halim Deners in
Hannover durch einen deutschen Polizisten. Die Formel „Kurde = PKK =
Terror” soll nicht nur die Freiheitsbewegung Kurdistans diffamieren,
sondern alle fortschrittlichen demokratischen Kräfte – Insbesondere die
radikale Linke – von der Freiheitsbewegung Kurdistans spalten.
Während die NATO über die Türkei versucht, auch mit Einsatz verbotener
Waffen ihre undemokratischen Ziele durchzusetzen, ist die PKK eine
reelle Kraft im Mittleren Osten geworden. In Kurdistan und darüber
hinaus ist sie ein Hoffnungsschimmer für die unterdrückten Völker. Sie
ist die treibende Kraft hinter der Revolution in Rojava und für
Demokratie, Ökologie und Geschlechterbefreiung in der Region. Diese
Realität gilt es anzuerkennen und das PKK-Verbot in Deutschland endlich
aufzuheben. Der Krieg in Kurdistan und das Verbot der PKK geht uns alle
etwas an!
Wir schließen uns der Initiative “Verbot aufheben” an, die dazu aufruft,
im Rahmen einer Aktionswoche vom 22. bis 27. November gegen das
PKK-Verbot und für eine breite zivilgesellschaftliche Solidarität für
die Entkriminalisierung der PKK tätig zu werden und am 27.11.2021 an
einer bundesweiten Demonstration in Berlin teilzunehmen.
Gruppen, die den Aufruf zur Demonstration unterzeichnen wollen, können
sich unter info@verbot-aufheben.de
an die Initiative wenden. Angesprochen sind alle demokratischen Kräfte.
Es werden auch aus Hannover Busse nach Berlin zur bundesweiten
Demonstration fahren.
Wer mitkommen möchte, kann gerne NAV-DEM Hannover anschreiben: NAV-DEM_Hannover@posteo.de
Am 26. November 1993 verhängte der damalige Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) ein Betätigungsverbot für die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die Nationale Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) sowie für Dutzende Kulturvereine, eine Nachrichtenagentur und einen Verlag. Unmittelbarer Anlass war, dass – in Reaktion auf das von der türkischen Armee als Racheakt an der Zivilbevölkerung verübte Massaker von Licê mit 16 Toten – bei europaweiten Demonstrationen türkische Einrichtungen angegriffen worden waren, und dies der PKK angelastet wurde. Tatsächlich war das Verbot in enger Zusammenarbeit zwischen der deutschen und türkischen Regierung von langer Hand vorbereitet worden.
Seit dem Verbotserlass werden nirgendwo außerhalb ihrer Heimatgebiete politisch aktive Kurdinnen und Kurden einer so systematischen Repressions- und Kriminalisierungspolitik ausgesetzt wie in Deutschland. Das PKK-Verbot schränkt nicht nur die politischen Teilhaberechte der kurdischen Community hierzulande massiv ein, sondern stellt auch ein Hindernis für eine politische Lösung der kurdischen Frage im Allgemeinen dar. Eine Berliner Initiative findet daher, dass die Zeit für eine Neubewertung der PKK längst gekommen ist, und ruft anlässlich des 28. Jahrestags der Verbotsverfügung zu einer bundesweiten Demonstration und Aktionswoche im November auf:
PKK-Verbot aufheben! Krieg beenden – politische Lösung fördern!
Im November werden 28 Jahre vergangen sein, dass die damalige Bundesregierung das Betätigungsverbot der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) erlassen hat. Dieses Verbot wurde seither von der deutschen Politik nicht nur fortgesetzt, sondern konstant verschärft. Gegenwärtig befinden sich zehn kurdische Aktivisten als politische Gefangene in deutscher Haft. Allgemein gab es in den Jahren 2016 bis 2020 insgesamt 786 Ermittlungsverfahren wegen Mitgliedschaft in der PKK und Unterstützung der Partei.
Die Dimension der politischen, kulturellen, aber auch physischen und psychischen Folgen dieser seit Jahrzehnten anhaltenden Repression gegen Kurd:innen ist beispiellos und betrifft inzwischen mehrere Generationen, die keine andere Realität ohne Verfolgung kennen. Diese Zeit ist geprägt von: Tausenden von Gerichtsverfahren, Hunderten von Festnahmen, zahllosen Razzien in Vereinen und Privatwohnungen, Einbürgerungsverweigerungen, Abschiebedrohungen, Widerrufungen des Asylstatus, Kurd:innen als Kronzeug:innen in sogenannten Terrorverfahren zu instrumentalisieren.
Kurdische Bevölkerung unter Generalverdacht
Diese beispielhafte Aufzählung ist ein Ausschnitt der bitteren Realität der hiesigen Bevölkerung, die unter Generalverdacht gestellt und seit langem für eine sich ständig verschärfende „Sicherheitsarchitektur“ instrumentalisiert wird. Betroffen sind letztlich alle, die sich der herrschenden Politik widersetzen und die beharrlich die Finger in die Wunden legen – seien es die deutschen Waffenlieferungen an den türkischen Staat, das stille Einverständnis der Bundesregierung mit den völkerrechtswidrigen Angriffen der Türkei auf Rojava/Nordostsyrien und Südkurdistan/Nordirak, die ausbleibende Reaktion auf die dramatische Verfolgung der demokratischen und Erdoḡan-kritischen Opposition oder die inhumane Vertragspolitik mit Ankara, zur Abschottung von Geflüchteten.
PKK wichtiger Stabilitätsfaktor in Nah- und Mittelost
Die kurdische Bewegung hat sich in den vergangenen Jahren als ein wichtiger Stabilitätsfaktor in der Region des Nahen Ostens erwiesen. Sie stellt ein Bollwerk gegen den Terror des sogenannten Islamischen Staates dar und ist gleichzeitig Organisatorin von basisdemokratischen, pluralistischen Selbstverwaltungsstrukturen, in denen Frauen und Frauenrechte eine zentrale Rolle spielen. Auch die in Deutschland lebenden Kurd:innen verteidigen diese fortschrittliche Politik und unterstützen durch ihre Aktivitäten die demokratie- und friedenspolitischen Bestrebungen der PKK als Lösungsweg für die kurdische Frage.
Kursänderung der Bundesregierung zwingend notwendig
Die PKK hierfür des „Terrorismus“ zu bezichtigen, ihre politische Arbeit zu sabotieren und Solidarität mit ihren legitimen Anliegen zu diffamieren, darf nicht länger staatliches Dogma bleiben. Eine klare Kursänderung im Verhältnis zur kurdischen Bewegung von Seiten der deutschen Bundesregierung ist deswegen dringend notwendig. In den vergangenen Jahren gab es in Europa diesbezüglich die ersten positiven Entscheidungen. Der Kassationshof in Brüssel hat am 28. Januar 2020 die Entscheidung des Revisionsgerichts vom März 2019 bestätigt, wonach die PKK keine „terroristische Organisation“, sondern eine Partei in einem bewaffneten Konflikt sei. Des Weiteren ist die PKK zwischen 2014 und 2017 zu Unrecht auf der EU-Terrorliste geführt worden. Das hatte der EuGH im November 2018 entschieden. Diese ersten kleinen Schritte sind wichtige und richtige Veränderungen in der europäischen Rechtsprechung gegenüber der PKK. Sie erkennen die kurdische Frage als Ergebnis eines historisch gewachsenen, gesellschaftlichen Problems an und brechen mit dem Dogma, den sogenannten „Kampf gegen den Terrorismus“ für jegliche politische Interessen unwidersprochen nutzen zu können. Das sind minimale Voraussetzungen, um eine politische Lösung der kurdischen Frage zu finden und den Krieg in Kurdistan endlich zu beenden.
Entkriminalisierung der PKK
Die Aufhebung des PKK-Verbots in der Bundesrepublik Deutschland, sowie die Streichung der PKK von der Terrorliste der EU wären weitere wichtige Schritte auf dem Weg von Dialog und Konfliktlösung für die kurdische Frage. Aufgrund dessen werden wir am 27. November 2021 in Berlin demonstrieren. Wir rufen zu einer breiten zivilgesellschaftlichen Solidarität für die Entkriminalisierung der PKK auf.
Kommt zur bundesweiten Demonstration am 27. November 2021 in Berlin. Diese findet im Rahmen einer bundesweiten Aktionswoche (22. bis 27. November) gegen das PKK-Verbot statt. Erkundigt euch, welche sonstigen Aktionen in euren Städten im Rahmen der Aktionswoche stattfinden und unterstützt diese. Genaue Informationen rund um die Demonstration sowie weitere Informationen rund um das PKK-Verbot in Deutschland findet ihr auf https://verbot-aufheben.de/