Aufruf zur solidarischen Prozessbegleitung

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      Am 02. Nov kommt es am Amtsgericht Hannover zur Hauptverhandlung gegen Aktivist*innen, welche Einspruch gegen Bußgeldbescheide eingelegt  haben. Ihnen wird vorgeworfen, am 11.04. auf der Limmerstraße in Hannover bei einer spontanen Kundgebung gegen die Corona-Allgemein-Verfügung verstoßen zu haben. Die Genoss*innen demonstrierten mit mund-Nase-Schutz, in Zweiergrüppchen mit Mindestabstand von bis zu 3 Metren und wurden dann von einem Großaufgebot der Polizei zusammengekesselt.

    Da das Versammlungsverbot verfassungswidrig war und die einzigen Menschen, die sich in der Situation rücksichtslos verhalten haben, Polizist*innen waren, wollen die meisten Betroffenen keine Strafe zahlen, sondern wehren sich dagegen vor Gericht.

    Für den Fall, dass aufgrund der Corona-Situation nur eine beschränkte Anzahl Personen mit ins Amtsgericht dürfen, freuen die Genoss*innen sich über Unterstützung vor dem Amtsgericht.

Amtsgericht Hannover, Volgersweg 1, 9:30 Uhr, Saal 2170, Altbau und 9:25 Uhr Saal 3014

 

 

Auf der Limmerstraße hatten am 11.04. 2020 spontan rund 30 Menschen gegen die EU-Flüchtlingspolitik und Corona-Bestimmungen protestiert. Die Polizei schritt mit einem Großaufgebot ein.

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Der Bericht vom EA Hannover vom13.04.2020 :

Pressemitteilung: Infektionsschutz und Meinungsäußerung müssen nicht im Widerspruch stehen

Abschaffung der Versammlungsfreiheit während der Corona-Pandemie

Hannover, Linden. Am 11. April 2020 brachte die Polizei sich, Passant*innen und Demonstrant*innen in Gefahr, als sie eine Protestaktion an der Limmerstraße gewaltsam unterband. Ungefähr 50 Demonstrierende hatten sich gegen 14 Uhr in Zweiergruppen mit Schildern, Plakaten und Transparenten auf der Limmerstraße versammelt. Auf den Schildern waren Slogans wie „Hier ist Platz – griechische Lager evakuieren“, „Keine Profite mit der Miete“ und „Rassismus tötet – auch jetzt“ zu lesen. Die Protestierenden setzten sich dafür ein, dass alle Menschen während der Pandemie – und auch sonst – geschützt werden müssen. „Die Menschen in Moria und alle, die auf ihrer Flucht über das Mittelmeer in Seenot geraten, müssen sofort in Sicherheit gebracht werden – es gibt hier in Deutschland genug Platz und Ressourcen, die allen zur Verfügung stehen müssen“, sagte eine Demonstrantin. Eine weitere Person bemerkte: „Keine zwei Monate nach dem rassistischen Attentat in Hanau gibt es in Celle und bei Oldenburg schon wieder zwei Morde, bei denen ein rassistisches Motiv zu befürchten ist und keiner redet darüber. Da muss ich doch etwas tun.“

Um die Sicherheit aller Teilnehmenden und Umstehenden zu gewährleisten, trugen die Protestierenden Mundschutz, waren maximal zu zweit unterwegs und hielten die empfohlenen Sicherheitsabstände untereinander und gegenüber Passant*innen ein.

Erst durch das Einschreiten der Polizei wurde die Situation für alle Beteiligten gefährlich und ein unnötiges Ansteckungsrisiko mit Corona-Viren produziert. Zwei Polizist*innen setzten nach ca. zehn Minuten eine Person unter Anwendung von körperlicher Gewalt vorübergehend fest. Anschließend kesselten sie weitere 13 Menschen ein, darunter Demonstrant*innen und Passant*innen, die daraufhin sehr nah zusammen standen. Die Polizist*innen selbst trugen keinen Mundschutz und teilweise auch keine Handschuhe. Laut Informationen der HAZ droht einer Person ein Verfahren wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und den 13 gekesselten Personen werden Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz vorgeworfen. „Uns vorzuwerfen, wir wären unvorsichtig mit den Infektionsschutzmaßnahmen umgegangen, ist absurd. Die Verstöße gegen die Infektionsschutzmaßnahmen wurden von den Polizist*innen begangen, nicht von uns“ bemerkte eine Demonstrant*in. „Wie sollen die Demonstrant*innen denn den Sicherheitsabstand einhalten wenn die Polizei sie so zusammentreibt?“ fragte eine unbeteiligte Passant*in.

Die Versammlungsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung werden derzeit durch die Maßnahmen zum Infektionsschutz stark eingeschränkt.

Damit ist ein zentrales demokratisches Grundrecht de facto außer Kraft gesetzt. Eine Einschränkung der Versammlungsfreiheit ist in Deutschland allerdings nur in äußersten Ausnahmen und dann auch nur in Einzelfallentscheidungen zur Erreichung eines bestimmten Ziels erlaubt: In diesem Fall die Einhaltung der Infektionsschutzmaßnahmen. „Dass politische Meinungsäußerung, die nicht im Widerspruch zum Infektionsschutz steht, unmöglich gemacht und mit Repression belegt wird, ist nicht hinnehmbar und gefährlich.“ sagte eine Sprecherin des Ermittlungsausschusses Hannover. „Die Aktivist*innen haben an dieser und anderer Stelle gezeigt, dass politische Meinungsäußerung und Aktionen auf der Straße möglich sind, ohne in Konflikt mit dem Infektionsschutz zu geraten.“ ergänzt sie weiter. Bereits am vergangenen Sonntag wurde eine Aktion der Kampagne #leavonoonebehind im Georgengarten ebenfalls unterbunden. Auch in anderen Bundesländern wie z.B. Berlin schreitet die Polizei wiederholt bei Aktionen ein, die sich an alle Sicherheitsbestimmungen halten. Die Polizei durchbricht so immer wieder den Infektionsschutz und bringt so alle Beteiligten in Gefahr.

Ermittlungsausschuss Hannover, 13.04.2020

 

Ein Bericht zur Demo

von der Seite enough is enough, veröffentlicht am April 12, 2020, ursprünglich erschienen auf indymedia

#Hannover: Protest mit Abstand – Gegen Rassismus, Protestverbot, Corona-Repression und mehr

 

Ein Artikel aus der TAZ:

Versammlungsfreiheit in der Corona-Krise: Polizei schützt Infektion

In Niedersachsen geht die Polizei hart gegen Demonstrant*innen vor, obwohl sie auf den Infektionsschutz achten – die Polizei hingegen nicht.

 

Ein Artikel auf friheitsfoo:

Erneut: Polizei handelt unverhältnismäßig im Umgang mit einer Demonstration, gefährdet die Gesundheit der Protestierenden, verleugnet das Opportunitätsprinzip