Antifaschist*in Maja in Ungarn im Hungerstreik: Für eine sofortige Rücküberstellung!

05.06.2025 | Pressemitteilung Rote Hilfe e.V. Bundesvorstand

Seit dem heutigen 5. Juni 2025 ist Maja im Hungerstreik, um gegen die menschenunwürdigen Haftbedingungen, vor allem gegen die seit einem Jahr andauernde Isolationsfolter, in der ungarischen Haft zu protestieren. Nachdem gestern das Gericht den Antrag auf Überstellung in Hausarrest ablehnte, sieht sich die non-binäre Person aus Jena zu diesem drastischen Schritt gezwungen.

Maja wird zusammen mit anderen Antifaschist*innen beschuldigt, sich im Februar 2023 an körperlichen Auseinandersetzungen mit Nazis beteiligt zu haben. Den Vorfällen, die sich am Rand des NS-verherrlichenden Großevents „Tag der Ehre“ in Budapest ereigneten, folgte eine deutsch-ungarische Verfolgungsoffensive gegen antifaschistische Strukturen. Im Dezember 2023 wurde Maja in Berlin verhaftet und Ende Juni 2024 in einer Nacht-und-Nebel-Aktion an das rechts-autoritäre und offen queerfeindliche Ungarn ausgeliefert. Dabei war klar, dass das für die nonbinäre Person eine noch größere Gefahr bedeutet als für andere linke Aktivist*innen. Mit dieser nächtlichen Maßnahme handelten die deutschen Behörden bewusst gegen den ausstehenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes, das am nächsten Morgen wie erwartet die Auslieferung untersagte und im Februar 2025 die Maßnahme als rechtswidrig rügte. 

Seither ist Maja unter katastrophalen Bedingungen in Budapest in Untersuchungshaft: „Ich musste über sieben Monate außerhalb meiner Zelle immer Handschellen tragen, teilweise auch in meiner Zelle, egal ob beim Einkaufen, bei Skype-Telefonaten oder bei Besuchen. Die Beamten führen stündlich eine Sichtkontrolle in meiner Zelle durch, auch nachts, und dabei schalten sie immer das Licht an“, berichtet Maja in der Hungerstreikerklärung. „Ich muss Intimkontrollen über mich ergehen lassen, bei denen ich mich komplett zu entkleiden habe. Besuche fanden in getrennten Räumen statt, wo ich von meinen Familienangehörigen, Anwälten und offiziellen Vertreter:innen durch eine Trennscheibe getrennt wurde.“ Es dringt kaum Tageslicht in die Zelle, in der es von Bettwanzen und Kakerlaken wimmelt, das Essen ist ungesund, die Duschgelegenheit mangelhaft. Vor allem aber wird Maja in harter Langzeit-Einzelhaft gehalten und hat täglich maximal eine Stunde stark eingeschränkten Kontakt zu anderen Gefangenen. Das ist ein klarer Verstoß gegen die Nelson-Mandela-Regeln Nr. 43 und 44 der Vereinten Nationen, die Einzelhaft für mehr als zwei Wochen strikt untersagen. 

Seit dem 6. März 2025 läuft der Prozess mit ähnlich offenen Rechtsbrüchen: Die ungarischen Behörden hatten schon die Vorbereitung und die Gespräche mit der Verteidigung systematisch behindert, sodass Maja die Akte nur in Bruchteilen einsehen konnte. Im Gerichtssaal muss die antifaschistische Person durchgehend Hand- und Fußfesseln tragen und wird von vermummten Polizist*innen an einer Hundeleine gehalten. Vor allem aber drohen 24 Jahre Haft unter denselben unmenschlichen Bedingungen, die schon die jetzige Untersuchungshaft prägen. 

„Die Behandlung von Maja ist ein absoluter Skandal und ganz offensichtlich politisch motiviert – ebenso wie das Desinteresse der deutschen Regierung daran. Der gesamte Budapest-Komplex und die hemmungslose staatliche Verfolgungsjagd, die vor Rechtsbrüchen nur so strotzt, sind ein Frontalangriff gegen alle Antifaschist*innen, der gezielt abschrecken und einschüchtern soll“, erklärte Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V. „Wir bewundern wieder einmal Majas Stärke und Entschlossenheit, mit dem Hungerstreik gegen diese entmenschlichenden und zerstörerischen Haftbedingungen zu kämpfen. Wir stellen uns solidarisch an die Seite von Maja und unterstützen rückhaltlos die Forderung einer sofortigen Rücküberstellung nach Deutschland.“ Sommerfeld ergänzte: „Außerdem schließen wir uns Majas Appell an, weitere Auslieferungen von Antifaschist*innen nach Ungarn zu verhindern: No Extradition! Die absurden Ermittlungen, aufgebauschten Strafvorwürfe und Inhaftierungen müssen enden. Freiheit für alle Antifaschist*innen!“

Jetzt erst recht.
Antifaschismus ist notwendig!
Freiheit für alle Antifaschist*innen!

Mobivortrag in der Sturmglocke am 05.06. 2o25 um 19.3o Uhr Gemeinsame Anreise nach Jena geplant!

Hungerstreikerklärung

Juni 5, 2025

Mein Name ist Maja. Vor fast einem Jahr wurde ich rechtswidrig nach Ungarn ausgeliefert. Seitdem werde ich hier in menschenunwürdiger Langzeit-Einzelhaft gefangen gehalten. Gestern, am 4. Juni 2025, sollte über meinen Antrag auf Verlegung in den Hausarrest entschieden werden. Diese Entscheidung wurde verschoben. Die früheren Anträge auf Verlegung in den Hausarrest wurden abgelehnt. Ich bin nicht länger dazu bereit, in dieser untragbaren Situation auszuharren und auf Entscheidungen einer Justiz zu warten, die über die letzten Monate meine Rechte immer wieder systematisch verletzt hat. Ich beginne daher heute, am 5. Juni 2025, einen Hungerstreik. Ich fordere, dass ich nach Deutschland zurück überstellt werde, dass ich zu meiner Familie zurückkehren kann und dass ich von zuhause an dem Verfahren in Ungarn teilnehmen kann. 

Ich kann die Haftbedingungen in Ungarn nicht weiter ertragen. Meine Zelle war über drei Monate rund um die Uhr videoüberwacht. Ich musste über sieben Monate außerhalb meiner Zelle immer Handschellen tragen, teilweise auch in meiner Zelle, egal ob beim Einkaufen, bei Skype-Telefonaten oder bei Besuchen. Die Beamten führen stündlich eine Sichtkontrolle in meiner Zelle durch, auch nachts, und dabei schalten sie immer das Licht an. Ich muss Intimkontrollen über mich ergehen lassen, bei denen ich mich komplett zu entkleiden habe. Besuche fanden in getrennten Räumen statt, wo ich von meinen Familienangehörigen, Anwälten und offiziellen Vertreter:innen durch eine Trennscheibe getrennt wurde. Bei Zellenkontrollen hinterließen die Beamten ein komplettes Chaos. Die baulichen Gegebenheiten verhindern, dass ich genügend Tageslicht sehe. Der winzige Hof besteht aus Beton und ist von einem Gitter überspannt. Die Temperatur des Duschwassers lässt sich nicht regulieren. Meine Zelle ist dauerhaft von Bettwanzen und Kakerlaken befallen. Es ist keine ausreichende Versorgung mit ausgewogenem und frischem Essen gegeben.

Ich befinde mich außerdem in Langzeit-Einzelhaft. Fast sechs Monate war gar kein Kontakt mit anderen Gefangenen möglich. Bis heute sehe oder höre ich weniger als eine Stunde am Tag andere Menschen. Dieser dauerhafte Entzug von menschlichem Kontakt soll bewusst seelischen und körperlichen Schaden hervorrufen. Deswegen sehen die Europäischen Strafvollzugsgrundsätze des Europarats „mindestens zwei Stunden sinnvollen menschlichen Kontakt am Tag“ vor. Deswegen gilt die „Langzeit-Einzelhaft“, die Absonderung eines Gefangenen für mindestens 22 Stunden am Tag über mehr als 15 Tage, nach den Nelson-Mandela-Regeln der Vereinten Nationen als menschenunwürdige Behandlung oder Folter. Hier in Ungarn bin ich lebendig in einer Gefängniszelle begraben und diese Untersuchungshaft kann in Ungarn bis zu drei Jahren dauern.

Ich hätte aus diesen Gründen niemals nach Ungarn ausgeliefert werden dürfen. Das Berliner Kammergericht und die Sonderkommission „Linx“ des LKA Sachsen haben die Auslieferung geplant und betrieben und dabei in voller Absicht meine Anwälte und das Bundesverfassungsgericht umgangen. Am 28. Juni 2024, wenige Stunden nach meiner Blitzauslieferung, entschied das Bundesverfassungsgericht, dass ich vorerst nicht ausgeliefert werden dürfe. Am 6. Februar 2025 entschied es, dass meine Auslieferung rechtswidrig war. Seitdem wurde keiner der Verantwortlichen zur Verantwortung gezogen. Es hat bisher keine Wiedergutmachung für mich gegeben.

Mit meinem Hungerstreik möchte ich außerdem darauf aufmerksam machen, dass keine weiteren Menschen nach Ungarn ausgeliefert werden dürfen. Diese Aufmerksamkeit benötigt aktuell vor allem Zaid aus Nürnberg, der sehr akut von der Auslieferung nach Ungarn bedroht wird. Ich erkläre mich mit allen Antifaschist:innen solidarisch, die im Budapest-Verfahren verfolgt werden.

Unterstützung für Majas Hungerstreik

Antifaschist*in Maja ist am 05.06.25 nach fast einem Jahr Haft in Ungarn in den Hungerstreik getreten.

Jetzt ist eure Solidarität und Unterstützung gefragt, um den Druck auf die deutschen und ungarischen Behörden zu erhöhen und eine Rücküberlieferung Majas nach Hause zu bewirken.

Also werdet kreativ! Macht Demos, Veranstaltungen, Konzerte und Partys und was euch sonst noch einfällt. Ein Hungerstreik ist ein drastischer Schritt, der nur mit viel Rückhalt und Solidarität funktionieren kann.

Um euch für eure Projekte etwas an die Hand zu geben, findet ihr anbei Vorlagen für Plakate, Flyer und Postkarten. Die könnt ihr professionell oder auch selbst drucken. Außerdem auch einen Redebeitrag und Majas Hungerstreikerklärung in verschiedenen Übersetzungen und eine Vorlage für Mails an die verschiedenen Botschafter*innen und Konsul*innen in Deutschland sowie deren Emailadressen.

Lasst uns gemeinsam dafür kämpfen, dass Maja zurück nach Hause kommt!

VORLAGEN vom BASC (https://www.basc.news/aktionskit-unterstuetzung-fuer-majas-hungerstreik-2/):

_Flyer Maja fertigHerunterladen

_Poster VorlageHerunterladen

_Postkarte Auswärtiges AmtHerunterladen

_Postkarte BotschaftHerunterladen

_Redebeitrag VorlageHerunterladen