Wir weisen hier auf die Online – Veranstaltungsreihe hin, die organisiert wurde von Seiten des basisdemokratischen Fachrats Sozialwissenschaften der Universität Hannover
Im Zeitraum vom 04.05. bis zum 22.06. findet eine Reihe von Veranstaltungen statt, deren “Besuch” wir empfehlen.
Kritik an der Polizei und warum das nicht reicht
Polizei an Universitäten und Schulen, das ist eigentlich schon Alltag – genauso wie die täglichen Berichte von rassistischen Polizist*innen und rechtsextremen Netzwerken. Ja, alles ganz normal? Nein! Deswegen organisieren wir, Fachrat SoWi und AStA der Uni Hannover, aus aktuellem Anlass und als kritische Alternative, eine öffentliche Veranstaltungsreihe über kritische Perspektiven auf die Institution Polizei. Wie sollen institutionalisierte Verletzungen als solche ausgemacht und delegitimiert werden, wenn dadurch gerade der eigene Sicherungsauftrag gefährdet wird? Wie können rassistische Handlungen und Fälle von Polizeigewalt, sowie Machtmissbrauch als strukturell und institutionalisiert erkannt werden?
Und überhaupt: Wie soll das gehen mit der freien Lehre, wenn Studierende mit Rassismus und Gewalt durch Polizist*innen konfrontiert sind und dann auf einmal einer als Dozent vor ihnen steht? Polizist*innen haben in der universitären Lehre nichts zu suchen, denn ohne eine grundlegende Distanz zu Herrschaftsstrukturen ist die selbstbestimmte Lehre gefährdet.
Wir laden euch ein, sich kritisch mit der Institution Polizei auseinanderzusetzen und zusammen die Polizei und staatliche Repressionen zu hinterfragen. Von Mai bis Juni 2021 beschäftigen wir uns in verschiedenen Formaten mit der Geschichte der Polizei, rechtsextremen Strukturen in der Polizei, mit Rassismus und Polizeigewalt bis hin zu Alternativen zu Polizei, Knast & Strafe sowie mit Möglichkeiten zum Selbstschutz. Wir wenden uns ausdrücklich nicht nur an Studierende: Alle sind willkommen, außer diskriminierendes Verhalten jeglicher Art. Weitere Informationen und einen genauen Überblick über die verschiedenen Themen -sowie in Kürze auch die Links zu den facebook-Veranstaltungen – findet ihr hier. Aktuelle Infos findest du außerdem auf den Kanälen des AStA Uni Hannover bei facebook und instagram und auf unseren Kanälen des Fachrat SoWi.
Hinweis: Eine Anmeldung zu den einzelnen Veranstaltungen ist aktuell nicht nötig. Kommt am Abend der Veranstaltung einfach in unseren digitalen Veranstaltungsraum!
04.05., 19:00 – Polizeikritik mit dem ignite!-Kollektiv
Infolge der Ermordung mehrerer People of Color durch Polizist:innen Anfang 2020 in den USA sind rassistische Polizeigewalt und Forderungen nach Reform bzw. Rückbau der Polizei weltweit in den Fokus politischer und medialer Auseinandersetzungen gerückt. Klar wurde dabei einmal mehr:Für viele Menschen – People of Color, Queers, Drogennutzer:innen, Sexarbeiter:innen, Menschen ohne festen Wohnsitz und legalen Aufenthaltstitel, kriminalisierte oder von der Polizei traumatisierte Menschen – ist die Polizei eben nicht „Freund und Helfer“, sondern Quelle systematischer Diskriminierung und Gewalt. Wir wollen daher einenBlick auf Entstehung und Ideologie der Polizei werfen, verschiedene Stränge von Kritik an der Institution Polizei –historisch-antirassistisch, antipatriarchal, ideologiekritisch,antimilitaristisch… – aufzeigen und uns grundlegender fragen, was für uns „Gewalt“, was „Sicherheit“ bedeutet.
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11.05., 19:00 – Sicherheit für wen? Zur Kritik der Polizei mit Eric von Dömming
Die Polizei ist in der Krise. Die letzten Jahre haben diverse Missstände einer Institution offengelegt, deren eigentliche Aufgabe es nach dem Verständnis der meisten Menschen sein sollte, für Sicherheit zu sorgen. Doch wessen Sicherheit gewährleistet die Polizei eigentlich? Und welche Ordnung setzt sie – gewaltsam – durch? Anders gefragt: Welche Funktion hat die Polizei für die bestehende Gesellschaftsordnung und welche Herrschaftsmechanismen werden von ihr beständig reproduziert? Angesichts verschiedener Skandale um rassistische Vorfälle in der Polizei stellen sich diese Fragen mehr denn je und so sind in den letzten Jahren verschiedene Bewegungen aufgekommen, die fordern, der Polizei systematisch Mittel zu streichen oder sie gar ganz abzuschaffen. Wie könnten solche Forderungen in der Umsetzung aussehen und was könnte man mit dem Geld anfangen, das man bei der Polizei einspart?
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18.05., 19:00 – NSU WATCH zum Zusammenhang von Staat, Polizei und NSU
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25.05., 18:00 – Militarisierung der Polizei mit Martin Kirsch
Das Begriffspaar von Militarisierung und Polizei taucht in den Texten deutscher Leitmedien seit den Unruhen in Ferguson 2014 regelmäßig auf. Allerdings immer im Kontext rassistischer Polizeigewalt und der Aufrüstung des Sicherheitsapparates in den USA. Dort arbeiten Wissenschaftler*innen bereits seit den 1990er Jahren zur Aufrüstung der Polizei und deren gesellschaftlichen Folgen. So wie die deutschen Polizeibehörden – in Abgrenzung zu den USA – in den hiesigen Medien explizit nicht mit dem Begriff der Militarisierung in Verbindung gebracht werden, tut sich auch die wissenschaftliche Community hierzulande schwer, die Aufrüstung des Sicherheitsapparates nach militärischem Vorbild zu erkennen und zu benennen. Analysiert mit den gleichen Methoden, wie sie in den USA entwickelt wurden, lässt sich jedoch, spätestens seit den Anschlägen von 2015 und 2016, eine Aufrüstungswelle in den deutschen Polizeibehörden nachweisen. Die Polizei rüstet nicht ab – sie rüstet auf. Die Strukturen, die Einsatzverfahren und das Selbstbild werden nicht ziviler – sondern militärischer.
Martin Kirsch ist Mitarbeiter der Informationsstelle Militarisierung (IMI) und beschäftigt sich mit Militarisierungstendenzen in der Innen- und Außenpolitik.
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01.06., 19:00 – Der Hannibal-Komplex – ein militantes, rechts Netzwerk in Bundeswehr und Polizei
mit Luca Heyer
Seit 2017 tauchen immer neue Details über ein militantes, rechtes Netzwerk in Bundeswehr und Polizei auf, das Waffendepots anlegt, Feindeslisten anfertigte und sich auf die Ermordung politischer Gegner*innen an einem „Tag X“ vorbereitete. In diesem Zusammenhang fällt immer wieder das Stichwort „Schattenarmee“ – und das wohl zu Recht. Das Netzwerk besteht aus mehreren Zellen, die durch verschiedeneChatgruppen, den Verein UNITER e.V. und dessen langjährigen Vorstand André S. (Deckname: „Hannibal“), einen ehemaligen Elitesoldaten, miteinander verbunden sind. Und das ist womöglich nur die Spitze des Eisbergs. Im Zentrum des Netzwerkes steht André S., der als Führungsperson desVereins UNITER und Administrator diverser Chatgruppen in direktemKontakt zu sämtlichen Protagonisten des Netzwerks stand. Darunter fallender unter Terrorverdacht stehende Soldat Franco A., eine Gruppe vonrechten Preppern aus Polizei und Reservistenverband inMecklenburg-Vorpommern und der baden-württembergischeVerfassungsschützer Ringo M., ebenfalls ehemaliger Polizist, der in der selben Polizeieinheit wie das NSU-Opfer Michele Kiesewetter gearbeitet hat. Nach Ansicht der Bundesregierung ist das rechte Netzwerk, das auchals Hannibal-Komplex bezeichnet wird, kein Netzwerk, sondern eine Serie von Einzelfällen. In dem Vortrag wird gezeigt, dass es sich keineswegs um Einzelfällehandelt, sondern um ein weit verzweigtes, gut organisiertes und hochgefährliches Netzwerk mit besten Verbindungen in dieSicherheitsbehörden, die Parlamente und Geheimdienste, das durch „Hannibal“, den Verein UNITER und mehrere Chatgruppen zusammengehaltenwird.Vortrag und Diskussion mit Luca Heyer, dem Autor der Studie „DerHannibal-Komplex“ von der Informationsstelle Militarisierung e.V. (IMI)aus Tübingen
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08.06., 19:00 – Workshop: zu Security Culture & (digitale) Selbstverteidigung vom ignite! kollektiv
Um unsere Strukturen zu schützen und Repression und Überwachung durch Staat, Konzerne, Faschist*innen und andere abzuwehren, wurde das Konzept der Security Culture entwickelt. Es geht dabei nicht nur darum Geräte und Emails zu verschlüsseln, sondern Sicherheit als ein ganzheitliches Konzept zu erkennen, dass neben digitaler Sicherheit auch soziale und physische Aspekte betrachtet. Sicherheit ist viel mehr als Verschlüsselung und kann nicht einfach eingekauft werden, egal was Euch Anbieter alles versprechen. Daher ist dies keine Kryptoparty, sondern eine politische Analyse von Überwachung und Repression und deren Zielen. Der Workshop stellt daher die Idee Security Culture vor und bietet praktische Tipps und konkrete Beispiele, wie ihr Euch gegen repressive Angriffe wehren könnt. Von Risikoanalyse über Spitzel bis Verschlüsselung soll ein Einblick in die Gefahren von Repression und Möglichkeiten zur Gegenwehr gegeben werden.
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15.06., 19:00 – selbstorganisierte Kontrolle und Rassismus in der Justiz mit justizwatch
Dass es in der Polizei strukturelle Probleme mit Rassismus gibt, ist spätestens seit letztem Sommer einer größeren Öffentlichkeit bekannt. Weltweite Proteste infolge der Ermordung von George Floyd hatten auch in Deutschland eine Debatte über rassistische Polizeigewalt und institutionellen Rassismus ausgelöst. Doch welche Rolle spielt dabei die Justiz? Sind Staatsanwaltschaften und Gerichte in der Lage Polizeibrutalität aufzuklären? Oder tragen sie vielmehr zu einer Vertuschung und Legitimation staatlicher Gewalt bei? Ausgehend von Prozessbeobachtungen möchten wir dieser Frage auf den Grund gehen. Am Beispiel der Kriminalisierung von Geflüchtetenprotesten und der Verfolgung Schwarzer Menschen an „gefährlichen Orten“ gehen wir auf Verstrickungen der deutschen Justiz mit gesellschaftlichem Rassismus ein.
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22.06., 19:00 – Alternativen zu Strafe: Restorative Justice mit Rehzi Malzahn
Dass wir strafen, erscheint uns als Selbstverständlichkeit. Manchmal erfüllt sie uns mit Unbehagen, aber wirklich in Frage stellen wir sie nicht. Dabei ist Strafe ist ein wichtiger Bestandteil von Herrschaft. Sie bedarf Institutionen, die sie ermöglichen und ausführen (Gerichte, Gefängnisse, Polizei) und sie setzt die herrschenden Regeln durch. Während einzelne Institutionen der Strafe (wie z.B. das Gefängnis oder auch die Züchtigung in der Schule) konjunkturell kritisiert werden, ist die Kritik der Strafe selbst eine Seltenheit. Auch die Revolutionsversuche des 20. Jahrhunderts kamen ohne Strafkritik aus, vielmehr wurden oft sogar drakonische Strafsysteme praktiziert. Es geht jedoch auch anders. In antikolonialen Befreiungskämpfen, indigenen Kulturen und marginalisierten Communities finden sich jedoch eine Menge Verfahren der »Unrechtsbewältigung« oder »Gerechtigkeitsfindung«, die den Weg für einen emanzipatorischen Umgang weisen können. Als »Restorative Justice« und »Transformative Justice« werden sie heute auch in weißen Mehrheitsgesellschaften diskutiert. Dass sie jedoch nach wie vor nur marginal angewandt werden, liegt auch daran, dass sie außerhalb der Fachkreise unbekannt sind und es keine gesellschaftliche Bewegung gibt, die sie praktiziert und einfordert. Das gilt es zu ändern, denn die Frage, wie mit problematischem Verhalten und Gewalt umgegangen werden kann, stellt sich auch angesichts von Übergriffen innerhalb linker Communities heute dringend. Rehzi Malzahn hat im Herbst 2018 beim »Schmetterling Verlag« den Sammelband »Strafe und Gefängnis. Theorie, Kritik, Alternativen. Eine Einführung« herausgegeben. Sie hat sich viele Jahre an der Anti-Knast-Demonstration zu Sylvester in Köln beteiligt und arbeitet seit längerer Zeit zu verschiedenen Formen gewaltarmer Konfliktbewältigung, darunter auch im Kontext von »Justiz« (Strafabolitionsmus).
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