8. Mai – Befreiung, was sonst // Petition 8. Mai zum Feiertag erklären

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75. Jahre Befreiung

СПАСИБО! Thank You! Merci! Danke!

 

 

 

Achtung: aktualisierte Ankündigung

+++ Der AfD die Kundgebung vermiesen! +++

Am 8. Mai um 18 Uhr, will die AfD eine Kundgebung am Opernplatz abhalten. An dem Tag an dem der deutsche Faschismus militärisch besiegt wurde. Der Tag an dem es Deutschlandweit Gedenkveranstaltungen für die Opfer des Nationalsozialismus gibt.
Dieses Gedenken verpflichtet zur absoluten Solidarität mit den Nachkommen der Getöteten und dazu, ein neuerliches Erstarken der autoritären Kräfte zu verhindern: Egal ob Neonazis auf den Straßen, der AfD im Parlament oder besorgten Bürger*innen mit ihren Ressentiments im Netz und überall. Die Befreiung bedeutet für uns, mit den neonazistischen Kontinuitäten, die bis heute fortbestehen, zu brechen.
Das die AfD genau an diesem Tag eine Kundgebung abhalten möchte, muss für uns bedeuten sich dem mit allen Mitteln entgegenzustellen.
Angesichts der aussöhnenden Vergangenheitsbewältigung und dem vorherrschenden Selbstverständnis von den Deutschen als „Erinnerungsweltmeister“ ist es nicht verwunderlich, dass die reaktionäre Idee Aufwind erfährt. Dass denjenigen der Boden bereitet wird, die sich gegen emanzipatorische Errungenschaften auflehnen.
Das führt auch zu den mörderischen Terroranschlägen auf migrantische Menschen. Ob in Halle, Hanau oder sonst wo: Die AfD hat mitgeschossen!
Um rechten Terror zu verstehen, muss die kulturelle Hegemonie von angeblich beglichener Schuld, Relativierungen der NS-Vergangenheit und Normalisierung von rechten Positionen aufgebrochen werden. Denn nur wenn wir rechten Terror als Teil von rechtem Gedankengut verstehen, können wir gegen ihn vorgehen.
Wir fordern, dass wir alle uns unserer historischen Verantwortung bewusst werden und uns ihr stellen. Nur dann kann verhindert werden, dass die Gesellschaft weiter nach rechts driftet.
Kommt daher mit uns zum Opernplatz und zeigt der AFD, dass sie hier nicht toleriert wird!
Die bisher geplanten Gedenkveranstaltungen verschieben sich dementsprechend. Alle Infos dazu folgen in Kürze. Stay tuned!

Alle zusammen gegen den Faschismus!

#8mai #tagderbefreiung #noafd #noafdhannover

 

Viele Gedenkveranstaltungen, Demonstrationen und Feiern zum 75. Jahrestag der Befreiung sind in diesem Jahr aufgrund von Pandemie-vvSchutzmaßnahmen abgesagt oder zumindest beeinträchtigt. Wir von der Ortsgruppe Hannover der Roten HIlfe e.V.  hatten uns traditionell daran beteiligt.

Wir wollen hier noch einmal erinnern an die Angriffe des Staates bzw. seiner Finanzämter auf die VVN – BDA.  Siehe dazu auch: Gemeinnützigkeit aberkannt, also: Hinein In die VVN – BdA! und  Antifaschismus muss gemeinnützig bleiben! Schwerer Angriff auf die VVN-BdA

 

Nach dem Aufruf zum 8. Mai 2020 der VVN-BdA und des Bündnis 8. Mai Hannover dokumentieren wir im Weiteren den Schwur von Buchenwald, daran anschließend den Aufruf der FIR 2020 und danach die Petition von Esther Bejarano  und der VVN BdA den 8. Mai zum Feiertag zu erklären…

 

Für Hannover ruft die VVN – BdA zm 8. Mai zu einer

Gedenkveranstaltung am Mahnmal für das ehemalige Gerichtsgefängnis auf.

Freitag, 08. Mai 2020 um 17.30 Lister Meile Ecke Hamburger Allee, neben dem Kulturzentrum Pavillon.

8. MAI TAG DER BEFREIUNG – NIE WIEDER FASCHISMUS! NIE WIEDER KRIEG!

“Unserer Veranstaltung schließt sich eine Kundgebung eines Bündnisses 8. Mai an, die anschließend mit einer weiteren Kundgebung in der Limmerstraße fortgesetzt werden soll.

Wir haben bisher noch keinen Auflagenbescheid der Versammlungsbehörde erhalten, gehen aber davon aus, dass es einige Einschränkungen geben wird. Es empfiehlt sich deshalb, sich mit Mund-Nasen-Schutz auszustatten.

Die Gedenkveranstaltung der Stadt Hannover am Maschsee-Nordufer ist in diesem Jahr nicht öffentlich, es dürfen nur geladene Gäste daran teilnehmen. Wir werden dort vertreten sein und auch ein Gesteck niederlegen.”

vvna

 

 

75. Tag der Befreiung – Erinnern heißt kämpfen!

***75. Tag der Befreiung vom NS- Regime***

Wir treffen uns um: 17:30 Uhr Pavillon/ Mahnmal Gerichtsgefängnis, 18:30 Uhr Limmerstraße Ecke Leinaustraße, 19 Uhr Pfarrlandplatz.
Am 10. April 1945 maschierten die Alliierten über die Limmerstraße in Hannover ein. Einen Monat später, am 8 Mai, kapitulierte gesamt Nazideutschland.
Am 8. Mai 2020 jährt sich dieser Tag zum 75. Mal.er

Für uns ist dieser Tag Anlass uns die Straßen zu nehmen, um ein antifaschistisches Ausrufezeichen gegen Nazis, Faschist*innen und den deutschen Normalzustand zu setzen.
Wir Gedenken den millionenfach ermordeten Jüdinnen*Juden, Sinte*zza und Rom*nja, Zwangsarbeiter*innen, Kommunist*innen, Antifaschist*innen und anderen Linken, Kriegsgefangenen, als „aussätzig“ gelabelten Menschen wie Homosexuelle oder vermeintlich Behinderte und denen, die dem Rassenwahn der deutschen Besatzung zum Opfer fielen.
Gleichzeitig sehen wir in unserem Gedenken den Auftrag für die Gegenwart, keinen Versuch der Relativierung oder Umdeutung der Geschichte zuzulassen und dem gesellschaftlichen Rechtsruck entschlossen entgegenzutreten.
Das Gedenken verpflichtet zur absoluten Solidarität mit den Nachkommen der Getöteten und dazu, ein neuerliches Erstarken der autoritären Kräfte zu verhindern:Egal ob Neonazis auf den Straßen, der AfD im Parlament oder besorgten Bürger*innen mit ihren Ressentiments im Netz und überall.
Die Befreiung bedeutet für uns, mit den neonazistischen Kontinuitäten, die bis heute fortbestehen, zu brechen.
Der verharmlosende, versöhnende Umgang mit der deutschen Vergangenheit der NS- Zeit, der tagtäglich zu beobachten ist, hat heute zur Konsequenz, dass rechte Gewalt oft nicht als politisch motiviert kategorisiert wird,
dass Betroffene von rechter Gewalt und deren Perspektiven marginalisiert werden,
dass durch bürgerliche Extremismustheorien die rechte Gefahr relativiert wird,
dass ein Verein der Betroffenen des Nationalsozialismus, ein Bund der Antifaschist*innen die Gemeinnützigkeit entzogen wird. Für all jene, die die Erinnerung an den Nationalsozialismus und den Kampf gegen die reaktionäre Formierung in Deutschland als notwendig begreifen, ist das Alles ein Schlag ins Gesicht.
Die vergangenen 75 Jahre zeigen: Täter*innen werden als Opfer inszeniert, um der nationalsozialistischen Vergangenheit den Rücken kehren zu können und ein vermeintlich anderes, neues Deutschland zu konstruieren. Wie aber ist eine andere Zukunft möglich, wenn mit der Vergangenheit nicht konsequent gebrochen wird? Gar nicht! Denn wie wir es tagtäglich beobachten müssen, hat die verdrängte Vergangenheit im kollektiven Gedächtnis der Deutschen weitergewirkt und den Umgang mit der Gegenwart mitbestimmt.
Angesichts der aussöhnenden Vergangenheitsbewältigung und dem vorherrschenden Selbstverständnis von den Deutschen als „Erinnerungsweltmeister“ ist es nicht verwunderlich, dass die reaktionäre Idee Aufwind erfährt. Dass denjenigen der Boden bereitet wird, die sich gegen emanzipatorische Errungenschaften auflehnen und es auch nicht verwunderlich sein kann, dass es keine konsequenten Bestrebungen gibt, sich neonazistischem Terror entgegenzustellen.
Um rechten Terror zu verstehen, muss die kulturelle Hegemonie von angeblich beglichener Schuld, Relativierungen der NS-Vergangenheit und Normalisierung von rechten Positionen aufgebrochen werden. Denn nur wenn wir rechten Terror als Teil von rechtem Gedankengut verstehen, können wir gegen ihn vorgehen.
Wir fordern, dass wir alle uns unserer historischen Verantwortung bewusst werden und uns ihr stellen. Nur dann kann verhindert werden, dass die Gesellschaft weiter nach rechts driftet.
Wir alle sind diejenigen die für eine solidarische und freie Zukunft eintreten!
Wir stehen gegen diese Kultur des Vergessens und Wegsehens!
Der antifaschistische Protest am 8. Mai ist so oder so der notwendige Schritt in die Offensive!
Wir protestieren gegen die Verhältnisse und die Kontinuitäten die den deutschen Faschismus erst möglich gemacht haben.
Für einen konsequenten Antifaschismus! Für die befreite Gesellschaft!
Wir treffen uns an drei verschiedenen Orten zu Kundgebungen, um unseren Protest auf die Straße zu tragen:
17:30 Uhr Pavillon/ Mahnmal Gerichtsgefängnis zur Kundgebung des VVN, 18:30 Uhr Limmerstraße Ecke Leinaustraße, 19 Uhr Pfarrlandplatz.
Leider ist aufgrund der aktuellen Lage keine große Demonstration möglich. Wir wollen den Protest trotzdem möglich machen. Dafür haben wir uns überlegt, an unterschiedlichen geschichtsrelevanten Orten Kundgebungen zu veranstalten und so unseren Protest auf die Straße zu bringen. An den drei Orten werden Infoplakate aushängen, Gedenktafeln stehen und Redebeiträge verlesen.
Ob ihr es zu allen Orten schafft oder nur zu einem, oder aber zu einem anderen Zeitpunkt an den Orten gedenkt, wir freuen uns über jegliche Beteiligung, Aktionen und Fotos. Um unseren Protest zu ermöglichen ist es notwendig, dass sich alle an die gebotenen Sicherheitsmaßnahmen halten. Wenn möglich bringt einen Mundschutz mit.

 

 

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SCHWUR VON BUCHENWALD

Ansprache in französischer, russischer, polnischer, englischer und deutscher Sprache auf der Trauerkundgebung des Lagers Buchenwald am 19. April 1945.

Kameraden! Wir Buchenwalder Antifaschisten sind heute angetreten zu Ehren der in Buchenwald und seinen Aussenkommandos von der Nazibestie und ihrer Helfershelfer ermordeten 51.000 Gefangene!

51.000 erschossen, gehenkt, zertrampelt, erschlagen, erstickt, ersäuft, verhungert, vergiftet, abgespitzt

51.000 Väter, Brüder, Söhne starben einen qualvollen Tod, weil sie Kämpfer gegen das faschistische System waren.

51.000 Mütter und Frauen und hunderttausende Kinder klagen an!

Wir lebend gebliebenen, wir Zeugen der nazistischen Bestialitäten sahen in ohnmächtiger Wut unsere Kameraden fallen. Wenn uns eins am Leben hielt, dann war es der Gedanke: Es kommt der Tag der Rache!

Heute sind wir frei!

Wir danken den verbündeten Armeen, der Amerikaner, Engländer, Sowjets und allen Freiheitsarmeen, die uns und der gesamten Welt Frieden und das Leben erkämpfen. Wir gedenken an dieser Stille des grossen Freundes der Antifaschisten aller Länder, eines Organisatoren und Initiatoren des Kampfes um eine neue demokratische, friedliche Welt. F. D. Roosevelt – Ehre seinem Andenken!

Wir Buchenwalder,

Russen, Franzosen, Polen, Tschechen, Slovaken und Deutsche, Spanier, Italiener und Österreicher, Belgier und Holländer, Engländer, Luxemburger, Rumänen, Jugoslaven und Ungarn

kämpften gemeinsam gegen die SS, gegen die nazistischen Verbrecher, für unsere eigene Befreiung.

Uns beseelte eine Idee: Unsere Sache ist gerecht – der Sieg muß unser sein!

Wir führten in vielen Sprachen den gleichen, harten, erbarmungslosen, opferreichen Kampf und dieser Kampf ist noch nicht zu Ende.

  • Noch wehen Hitlerfahnen!
  • Noch leben die Mörder unserer Kameraden!
  • Noch laufen unsere sadistischen Peiniger frei herum!

Wir schwören deshalb vor aller Welt auf diesem Apellplatz, an dieser Stätte des faschistischen Grauens:

Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht!

Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung, der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig.

Zum Zeichen Eurer Bereitschaft für diesen Kampf erhebt die Hand zum Schwur und sprecht mir nach:

WIR SCHWÖREN!

was

fir       Die FIR ruft auf    zum symbolischen und „virtuellen Gedenken“

(Fédération Internationale des Résistants, Internationale Föderation der Widerstandskämpfer)

“… Wir, die FIR und ihre Mitgliedsverbände, rufen die Veteranen, die Überlebenden der faschistischen Verfolgung, ihre Familienangehörigen und heutigen Antifaschisten auf, unter Einhaltung aller medizinisch notwendigen Schutzmaßnahmen, die Gedenktage der Befreiung und den Tag des Sieges mit symbolischen Gesten der Erinnerung an öffentlichen Orten zu begehen. …”

Hier ein weiterer Text der FIR:  Tag der Befreiung – 8./ 9. Mai 2020 – Tag des Sieges

“… Damals hieß die gemeinsame Losung aller Antifaschisten „Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!“ Für die FIR und ihre Mitgliedsverbände ist das eine Verpflichtung für heute und morgen. …”

 

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8. Mai zum Feiertag machen!

Ausgehend von einem Brief von Esther Bejarano (s.u.) wurde eine Unterschriftensammlung und eine Social Media Kampagne gestartet mit dem Ziel  den 8. Mai als Tag der Befreiung vom Faschismus zum Feiertag zu machen.

“75 Jahre nach dem wichtigsten Tag des 20. Jahrhunderts ist es an der Zeit und auch bitter notwendig endlich konsequent Lehren aus den Verbrechen des NS-Regimes zu ziehen. Ein gesetzlicher Feiertag würde dies symbolisieren und könnte Ausgangspunkt für entsprechendes politisches Handeln sein.”

Die Petition ist erreichbar unter change.org/8Mai  8. Mai zum Feiertag machen! Was 75 Jahre nach Befreiung vom Faschismus getan werden muss!

Die Petition im Wortlaut:

„Den 8. Mai zum Feiertag machen!
Was 75 Jahre nach Befreiung vom Faschismus getan werden muss!

Ich überlebte als Mitglied des „Mädchenorchesters“ das deutsche Vernichtungslager Auschwitz und konnte vor 75 Jahren auf dem Todesmarsch der Häftlinge des KZ-Ravensbrück der SS entkommen. Ich bin Vorsitzende des Auschwitz-Komitees in der BRD e.V und Ehrenpräsidentin der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten.

Ich fordere: Der 8. Mai muss ein Feiertag werden! Ein Tag, an dem die Befreiung der Menschheit vom NS-Regime gefeiert werden kann. Das ist überfällig seit sieben Jahrzehnten. Und hilft vielleicht, endlich zu begreifen, dass der 8. Mai 1945 der Tag der Befreiung war, der Niederschlagung des NS-Regimes. Dies schrieb ich in einem offenen Brief am 26. Januar 2020 „an die Regierenden und alle Menschen, die aus der Geschichte lernen wollen“.

Die militärische Zerschlagung des Faschismus durch die Alliierten, Partisan*innen und Widerstandskämpfer*innen als Befreiung zu begreifen, bedeutet die richtigen Schlüsse zu ziehen und auch so zu handeln. Es ist nicht hinnehmbar, dass 75 Jahre danach extreme Rechte in allen deutschen Parlamenten sitzen und in immer rascherer Folge Mord auf Mord folgt.

Die Lehren des 8. Mai umzusetzen, bedeutet für uns:

AfD, NPD und ihre Verbündeten aufzuhalten,
das Treiben gewalttätiger und mordender Neonazis zu unterbinden, ihre Netzwerke in Polizei, Bundeswehr aufzudecken und aufzulösen,
einzugreifen, wenn Jüdinnen und Juden, Muslime, Roma und Sinti und andere, die nicht in das Weltbild von Nazis passen, beleidigt und angegriffen werden,
Geflüchtete in Deutschland aufzunehmen,
die Logik des Militärischen zu durchbrechen und Waffenexporte zu verhindern und
die Diffamierung und Behinderung demokratischer und antifaschistischer Gruppen und Organisationen durch Geheimdienste und Finanzämter zu beenden.

Sonntagsreden, die Betroffenheit zeigen, reichen nicht. Es muss gestritten werden für die neue Welt des Friedens und der Freiheit, die die befreiten Häftlinge im Schwur von Buchenwald als Auftrag hinterlassen haben. Ein offizieller bundesweiter Feiertag wäre dafür die regelmäßige Verpflichtung. – Nicht nur, aber eben auch an jedem 8. Mai.

Deshalb: Achter Mai – arbeitsfrei! Zeit für Antifaschismus!

Esther Bejarano und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)“

#TagderBefreiung #8Mai #achterMai #Feiertag #vvnbda

 

Die Petition verläuft bisher erfolgreich:  Petition „8. Mai zum Feiertag machen!“ erreicht über 50.000 Unterschriften – Kampagne geht in die nächste Phase

 

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Offener Brief an die Regierenden und alle Menschen, die aus der Geschichte lernen wollenmm

(Auf dieser Seite gibt es den Text von Esther Bejarano auch im Originalton)

Esther Bejarano, Überlebende der KZ Auschwitz und Ravensbrück zum 27. Januar 2020: Dass Auschwitz nie wieder sei – und dieses Land sich ändern muss

Falls man dem Menschen die Möglichkeit geben will, aus der Geschichte zu lernen, wäre die erste Voraussetzung, dass er sich dieser Geschichte erinnert. Aber leider vergisst er so leicht, und oft vergisst er gerade die entscheidenden Lektionen.

(Lukas Bärfuss, Büchner-Preis-Rede 2019)

Sehr geehrter Herr Bundespräsident,
sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin 
und alle, die wollen, dass Auschwitz nie wieder sei!

Wo stehen wir – dieses Land, diese Gesellschaft – 75 Jahre nach der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee?

Plötzlich gab es keine Nazis mehr, damals, 1945 – alle waren verschwunden. Uns aber hat Auschwitz nicht verlassen. Die Gesichter der Todgeweihten, die in die Gaskammern getrieben wurden, die Gerüche blieben, die Bilder, immer den Tod vor Augen, die Albträume in den Nächten. 

Wir haben das große Schweigen nach 1945 erlebt – und wie das Unrecht – das mörderische NS-Unrecht – so akzeptiert wurde. Dann erlebten wir, wie Nazi-Verbrecher davonkommen konnten – als Richter, Lehrer, Beamte im Staatsapparat und in der Regie­rung Adenauer. Wir lernten schnell: die Nazis waren gar nicht weg. 

Die Menschen trauerten um Verlorenes: um geliebte Menschen, um geliebte Orte. Wer aber dachte über die Ursachen dieser Verluste nach, fragte, warum Häuser, Städte, ganze Landstriche verwüstet und zerstört waren, überall in Europa? Wen machten sie verantwortlich für Hunger, Not und Tod?

Dann brach die Eiszeit herein, der Kalte Krieg, der Antikommunismus. Es war ein langer Weg vom kollektiven Beschweigen bis zum Eichmann-Prozess in Jerusalem über die Auschwitz-Prozesse in Frankfurt am Main zu den Studentenprotesten in den 1968ern hin zur Fernsehserie “Holocaust” ab 1979. Nur zögerlich entwickelte sich das Bewusstsein, die Wahrnehmung des NS-UnrechtsAber auch die Rechten, die Alt- und Neonazis und Auschwitzleugner formierten sich.

Inzwischen wird vom Erinnern und Gedenken als einer Gedenkkultur gesprochen. Wir spüren, wie tief viele Menschen bewegt sind, manche haben sich das “Nie wieder” zur Lebensaufgabe gemacht. 

Sonntagsreden, die Betroffenheit zeigen, reichen aber nicht. Diese Betroffenheit muss zum Handeln führen, es muss gefragt werde, wie es so weit hat kommen können. Es muss gestritten werden für eine andere, bessere Gesellschaft ohne Diskriminierung, Verfolgung, Antisemitismus, Antiziganis­mus, ohne Ausländerhass! Nicht nur an Gedenktagen!

Sie, Frau Bundeskanzlerin Merkel haben am 6. Dezember 2019 in der Gedenkstätte KZ Auschwitz-Birkenau gesagt: “Umso klarer und deutlicher müssen wir bekunden: Wir dulden keinen Antisemitismus. […] Alle Menschen müssen sich bei uns in Deutschland, in Europa, sicher und zu Hause fühlen. […] Einen Schlussstrich kann es nicht geben – und auch keine Relativierung.” Diese Aufgabe ist noch nicht erledigt! Und ich füge hinzu: Das sind wir den Millionen Opfern der faschistischen Verbrechen schuldig!

Es ist für uns Überlebende unerträglich, wenn heute wieder Naziparolen gebrüllt werden, wenn Menschen durch die Straßen gejagt und bedroht werden, wenn Todeslisten kursieren. Wir wollen uns nicht gewöhnen an Meldungen über antisemitische, rassistische und menschenfeindliche Attacken in Berlin und anderswo, in Halle, wo nur stabile Türen die jüdische Gemeinde schützten, aber zwei Menschen ermordet wurden. 

Was können wir tun?

Ich will, dass wir alle aufstehen, wenn Jüdinnen und Juden, wenn Roma oder Sinti, wenn Geflüchtete, wenn Menschen rassistisch beleidigt oder angegriffen werden! 

Ich will, dass ein lautes “Nein” gesagt wird zu Kriegen, zum Waffenhandel. Wer den letzten Krieg vergisst, der bereitet schon den nächsten vor. 

Ich will, dass wir gegen die Ausbeutung der Menschen und unseres Planeten kämpfen, Hilfesu-chende solidarisch unterstützen und Geflüchtete aus Seenot retten. Eine Gesellschaft muss sich messen lassen an ihrem Umgang mit den Schwächsten. 

Ich fordere entschlossenes Handeln gegen das Treiben der Neonazis, denn trotz Grundgesetz und alledem konnten Abgeordnete einer neurechten Partei vom NS als “Vogelschiss in deutscher Geschichte” und vom Holocaust-Gedenkort in Berlin als “Denkmal der Schande” sprechen, konnte der NSU ein Jahrzehnt lang ungestört morden und die Neonazi-Gruppe “Combat 18” frei agieren. 

Ich fordere, dass die Diffamierung von Menschen und Organisationen aufhört, die entschlossen gegen rechts handeln. Was ist gemeinnütziger als Antifaschismus? Es ist auch unerträglich, wenn ein paar Antifa-Aufkleber in Schulen Anlass für Denunziationen über Petzportale von neurechten Parteien sind. Niemand sollte für antifaschistisches Handeln, für gemeinsame Aktionen gegen den Hass, gegen alte und neue Nazis diskreditiert und verfolgt werden!

Ich fordere: Der 8. Mai muss ein Feiertag werden! Ein Tag, an dem die Befreiung der Menschheit vom NS-Regime gefeiert werden kann. Das ist überfällig seit sieben Jahrzehnten. Und hilft vielleicht, endlich zu begreifen, dass der 8. Mai 1945 der Tag der Befreiung war, der Niederschla­gung des NS-Regimes. Wie viele andere aus den Konzentrationslagern wurde auch ich auf den Todesmarsch getrieben. Erst Anfang Mai wurden wir von amerikanischen und russischen Soldaten befreit. Am 8. Mai wäre dann Gelegenheit, über die großen Hoffnungen der Menschheit nachzudenken: Über Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – und Schwesterlichkeit. 

Und dann können wir, dann kann ein Bundespräsident vielleicht irgendwann sagen: Wir haben aus der Geschichte gelernt. Die Deutschen haben die entscheidende Lektion gelernt.

Mit freundlichen Grüßen
Esther Bejarano
(Vorsitzende)
Auschwitz-Komitee in der Bundesrepublik Deutschland e.V.

N.B.: Kopien dieses Briefes senden wir an (fast alle) Fraktionen im Bundestag, an die Presse und an Freundeskreise.

 

Esther Bejaranoest

Esther Bejarano, geborene Loewy, im Dezember 1924 in Saarlouis geboren, wuchs in Saarbrücken auf, wo der Vater eine Stelle als Oberkantor der jüdischen Gemeinde hatte. Das “Nesthäkchen” hatte zwei Schwestern und einen Bruder und verlebte eine glückliche Kindheit.

Mit Anschluss des Saarlandes und Inkrafttreten der “Nürnberger Gesetze” 1935 endete diese unbeschwerte Zeit. Im Jahr darauf zog die Familie nach Ulm. Esthers älteste Geschwister wanderten aus: der 21jährige Gerhard zu einer Tante in die USA und die 19jährige Tosca nach Palästina. Auch Schwester Ruth verließ bald darauf das Elternhaus, ging nach Oberschlesien in ein Vorbereitungslager zwecks Auswanderung nach Palästina.

In der Pogromnacht (November 1938) wurde Rudolf Loewy, Esthers Vater, wie viele jüdische Männer verhaftet. Nach drei Tagen im Zuchthaus entlassen, wurde dem EK I Träger des Ersten Welkrieges bewusst, dass die Familie keine Zukunft in Deutschland hatte.

Doch die angestrebte Auswanderung war zu diesem Zeitpunkt für die Familie Loewy nicht finanzierbar.

Da Margarethe Loewy, Esthers Mutter, sich Ende 1939 mehrere Monate in einer Berliner Klinik behandeln lassen musste, zog der Vater mit Esther ebenfalls nach Berlin, bevor er 1940 eine Anstellung in der Jüdischen Gemeinde in Breslau antrat. Die inzwischen 15jährige Esther war zu dieser Zeit im Palästina-Vorbereitungslager Ahrensdorf, wo sie und andere Jugendliche u.a. an landwirtschaftliche Arbeit herangeführt wurden. Im Juni 1941 wurden alle Vorbereitungslager dieser Art geschlossen und die Jugendlichen in das Zwangsarbeitslager Neuendorf, das unter SS-Bewachung stand, gebracht.

Ende November 1941 erhielt Esther die Aufforderung von der Breslauer Polizei, die Wohnung der Eltern aufzulösen, da diese kurz zuvor nach Riga deportiert worden seien. Erst vor wenigen Jahren erfuhr Esther, dass der Transport, mit dem etwa 1.000 Juden aus Breslau, darunter ihre Eltern, nicht in Riga, sondern in Kaunas ankam. Dort kamen sie wenige Tage später bei Massenerschießungen ums Leben.

Am 20. April 1943 wurde Esther nach Auschwitz deportiert, wo sie die Häftlingsnummer 41948 eintätowiert bekam. Sie wurde für das Mädchenorchester in Auschwitz ausgewählt, was ihr einerseits zu überleben half, andererseits psychisch sehr belastend war, denn sie musste auch musizieren, wenn die Transporte mit den ahnungslosen Menschen ankamen, von denen die Mehrzahl in die Gaskammern getrieben wurde.

Ein halbes Jahr später wurde Esther in das Frauenkonzentra-tionslager Ravensbrück verlegt, wo sie für Siemens Zwangsarbeit leisten musste.

Im April 1945 auf den Todesmarsch getrieben, gelang es ihr mit einigen Freundinnen nach Tagen des endlosen Marschierens zu fliehen. Kurz darauf erlebten sie die Befreiung durch amerikanische Soldaten.

Im September 1945 gelang Esther die Einreise nach Palästina, wo sie ihre Schwester Tosca wiedertraf. Sie absolvierte eine Gesangsausbildung, heiratete Nissim Bejarano und brachte ihre Tochter Edna und ihren Sohn Joram in Israel zur Welt. 1960 verließ die Familie das Land und zog nach Hamburg. Nachdem Esther 1978 beobachtete, wie Polizisten die Gegendemonstranten eines NPD-Infostandes attackierten, begann ihr politisches Engagement.

Sie trat in den VVN-BdA ein und gehörte zu den Gründern des Auschwitz-Komitees in der Bundesrepublik, dessen Vorsitzende sie ist. Mit ihren Kindern Edna und Joram und weiteren Musikern musiziert sie in der Gruppe Coincidence. Während einer Lesung aus ihrem Buch “Wir leben trotzdem” Ende Oktober 2005 im AJZ Dessau erklärte Esther:

“Musik hat mir geholfen, einen bestimmten Zweck zu verfolgen. Ich wollte, dass die Menschen wissen, was damals passiert ist. Wenn man das mit Musik macht, hat man die Chance, nicht nur Gleichgesinnte zu gewinnen, sondern auch Menschen, die nicht so genau Bescheid wissen. Und das ist uns zum großen Teil auch gelungen.”

2008 wurde Esther Bejarano mit dem Bundesverdienstkreuz 1.Klasse gewürdigt.