20 Jahre † Carlo Giuliani

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    Am 20. Juli 2021 jährt sich der Tod von Carlo Giuliani zum 20. Mal.

   

      Und Carlos Vater ist sich sicher:

    “Mein Sohn ist ermordet worden und das war nicht eine Einzelperson, sondern der Staat. Aber

    wahrscheinlich werden die Ermittlungen zu dem Ergebnis kommen, dass Carlo Selbstmord verübt hat,

     während die Polizei gleichzeitig ein Tontaubenschießen auf dem Platz veranstaltete.“

 

 

 

 

Carlo Giuliani war 23 Jahre alt, als ein Schuss aus einer Pistole eines Carabinieri ihn traf. Der Schuß war die Folge einer von der italienischen Regierung angeheizten Polizeigewalt.

Diese Strategie der Spannung hatte bereits vor dem G8-Treffen begonnen. Die Grenzen waren abgeriegelt worden, anreisenden Aktivist_innen wurde mit fadenscheinigen Gründen die Einreise verwehrt, das Schengener Abkommen –die Freizügigkeit innerhalb der EU – außer Kraft gesetzt. Deutsche und schweizerische Polizist_innen halfen dabei. Das Einreiseverbot betraf 850 Menschen europaweit.

Die Autobahnen rund um Genua wurden mit Straßensperren kontrolliert und Häfen, Bahnhöfe sowie der Flughafen waren geschlossen. Trotzdem waren rund 300 000 Demonstrant_innen gekommen, um gegen die Wirtschaftspolitik der reichen G8 Staaten zu protestieren.

Es war eine Zeit der großen transnationalen Proteste gegen die herrschende Wirtschaftspolitik, die neoliberale Ausbeutung von Mensch und Natur. Neben Demonstrationen und anderen Aktionen auf der Straße organisierte die Bewegung regelmäßig Gegengipfel, und ab 2001 gab es jährlich das Weltsozialforum, das sogar als »Neue Internationale« bezeichnet wurde.

1998, drei Jahre vor Genua, hatten in Genf Tausende gegen das Treffen der Welthandelsorganisation (WTO) demonstriert, ein Jahr danach musste die WTO-Konferenz im amerikanischen Seattle nach der Battle of Seattle („Nur 200 von 3.000 Delegierten sind durchgekommen – sie haben die Konferenz für heute abgesagt!“) abgebrochen werden. Nach Seattle nimmt die Antiglobalisierungs- Bewegung einen weltweiten Aufschwung. Im Herbst 2000 folgten Mobilisierungen gegen die Treffen von WHO und Internationalem Währungsfonds (IWF) in Prag (Barrikaden und Straßenschlachten in Prag,  IWF- und Weltbank-Tagung vorzeitig beendet) und der G20 in Montreal (‘There is no right to protest’: Montreal police deny Charter rights).

 Im Frühjahr 2001 wurde zum Amerika-Gipfel in Quebec mobilisiert: Straßenschlachten überschatten Amerika-Gipfel und schließlich im Juni 2001, sechs Wochen vor Genua, zum EU-Gipfel in Göteborg.(Dossier im Labournet) Dort schoss die Polizei am Freitag den 15.6. auf Demonstrant_innen. Nach offiziellen Angaben wurden dabei 3 Demonstrant_innen angeschossen, eine davon lebensgefährlich. Damit wurde erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg bei einer Demonstration gegen einen EU-Gipfel mit scharfer Munition geschossen.

So waren die 2000er Jahre von einer hohen Kriminalisierung der Bewegung und massiver polizeilicher Repression geprägt.

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In Genua waren mehr als 20.000 Bereitschaftspolizisten zusammengezogen worden. Ein „Rote Zone“ genanntes Sperrgebiet, das die Innenstadt und den Hafen umfasste, wurde mit meterhohen Stahlgittern komplett abgeriegelt. Eine weitere “Gelbe Zone” konnte nur mit einem speziell ausgegebenen Ausweis betreten werden.

Gegen die mehr als 300.000 Demonstranten ging die Polizei während des gesamten Gipfeltreffens mit beispielloser Brutalität vor. Es gab hunderte Verletzte und von der Polizeigewalt schwer traumatisierte Menschen.

Am 19. Juli demonstrierten etwa 60.000 für die Rechte von migrantischen Personen.

Am 20. Juli 2001 formierte sich ein friedlicher Demonstrationszug mit rund 20.000 Personen. Die Carabinieri und weitere Ordnungskräfte starteten eine Reihe von Attacken, die Ausgangspunkt für stundenlange Straßenschlachten zwischen Polizei und Tausenden Demonstrant_innen gewesen sind und mit dem Angriff auf den genehmigten Demonstrationszug in der Via Tolemaide endeten. Hunderte Aktivist_innen, Journalist_innen und Unbeteiligte wurden verprügelt und zum Teil schwer verletzt. Die letztere Attacke schnitt den 15.000 Demonstrant_Innen jeden Fluchtweg ab. In deren Verlauf kam es zu den Ereignissen auf der Piazza Alimonda, die zu dem Mord an Carlo Giuliani führten.

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Noch am Tatort behaupteten Ordnungskräfte, Giuliani sei von einem geworfenen Stein getötet worden.

„Die Geschehnisse wurden in der Presse vor allem durch die Verwendung von Fotos transportiert, die ein Fotograf mit einem Teleobjektiv aufgenommen hatte. Diese Fotos erwecken den Eindruck, Giuliani stünde unbewegt weniger als einen halben Meter von dem Polizeigeländewagen entfernt und halte den Feuerlöscher auf Brusthöhe. Ein anderes Bild, das gleichzeitig von einer anderen Position aufgenommen wurde, lässt hingegen den Schluss zu, dass der Geländewagen zwischen Giuliani und einer Mülltonne eingekeilt war und sich Giuliani etwa vier Meter von dem Fahrzeug entfernt mit dem hoch gehaltenen Feuerlöscher auf das Fahrzeug zubewegte. Auf späteren Fotos stellte sich außerdem heraus, dass der Wagen nicht isoliert war, sondern dass weitere Carabinieri in weniger Entfernung abwarteten.

Der Polizist berief sich auf Notwehr, da er sich vor dem mit dem Feuerlöscher angreifenden Giuliani habe schützen müssen.Das Strafverfahren gegen den Carabiniere wurde im Mai 2003 eingestellt. Die Richterin berief sich auf ein ballistisches Gutachten, demzufolge der Schuss, der Giuliani getötet hat, in die Luft abgegeben wurde, von einem Stein abprallte und erst deshalb Giuliani tödlich getroffen habe. Anwälte, Journalisten, Teile der globalisierungskritischen Bewegung und Giulianis Eltern bezweifeln diese Darstellung und verweisen auf Videoaufzeichnungen, die nahelegen, dass der Schütze unmittelbar vor den Schüssen waagrecht direkt auf die Angreifer zielte. Fotos zeigen außerdem, wie der erschossene Giuliani vor einer Spurensicherung von Carabinieri berührt und die Gegenstände um ihn herum, unter anderen der Stein, anders arrangiert wurden. Zeugenaussagen berichten, wie der Carabiniere im Geländewagen schrie „ich werde euch töten“. Als die ersten  Journalisten mit laufender Kamera beim Tatort eintrafen, warf der Vize-Polizeipräsident einem am Rand des Geschehen stehenden einzelnen Demonstranten vor, Giuliani durch einen Steinwurf getötet zu haben, woraufhin zwei der vielen anwesenden Polizisten kurz in dessen Richtung laufen, ihn aber dann laufen lassen.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Carlo_Giuliani

Detailliert werden die Ungereimtheiten von Dario Azzellini aufgeführt in den Artikeln: Augenzeugen und Fotos: Schüsse auf Carlo Giuliani keine Notwehr und: Wer erschoss Carlo Giuliani? Staatsanwaltschaft, Polizei und Carabinieri verstricken sich immer tiefer in Widersprüche

 

4Die Familie von Carlo fordert Antworten auf folgende Fragen:

– Ist es möglich, dass ausgebildete Soldaten, auch wenn sie in Panik geraten sind, in das Gesicht eines Jungen zielen, der sich in 4 Metern Entfernung befindet, ihn danach zweimal überfahren und dann innerhalb von nur 7 Sekunden verschwinden?

– Kann ein Müllcontainer einen Defender blockieren?

– Warum greifen die Kollegen, die sich in einer Entfernung von etwa 20 Metern befinden, erst ein, nachdem sich die Tragödie bereits ereignet hat

– Der Feuerlöscher: Waffe oder Schutzschild?

– Warum bleibt die Waffe auch als die Gefahr bereits vorbei war, auf die DemonstrantInnen gerichtet?

– Weshalb wurde der erste Schuss nicht in die Luft abgegeben?

– Warum tauchen erst nach 6 Monaten vorher verschwundene Patronenhülsen und Pistolen auf

 

Am Tag nach dem Mord an Carlo fand die zentrale Demonstration statt. Von Beginn an wurden auch diese von der Polizei attackiert und mit Tränengas beschossen, die ganze Innenstadt war in Gaswolken gehüllt. 300.000 ziehen «Assassini! Assassini» rufend durch die Strassen.

Dann folgte kurz vor Mitternacht vom 21. auf den 22. Juli der brutale Sturm auf die Scuola Diaz. Deren Räumlichkeiten wurden den G8-Demonstrierenden von der Stadt Genua während des Gipfels als Unterkunft angeboten. Sie dienten ihnen als Medienzentrum, Informationsdrehscheibe, Rechtshilfebüro und als Schlafplatz. In jener Nacht befinden sich noch 93 Personen in der Schule. Darunter viele aus Deutschland, England, Spanien und der Schweiz. Polizisten hatten die Rechtfertigung für den Überfall, die „Beweisstücke“, darunter einen Molotow-Cocktail, die die militante Gefährlichkeit der Protestierenden beweisen sollten, selbst in die Scuola Diaz gebracht.

Die ca. 500 Polizisten und Carabinieri prügelten auf die teilweise in ihren Schlafsäcken liegenden Menschen ein. Die Aktivist_innen wurden getreten, über den Boden geschleift, die Treppen heruntergeworfen und geprügelt – 61 Verletzte müssen ins Krankenhaus eingeliefert werden und eine Person lag im Koma: „Ein faschistischer Überfall“ .  Weitere 93 „leicht“ verletzte Demonstrant_innen wurden festgenommen, in die Bolzaneto-Kaserne gebracht und dort über mehrere Tage weiter geschlagen, misshandelt und gefoltert. Insgesamt über 300 Personen befanden sich in der Kaserne. Kontakt zu Angehörigen oder Anwälten wurde nicht gewährt. Niemand wusste wo sie waren. Mit erhobenen Händen mussten sie stundenlang stehen, ohne auf die Toilette gehen zu dürfen. Sie erhielten weder Essen noch zu Trinken. Sie mussten sich nackt ausziehen und vor Polizisten Kniebeugen machen. Sie wurden gezwungen, faschistische Lieder zu singen oder sich auf allen Vieren niederzuknien und zu bellen. Zigaretten wurden auf ihnen ausgedrückt, Scheinexekutionen durchgeführt. Und immer wieder wurden sie geschlagen und getreten.

Die Carabinieri sangen faschistische Lieder, Sektkorken knallten bei den Feiern zur „gelungenen Schlacht“ um Genua – nach Zeugenaussagen auch im Beisein hochrangiger Beamter und Politiker. In den folgenden Tagen wurden noch die Campingplätze in der Umgebung von Genua überfallen.

Am dritten Tag wurden die Inhaftierten entlassen oder in andere Gefängnisse überführt, wo sie mit Anwälten Kontakt aufnehmen durften. Ausländische Demonstrierende wurden an die Landesgrenzen gebracht und abgeschoben. Sie erhielten ein 5-jähriges Einreiseverbot nach Italien.

Tage nach der Räumung der Diaz-Schule präsentierte die italienische Polizei den Medien sichergestellte “Beweismittel”: Zwei Molotowcocktails seien in der Schule gefunden worden, etliche Arbeitswerkzeuge, die als Waffengebraucht wurden, außerdem habe ein Demonstrant während der Razzia versucht, einen Polizisten zu erstechen. Die zerschnittene Schutzweste zeuge davon. Später stellt sich heraus: Nichts davon stimmt.

Im Mai 2010 werden 25 Angeklagte, darunter fünf leitende Polizeibeamte, in zweiter Instanz zu Haftstrafen zwischen 3 Jahren und 8 Monaten und 4 Jahren verurteilt. Zwei dieser Polizisten waren an der Fälschung von Beweismitteln beteiligt und schmuggelten die Molotowcocktails nach der Razzia in die Diaz-Schule.

https://taz.de/20-Jahre-nach-G8-Protesten-in-Genua/!5781642/

“Diverse Beamte wurden auf gerichtliche Anordnung für fünf Jahre vom Dienst suspendiert – und gleich darauf wieder in die Polizei aufgenommen. Und sogar befördert. In den Augen der Polizeiführung und des Innenministeriums hatten die Straftäter ja als treue Staatsdiener gehandelt.“

Im März 2010 wurden in zweiter Instanz 44 Personen verurteilt. Die Opfer erhielten eine Entschädigung von insgesamt über 10 Millionen Euro. Da die Gesetze in Italien den Straftatbestand der Folter nicht vorsehen, zieht ein damals 62-Jähriger seinen Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Er befand sich während der Razzia in der Schule und wurde von Polizisten brutal verprügelt, sodass sein Arm, sein Bein und zehn Rippen gebrochen waren. Im April 2015 bestätigt der EGMR: Die Polizeigewalt in der Diaz-Schule und in der Bolzaneto-Kaserne war Folter. Die geschädigten Personen erhalten Wiedergutmachungszahlungen.

Die meisten während der Demonstrationstage Festgenommenen wurden freigelassen, ohne dass ihnen danach ein Prozess gemacht wurde. 10 Personen wurden im Oktober 2009 zu insgesamt 98 Jahren Gefängnis verurteilt. Auch wegen der Angriffe auf die Demonstration während des Gipfels reichen rund 60 Personen Klagen ein. Viele von ihnen erhalten eine Entschädigung. Polizisten wurden keine verurteilt, da sie wegen der Helme und Einsatzkleidung nicht identifiziert werden können.

Der Polizist, der am 20. Juli 2001 Carlo Giuliani erschoss, wurde im Mai 2003 freigesprochen. Er habe rechtmäßig von seiner Waffe Gebrauch gemacht, weil es sich um Notwehr gehandelt habe.

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Filme:

      Film von leftvision: Eine Dokumentation des Genoa Legal Forum, 2007, 42 Min.

OP Genova 2001 – Öffentliche Sicherheit und Ordnung beim G8 in Genua Juli 2001

“OP Genua 2001 — Öffentliche Sicherheit und Ordnung” entstand während der Begleitung des Prozesses, der 25 italienischen Aktivist_Innen stellvertretend wegen der Krawalle am 20. Juli in Genua gemacht wurde. An diesem Tag wurde auch Carlo Giuliani erschossen. Sie wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Das Genau-Rechtshilfeteam hat u.a. durch das sekundengenaue Zusammenschneiden von Videoaufnahmen und Polizeifunk nachgewiesen, dass die italienische Polizei maßgeblich für das Entstehen der Auseinandersetzungen verantwortlich ist. … …“

      Dokumentation: G8 Gipfel – Genua 2001 – Doku

      Dokumentation auf Italienisch in 7 Teilen: Carlo Giuliani, ragazzo [DOCUMENTARIO – ITA] Parte 1 di 7

      WAS PASSIERTE AUF DER PIAZZA ALIMONDA?
(QUALE VERITA’ PER PIAZZA ALIMONDA?)

Giuliano Giuliani ist der Vater von Carlo. Er rekonstruiert in der Dokumentation die letzten Minuten des Geschehens und widerlegt die offizielle Darstellung der Staatsanwaltschaft anhand von Fotos und Videosequenzen, die in dem Ermittlungsverfahren gegen den vermeintlichen Schützen verwendet wurden. Das Verfahren wurde inzwischen eingestellt, der angebliche Todesschütze wegen Notwehr freigesprochen.

Der Film ist aber nicht nur der Versuch einer detaillierten Rekonstruktion der Todesumstände seines Sohnes. Er ist gleichzeitig eine Anklage gegen Polizei und Justiz, die mit allen Mitteln versucht haben, die Sicherheitskräfte von jeder Verantwortung für Carlos Tod freizusprechen.

Produced by Comitato Piazza Carlo Giuliani onlus, ARCI
Mixed Laboratorio Probabile Bellamy

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Bücher:

     Carlo Vive Francesco Barilli, Manuel de Carli

Während der Tage des flammenden Widerstands gegen den G8-Gipfel in Genua 2001 wurde ein Demonstrant auf der Piazza Alimonda exekutiert. Die ersten Gerüchte darüber sind verwirrt: von einem Revolver ist die Rede, einem Stein oder Tränengas. Bald darauf zeigt eine Fotografie von Reuters einen jungen Mann mit einer Haube der einen Feuerlöscher über seinen Kopf erhebt, während die Waffe aus dem Heck eines Polizei-Jeeps auf ihn gerichtet ist. Mit diesem Foto wurde eine Deutung definiert, die bereits vorgeschrieben erscheint: ein Demonstrant, der nach einem aufständischen Angriff auf dem Boden liegen geblieben ist, erschossen durch einen Vertreter der Staatsgewalt. Ohne jemals ein Gericht damit zu befassen, wurde von Politikern, der Polizei und von den Medien das Urteil vorgeschrieben: Freispruch aus legitimer Notwehr.
Eine Comic-Untersuchung über den Tod von Carlo Giuliani, nach einem Gespräch mit seiner Familie samt Chronologie und Glosar.

Aus dem Italienischen von Maria Rossi ISBN 978-3-903022-38-6
 

     Die blutigen Tage von Genua – G8-Gipfel, Widerstand und Repression, Bibliothek des Widerstands Band 17

ISBN 978-3-942281-87-4  Laika Verlag

 

Musikbeipiele:

Rotes Haus – Limo

el video de nuestro camarada carlo   SOLAMENTE POR PENSAR SKA-P

 

Artikel:

     NZZ 20.07.2021 Die Gewaltorgie von Genua – wie Italiens Polizei ihre Würde zerstörte

     Dario Azzellini  Genua 2001: Massive Repression entsprach geplanter politischer Strategie Infobrief Nr. 93 des Republikanischen RechtsanwältInnen-Vereins (RAV), Juli 2004

     Matthias Monroy G8 in Genua: hohe Haftstrafen CILIP 093, 5. August 2009

„Anfang Oktober sprach der Appellationsgerichtshof in Genua in zweiter Instanz die höchsten je ausgesprochenen Haftstrafen nach Gipfelprotesten aus. Angeklagt waren 25 ItalienerInnen, denen seit 2001 der Prozess wegen „Plünderung und Verwüstung“ gemacht wird. Nachdem bereits die erste Instanz Strafen von bis zu zwölf Jahren verhängen wollte, hat das Appellationsgericht nun die Urteile noch verschärft. Zehn Angeklagte erhielten Haftstrafen von bis zu 15 Jahren. In einigen anderen Fällen gab es dagegen Freisprüche, weil das Gericht den Angeklagten zugestand, aus „Notwehr“ gehandelt zu haben. Sie hatten sich gegen den Angriff einer Polizeieinheit zur Wehr gesetzt, die sich auf eigene Faust vom Funkkontakt mit der Leitstelle abgekoppelt und die genehmigte Großdemonstration der „Disobbedienti“ angegriffen hatte. Diese Attacke war Ausgangspunkt für stundenlange Straßenschlachten zwischen Polizei und Tausenden DemonstrantInnen gewesen, in deren Verlauf auch der 21-jährige Carlo Giuliani erschossen wurde.… …“

 

20 jahre nach Genua…

Jens Herrmann / ND Unvorstellbar brutal

Anna Maldini / ND Steiles Machtgefälle

Frank Engster / ND Globalisierung, der Kampf geht weiter

Wolfgang Pomrehn / JW Die tödlichen Schüsse von Genua

Wolfgang Pomrehn / JW Kristallisationspunkte einer internationalen Bewegung

Michael Braun / TAZ Der zerschlagene Protest

Oliver Meiler / SZ  Das Fanal von Genua