Internationalistisches Bündnis Hannover
Aufruf siehe unten

Aufruf zum 18.März 2025
Di., 18.03., Kröpcke – 17.00 Aktion –
Freiheit für alle politischen Gefangenen weltweit
gemeinsam – solidarisch – widerständig
Ob im Iran, der Türkei, Algerien, Nigeria oder Sudan, ob in Chile oder im Herzen der westlichen Industrienationen, in Hongkong, den USA, in Frankreich; überall erheben sich Menschen, organisieren sich und streiten für ihre Rechte. Sie wagen den Widerspruch und Protest, sie wagen Revolten und Widerstand: sie kämpfen um ein Leben in Würde und oft genug um das Leben selbst.
Die real existierenden patriarchalen und kapitalistischen Verhältnisse produzieren Krieg, Ausbeutung, Unterdrückung und Armut. Wir wissen, dass dort, wo die Gegner*innen der real existierenden Normalzustände aufhören, diese als normal zu akzeptieren, Verfolgung und Repression nicht ausbleiben. In einer solchen Situation ist gegenseitige Hilfe und Unterstützung – das solidarische Zusammenstehen – eine Voraussetzung emanzipatorischer Politik. Das ist gemeint, wenn wir sagen: Solidarität ist eine unserer wichtigsten Waffen! Der 18. März ist ein Tag, an dem wir das zum Ausdruck bringen.
Unsere Solidarität basiert auf den gemeinsamen Zielen einer grundsätzlichen gesellschaftlichen Veränderung – so unterschiedlich die politischen Vorstellungen und Praktiken in der Linken auch sein mögen. Die gemeinsame Verteidigung gegen Angriffe auf linke Strukturen, Organisierungen und Personen, auf emanzipatorische Politik überhaupt und auf unsere Geschichte ist Ausdruck unseres politischen Selbstverständnisses. Der 18. März ist ein Tag, an dem wir das zum Ausdruck bringen.
Überall auf der Welt versuchen staatliche Repressionsapparate progressive und widerständige Kräfte anzugreifen und zu zerschlagen. In der Zeit der Vorbereitung auf Kriege werden Whistleblower*innen, Kriegsgegner*innen und Deserteur*innen auf Jahre in Gefängnisse gesteckt. Frauen, Lesben, Intergeschlechtliche, Nichtbinäre, Trans- und Agender Personen sind weltweit in zunehmenden Maße Ziel religiöser Ideologien, die mehr und mehr auch in Staatsapparaten Fuß fassen, in repressive Gesetze gegossen werden und für die Betroffenen oft tödlich sind. Angriffe auf Menschen aus rassistischen Gründen, die ebenfalls oft tödlich sind, werden von der Justiz zu oft nicht nur gedeckt, sondern gefördert. Der 18. März ist ein Tag, an dem wir unsere Solidarität mit ihnen allen zum Ausdruck bringen.
In Argentinien verschärft sich unter Präsident Javier Milei die Repression gegen Aktivist*innen, Proteste werden kriminalisiert, die Pressefreiheit eingeschränkt. In El Salvador hat der Ausnahmezustand zu über 75.000 Inhaftierungen geführt, Grundrechte werden ausgesetzt, willkürliche Verhaftungen häufen sich. In Ecuador sind politische Gefangene extremer Gewalt, Misshandlungen und unmenschlichen Haftbedingungen ausgesetzt; die Militarisierung der Gefängnisse führt zu Menschenrechtsverletzungen, einschließlich außergerichtlicher Hinrichtungen und Folter. In Chile sind die Mapuche seit jeher von massiver Gewalt seitens des Staates betroffen.
In der arabischen Welt, wo den Regimes noch die Angst vor dem arabischen Frühling in den Knochen steckt, sitzen hunderte Aktivist*nnen in den Gefängnissen und gleichzeitig tausende Palästinenser*innen in den Gefängnissen in Israel, davon viele in der sogenannten Administrativhaft — also ohne Anklage und Gerichtsverfahren. In der Türkei werden reihenweise Vertreter*innen der kurdischen Bewegung durch das Regime inhaftiert und gefoltert. Im Iran sind es insbesondere die Frauen, die mit dem Jin Jian Azadi Aufstand gegen die religiösen Anführer protestierten und nun verfolgt, in die Gefängnisse geworfen, gefoltert und ermordet werden. Der 18. März ist ein Tag, an dem wir unsere Solidarität mit ihnen allen zum Ausdruck bringen.
Der 18. März als Aktionstag der Solidarität knüpft dabei an die Tradition der Arbeiter*innenbewegung an. Es war der Tag des Beginns der Pariser Kommune. Es war ein Tag der Ermutigung für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung. Doch bereits Ende Mai 1871 war die Kommune blutig niederschlagen. Rund 20 000 Kommunard*innen wurden ermordet, über 13 000 zu hohen Haftstrafen verurteilt oder deportiert. Dieser Terror gegen die Linke blieb im Gedächtnis. Die Internationale Rote Hilfe erklärte 1923 den 18. März zum Tag des Politischen Gefangenen. Nachdem der deutsche Faschismus an die Macht gehievt worden war, konnte dieser Tag nicht mehr begangen werden. Erst seit 1996, auf Initiative von Libertad, wird gemeinsam mit der Rote Hilfe e.V. am 18. März an politische Repression und Gefangenschaft erinnert.
In Deutschland steht der 18. März 1848 darüber hinaus für den proletarischen Aufruhr in Berlin gegen die feudalen Herrscher und die neu entstandene Bourgeoisie.
Der 18. März ist ein Tag, an dem wir uns in die Tradition unserer Geschichte stellen, unserer gemeinsamen Geschichte von Solidarität und Widerstand.
Nicht zuletzt auch in Deutschland nach 1945 haben wir eine Geschichte von Solidarität und Widerstand: vom Kampf gegen die Wiederbewaffnung mitsamt dem Verbot der Kommunistischen Partei während des Adenauer-Regimes, den Protesten gegen das „Modell Deutschland“ der 1970er-SPD mit Berufsverboten, Zensurparagrafen und Isolationshaftexperimenten an Gefangenen des militanten Widerstandes, den Protesten gegen die Aufrüstung in den 1980ern bis zum Nato Einsatz gegen Jugoslawien, dann dem so genannten „Krieg gegen den Terrorismus“ der 2000er mit weltweitem Foltersystem … bis heute.
Heute zu der Zeit der Kriegsvorbereitung sehen wir uns einer schnellen inneren Militarisierung gegenüber. Dabei werden auch die Befugnisse der Polizei erweitert. Dieses geschieht im Kontext einer neuen autoritären Formierung, u.a. mit der Einschränkung des Streikrechts, der weiteren Aushöhlung des Rechts auf Asyl, der Sanktionen am Jobcenter, …
Die mörderische europäische Abschottungspolitik kriminalisiert private Seenotrettung und stellt Menschen vor Gericht, die Ertrinkende auf dem Mittelmeer retten. Menschen migrantischer Organisationen, die gegen die menschenverachtenden Zustände in ihren Heimatländern protestieren, werden seit langem mit Gerichtsverfahren überzogen. Viele kurdische Genosse*innen sind in Haft, weil sie für die Arbeiterpartei Kurdistans tätig gewesen sein sollen – ein individueller Straftatsvorwurf existiert dabei in keinem Fall. Demonstrationen, auf denen gegen das Vorgehen des israelischen Staates protestiert wird, werden regelmäßig von der Polizei angegriffen. Bei den Protesten und Aktionen zivilen Ungehorsams, mit denen die Zerstörung des Planeten durch den fossilen Kapitalismus behindert werden soll, kommt es regelmäßig zu massiver Polizeigewalt und Verhaftungen. Antifaschist*innen werden angeklagt, da sie Gegenwehr gegen organisierte Faschisten geleistet haben. Auf unterschiedliche Weise wird versucht die Berufsverbotspraxis erneut zu etablieren. Der 18. März ist ein Tag, an dem wir dagegen unseren Widerstand zum Ausdruck bringen.
Es geht aber nicht nur um einige absurde Urteile und verschärfte Strafrechtsparagrafen. Es geht nicht nur um Repression gegen (radikale) Linke und kurdische Aktivist*innen. Es geht um eine Veränderung des gesamten politischen Klimas. In diesem Klima wird selbst soziales und politisches Engagement, welches mal als Aushängeschild moderner Demokratien galt, unter Generalverdacht und Beobachtung gestellt. Selbstorganisation, Artikulation von Interessen, menschliches Miteinander, das Sorgen um Andere wird von Seiten des Staates missbilligt. Alles muss unter Kontrolle sein, keine Abweichungen von der Norm. Denn überall wo Menschen sich aus den unterschiedlichsten Motiven selbst organisieren, ist potentielle Widerspenstigkeit da.
Und so ist der 18. März ein ganz, ganz wichtiger Tag; nicht nur für jene politischen Gefangenen, die an diesem Datum besonders in den Blick genommen werden, sondern er erinnert daran, wofür wir alle, ungeachtet der unterschiedlichen Positionen im Detail, kämpfen, wofür wir streiten, wofür wir leben und wofür wir lieben: Für ein Leben in Freiheit, kreativ, lebendig, voller Abenteuer, voller Begegnungen, Wärme und Anteilnahme. Thomas Meyer-Falk
Der 18. März: gemeinsam – solidarisch – widerständig
Internationalistisches Bündnis Hannover